»Kann ich mich setzen?«, fragte er und nahm ohne meine Antwort abzuwarten, auf dem Sessel neben mir Platz. Jetzt waren wir alle wieder zusammen, wie früher. Eigentlich sollte ich mich wohl fühlen und mich freuen, doch ich tat es nicht. Unbehagen machte sich in mir breit. Ich fühlte mich nicht mehr wohl in seiner Nähe. Seltsamerweise wünschte ich mir sogar, er würde einfach wieder verschwinden.
»Was soll das Danny?«, ich hatte es satt, ständig mit ihm reden zu müssen. Ich wollte endlich etwas Abstand zu ihm gewinnen. Abstand, den er mir einfach nicht gewillt war zu geben. Und so kam es, dass ich meinem Ärger schlicht und ergreifend Luft machen musste, die Worte purzelten nur so aus mir heraus.
»Du hast Schluss gemacht und jetzt suchst du wieder den Kontakt zu mir? Was erwartest du? Dass ich sofort darüber hinweg bin und wir wieder beste Freunde werden?«, ich schüttelte den Kopf, während ich mit dem Strohhalm energisch die Eiswürfel in meiner Cola umrührte.
»Hör zu«, begann Danny und suchte meinen Blick. »Können wir das vielleicht woanders besprechen?«, er warf einen Seitenblick auf Poppy, die ihn mit unverhohlener Abscheu musterte.
»Nein, können wir nicht. Sag, was du zu sagen hast oder lass es.«
Es war mir egal, ob Poppy und Timmy diesem Gespräch beiwohnten. Im Gegenteil, es war mir sogar lieber, unter keinen Umständen wollte ich alleine mit Danny sein. Er seufzte und kratzte sich am Hinterkopf.
»Na schön. Ich…«, er schien nach den richtigen Worten zu suchen und ließ seinen Blick durch den Raum gleiten, als wäre die Antwort dort irgendwo versteckt.
»Ich habe einen Fehler begangen… Ich vermisse dich so sehr«, er senkte den Blick, bevor er fortfuhr. »Ich will dich zurück, Drea.«
Für ein paar Sekunden fehlte mir die Sprache. Mir stockte regelrecht der Atem, während mein Herz sich zu überschlagen schien. Unsicherheit breitete sich in mir aus und ich konnte kaum glauben, was er gerade gesagt hatte. Natürlich war mir der Gedanke, dass Danny es womöglich bereute, Schluss gemacht zu haben, in den letzten Tagen schon öfter gekommen.
Es würde jedenfalls sein merkwürdiges Verhalten erklären, die ständigen Anrufe, die Eifersucht, als er mich in Logans Wagen gesehen hatte. Doch es war nur eine vage Vermutung gewesen und niemals hätte ich damit gerechnet, dass sich diese Vermutung bestätigen würde. Noch vor ein paar Wochen hätte ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als Danny zurück zu bekommen, hatte mich nach seiner Nähe und den vertrauten schokoladenbraunen Augen gesehnt.
Aber jetzt? Wie dachte ich jetzt darüber? Ich mochte Danny noch immer sehr. Das Ende einer zweijährigen Beziehung steckte man nicht so leicht weg. Das tat niemand. Viele Erinnerungen und Erlebnisse waren mit einer solchen Beziehung verbunden, gute sowie auch schlechte. Die Frage jedoch war, ob ich es noch einmal mit ihm versuchen wollte?
Noch während ich darüber nachdachte, merkte ich, dass ich es mir nicht mehr vorstellen konnte, wieder mit Danny zusammen zu sein. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, woher diese Einstellung rührte. Vielleicht lag es an meinen noch unergründeten Gefühle, die ich für Logan Black hegte oder aber schlicht und ergreifend daran, dass ich mich mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass es zwischen Danny und mir vorbei war.
Und als ich nun in Dannys dunkle Augen sah, überkam mich plötzlich das Gefühl, als wäre nun ich diejenige, die sein Herz brach.
»Danny…«, ich öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber es kam kein Ton über meine Lippen. Mir fehlten die Worte.
»Nein Drea«, Poppy hinter mir ergriff das Wort. Sie schäumte nur so vor Wut. »Lass dich bloß nicht wieder auf ihn ein! Er hat dich hintergangen«, zischte sie zornerfüllt.
Poppys Aussage überraschte mich.
Er hat dich hintergangen.
Was wusste Poppy, das ich nicht wusste? Mich beschlich immer mehr das Gefühl, dass sie etwas vor mir verheimlichte.
»Was meinst du damit?«, fragte ich spitz und beäugte sie argwöhnisch.
Es musste eindeutig mehr hinter Poppys Hass auf Danny stecken. Was war zwischen den beiden nur vorgefallen, das sie mir verschwieg?
Poppys wich meinem Blick schuldbewusst aus. Also spähte ich auffordernd zu Danny rüber. Auch aus seinem Gesicht war alle Farbe gewichen war. Er sah aus, als hätte er ein Gespenst gesehen. Selbst Timmy konnte mir nicht in die Augen sehen. Mit einem Mal fühlte ich mich wie der letzte Idiot. Offenbar wussten alle Bescheid.
Nur ich wusste nichts.
»Okay Leute, was ist hier los?«, Wut schwang in meiner Stimme mit und ein ungutes Gefühl braute sich in meinem Innern zusammen.
»Gott, jetzt spuckt es doch einfach aus. Sie hat ein Recht darauf, es zu erfahren«, Madison Lively tauchte hinter Danny auf. Mit verschränkten Armen kam sie hinter ihm zum Stehen und hob eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen. Missbilligend starrte sie auf mich nieder. Was zum Henker hatte jetzt auch noch Madison damit zu tun? Verwirrt begegnete ich ihrem Blick und ließ dann meine Augen durch die Reihe wandern, bis sie an Poppy hängen blieben.
»Poppy?«, versuchte ich es erneut, wobei meine Stimme beinahe schon einen flehenden Tonfall annahm. Poppy räusperte sich und richtete ihren trotzigen Blick auf Danny.
»Ich denke, das sollte er dir erklären.«
»Da gibt es gar nichts zu erklären«, schoss Danny hervor und erdolchte Poppy mit einem Blick.
»Na schön, dann sag ich es ihr eben«, Madison seufzte und richtete ihren stechenden Blick direkt auf mich. »Dein toller Freund hier«, sie deutete mit dem Finger auf Danny, der mit einem Mal leichenblass wurde, »hat nur mit dir Schluss gemacht, weil du ihn nicht rangelassen hast. So jetzt ist es raus«, ein gehässiges Lächeln huschte über ihre Züge, als sie sich abwandte.
»Ach und übrigens, du hast was verpasst, er hat es echt drauf«, mit einem boshaften Grinsen wandte sie sich ab und ging zu ihren Freunden zurück, die das ganze Geschehen offenbar gespannt verfolgt hatten. Eine ganze Weile saß ich da und starrte auf den Fleck, an dem Madison eben noch gestanden hatte. Erst dann registrierte ich den Sinn ihrer Worte. Ich fühlte ein Stechen in meiner Brust. Schmerz übermannte mein Inneres, lähmte mich und ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen.
Dein toller Freund hier hat nur mit dir Schluss gemacht, weil du ihn nicht rangelassen hast. So jetzt ist es raus. Ach und übrigens, du hast etwas verpasst, er hat es echt drauf.
Immer und immer wieder hallten ihre Worte in meinen Ohren wider. Langsam richtete ich meine Augen, in denen sich mittlerweile Tränen gebildet hatten auf Danny. Nein, so etwas würde er mir doch nicht antun, oder doch?
»Ist … Ist das wahr?«, fragte ich mit gebrochener Stimme. Als Danny weiterhin stur auf seine Füße sah und meinen Blick mied, wusste ich, dass Madison die Wahrheit gesagt hatte. Ich konnte es nicht fassen. Wie konnte er mir das antun? Wir waren zwei Jahre zusammen gewesen und er verließ mich, nur weil ich noch nicht bereit gewesen war, mit ihm zu schlafen?
Und nun, da er seine Begierde offenbar gestillt hatte, auch noch an Madison Lively, wollte er mich zurück? Danny wusste doch genau, warum ich mir so viel Zeit gelassen hatte. Er wusste genau, was ich in meiner Kindheit erlebt hatte, was ich durchmachen musste. Und dennoch fand er, ich war es nicht wert zu warten? Er war der Einzige, dem ich von meinem schlimmen Erlebnis in der Jugend erzählt hatte. Niemandem sonst hatte ich mich anvertraut. Nicht Poppy. Nicht Lukas. Nicht einmal meinen Eltern.
Noch ehe ich realisierte, was ich als nächstes tat, war es schon geschehen. Ich wusste, dass es blöd und völlig kindisch war, doch ich konnte nicht anders. Ich nahm meine Cola in die Hand und schüttete den gesamten Inhalt des Getränkes über Dannys Kopf aus. Erschrocken zuckte er zurück und kniff die Augen zusammen, als sich das dunkle Gebräu über sein Gesicht ergoss und auf seine Kleidung herunter perlte.
Читать дальше