»Das ist doch nicht nötig!«, rief eine andere, dunklere Stimme. Brad. »Dem geht’s gut.«
Cliff wirbelte zu ihm herum. »Wenn ich rausfinde, dass du das warst, trete ich dir in den Arsch, Brad!«
»Glaubst du, ich hätte es nötig, ein Kind zu schlagen? Er ist gegen die Tür gerannt, wie ein blindes Schaf!«, verteidigte Brad sich. »Komm, lass ihn, Cliff. Trink noch ein Bier mit mir, ich fahr dich später Heim.«
»Leck mich!«, knurrte Cliff und kümmerte sich wieder um Max, der sich torkelnd an ihm festhielt und unverständliches Gebrabbel von sich gab. »Scheiße, Lisa bringt mich um, wenn sie dich so sieht!«
»Komm, ich fahr euch«, beschloss Cooper, der plötzlich an der anderen Seite von Max war, um ihn zusammen mit Cliff zu stützen.
»Soll ich euch begleiten?«, fragte Amy schuldbewusst und fummelte an ihren Fingern herum. »Ich wollte das nicht, ich dachte, er verträgt schon ein paar Bier.«
»Nein«, erwiderte Cliff etwas versöhnlich. »Fahr heim und schlaf dich aus.«
»Komm, Amy, ich nehme dich mit«, schlug Brad vor.
Amy zögerte, aber Brads ungeduldiges Winken lockte sie von der Szene fort. Sie biss sich auf die Lippe. »Okay. Aber, Cliff, ruf mich gleich an, ja? Ich will wissen, ob alles in Ordnung ist.«
»Von mir aus«, brummte Cliff.
In der Notaufnahme war das Licht so grell, dass Max zunächst dachte, er sei gestorben.
»Bin ich im Himmel?«, fragte er, als er auf einer Liege langsam erwachte, sein Kopf fühlte sich an, als wäre darin ein Drummer zugange.
Cliffs Gesicht schob sich mit einem amüsierten Grinsen in sein Blickfeld. »Nein, nur sternhagelvoll.«
»Oh.« Max wollte sich aufsetzen, aber ein stechender Schmerz in den Schläfen ließ ihn zusammenzucken, kraftlos sackte er wieder auf die Liege. »Ah…« Er zog scharf die Luft ein, als er sich an die Kopfwunde fasste. »Was …?«
»Du bist vor eine Tür gelaufen«, erklärte Cliff. »Hab ich jedenfalls erzählt bekommen.«
Max versuchte, sich zu erinnern, noch immer war er nicht ganz bei sich, obwohl er langsam wieder klarer sehen konnte, und seine Welt nicht ganz so schwankte. »Ich glaube, ich erinnere mich. Mir wurde schlecht und ich bin raus gerannt, als jemand die Tür öffnete und reinkam. Ich bin direkt auf die Kante geknallt.«
Cliff schmunzelte. Er setzte sich wieder auf den Hocker, den er neben Max‘ Liege gezogen hatte. »Du verträgst das australische Bier nicht.« Er wurde ernst und fragte: »Warum hast du dich so betrunken?«
Max antwortete nicht darauf, er sah Cliff nur wütend an.
»Oh.« Cliff senkte den Blick, doch Max sah das Lächeln, das um seine Lippen spielte.
Der Arzt kam herein und unterbrach sie.
Max hatte zum Glück keine Gehirnerschütterung und war an einer Alkoholvergiftung geradeso vorbeigekommen. Cliff musste draußen warten, während der Arzt die Wunde an Max‘ Kopf mit drei Stichen nähte.
»Betäuben müssen wir Sie ja nicht mehr«, scherzte er. Max lächelte matt.
Als er endlich entlassen wurde, schwankte Max noch immer. Cliff brachte ihn zu Coopers Wagen und Cooper fuhr sie zurück zum Pub.
»Sicher, dass ich euch nicht nach Hause fahren soll?«, fragte Cooper.
»Nein, danke, ihm geht es ja wieder besser, stimmt‘s, Schnapsdrossel?«
Max nickte nur, er war zu müde, um zu protestieren. Bett. Alles was er jetzt wollte war ins Bett gehen.
Cooper lachte. »Na gut, wir sehen uns.«
»Wir sehen uns.«
Cliff verfrachtete Max auf seinen Beifahrersitz, wo sich Max zu einer Kugel zusammenrollte und den kühlen Fahrtwind genoss, bis ihn die nächste Übelkeitswelle erfasste und Cliff anhalten musste, damit er sich übergeben konnte.
Dank Max und seiner Übelkeit dauerte die Fahrt noch einmal doppelt so lange, sodass sie auf der Farm eintrafen, als sie schon fast wieder für die Arbeit aufstehen mussten. Ein schwacher, wunderschöner Streifen rotes Licht erhob sich am Horizont, während über dem Outback ein Meer aus funkelnden Sternen schimmerte. Der Himmel schien so fern und doch so nah.
»So. Home sweet Home«, surrte Cliff, als er den Arm unter Max schob und ihn vom Beifahrersitz zog.
Max hielt sich schwankend an Cliff fest, aber es ging ihm wesentlich besser, nachdem er sich ausgekotzt, Wasser getrunken und eine Weile auf dem Sitz des alten Transporters geschlafen hatte.
»Und jetzt leise«, bat Cliff, als sie durch die Tür in das noch im Dunkeln liegende Wohnhaus traten, »wir wollen ja nicht das ganze Haus wecken.«
»Mhm«, machte Max nur schläfrig. Er war wieder in dem wunderbaren Zustand des Betrunkenseins angelangt, da sich alles toll anfühlte.
Cliff führte Max zu seinem Zimmer und schaltete das Licht ein, er schloss die Tür und bugsierte Max vorsichtig durch den noch etwas chaotischen Raum, in dem offene Koffer und Reisetaschen herumstanden, Klamotten lagen über einem Sessel in der Ecke, die Kommode war nur halb eingeräumt. Max lebte zurzeit noch aus dem Koffer.
»Bist du nicht sicher, ob du bleiben willst?«, scherzte Cliff, doch es klang auch ein wenig, als sei er in Sorge.
Vielleicht hatte Max sich das auch nur eingebildet.
»So. Hier. Bett.« Cliff setzte Max auf der Matratze ab.
»Oh ja«, seufzte Max, »endlich. Bett.« Er legte sich in die Kissen. Sie waren so weich, so kühl!
Cliff packte Max an den Fußgelenken und hievte auch den Rest von ihm auf die Matratze, die schon etwas durchgelegen war. Max würde sich eine neue von seinem ersten Gehalt kaufen müssen. Nur eine billige, aber wenigstens eine, bei der die Federn nicht zu spüren waren, damit er bei seinem nächsten Saufgelage wenigstens erholsam seinen Rausch ausschlafen konnte. Obwohl er keinen Bedarf an einer Wiederholung dessen verspürte, was er heute durchlitten hatte.
»Liegst du gut?«, fragte Cliff in einer für ihn untypischen Fürsorge. Er löste die Schleifen an Max‘ Schuhen und zog sie ihm aus.
Max nickte mit geschlossenen Augen.
»Ist es bequem so?«
»Ja …« Max zwang die Augen einen Spalt auf und sah gerade noch, wie Cliff sich über ihn beugte und nach seinem Gürtel fasste.
»Was machst du da?«, schreckte Max auf.
Cliff schmunzelte und löste den Gürtel. »Ich zieh dich aus. Oder willst du etwa in Hosen schlafen?«
Ergebend ließ Max sich wieder zurückfallen. Er fühlte sich ohnehin nicht in der Lage, sich zu wehren oder auch nur zu protestieren. Eine Schwere lag auf seinem Körper und drückte ihn nieder, die er nicht zu überwinden vermochte. Wie ein Nilpferd, das sich auf ihn gesetzt hatte. Was immer Cliff ihm jetzt antun wollte, er würde es über sich ergehen lassen, sofern es ihn nicht anstrengte. Sicherlich würde er morgen mit einem aufgemalten Schnurbart unter der Nase aufwachen. Das war ihm schon einmal passiert, jedoch war es kein Schnurbart, sondern ein Phallus, der seine Wange geziert hatte. Nichts ahnend war er so am nächsten Morgen von der Hausparty in den Bus und anschließend in den Zug gestiegen, bis er zuhause ankam und begriff, warum ihm alle schmunzelnde Blicke zugeworfen hatten.
Wie peinlich!
Klimpernd löste sich der Gürtel, geschickt öffneten Cliffs Finger die Knopfleiste der Jeans. Der Vorarbeiter packte den groben Stoff und zog ihn langsam von Max‘ Oberschenkeln. Nach und nach traf kühle Luft auf nackte Haut, nur am Rande bekam Max mit, dass zusätzlich zu seiner Jeans auch seine darunter gelegene Unterhose ausgezogen wurde.
Brummend regte Max sich, als durch das geöffnete Fenster milder Abendwind über sein vom Alkohol halbsteifes Fleisch glitt.
Die Matratze senkte sich etwas, als Cliff über ihn kletterte. Der Vorarbeiter packte ohne die geringste Hemmung Max` T-Shirt und zog es dem willenlosen Leib aus.
»Ich schlafe nicht nackt«, murmelte Max halb weggetreten, als er zurück in die Kissen plumpste.
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