LORA FLYNN
LORA FLYNN
PLEASE STAY WITH ME
VORWORT Vorwort „Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht, als eine Frau.“ - Jane Austen, Stolz und Vorurteil
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
EPILOG
DANKSAGUNG
ÜBERDIE AUTORIN
Deutsche Erstausgabe 12/2020
Copyright © 2020 by Lora Flynn,
c/o Bianca Kronsteiner, impressumservice.net,
Robert-Preußler-Straße 13 / TOP 15020 Salzburg,
AT – Österreich
Druck und Bindung: epubli – ein Service der neopubli, GmbH, Berlin
Umschlaggestaltung: Copyright © by Lora Flynn
lora.flynn@web.de
Für alle gebrochenen Herzen da draußen,
die ihren Glauben an Happy Ends
verloren haben…
„Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit,
dass ein Junggeselle
im Besitz eines schönen Vermögens
nichts dringender braucht,
als eine Frau.“
- Jane Austen, Stolz und Vorurteil
Ich hatte das Arbeitszimmer meines Dads immer gemocht, das gedämpfte Licht, die weinroten Wände mit der dunklen Holzvertäfelung… Es hatte stets eine gemütliche Atmosphäre versprüht und nahezu etwas Beruhigendes an sich gehabt. Doch leider blieb die gewünschte Wirkung dieses Mal aus. Denn ich hatte mich noch nie so unwohl in meiner Haut gefühlt, wie in diesem Moment.
Wie ich hier gelandet war? Eine gute Frage.
Seit dem verhängnisvollen Vorfall im Krankenhaus waren nunmehr zwei Tage vergangen. Zwei Tage, in denen ich kein einziges Wort mit meinem Dad gewechselt hatte. Zwei Tage, in denen ich nicht den blassesten Schimmer hatte, wie es künftig weiter gehen würde.
Lukas' Offenbarung hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Wie ein Tsunami waren seine Worte über meinem sicheren Hafen eingebrochen und ließen meine Welt in absolutem Chaos zurück.
Er hatte vor meiner ganzen Familie meine größte Angst und mein dunkelstes Geheimnis preisgegeben. Mein Dad, Tante Carolyn, selbst Poppy, alle wussten nun Bescheid über den Missbrauch, den ich durch meinen Cousin Adam erfahren musste. Und als wäre das nicht schon genug, war meine Beziehung zu meinem Englischlehrer Logan Black ebenfalls aufgeflogen. Die Katze war aus dem Sack.
Das schlimmste an der ganzen Sache war, dass ich auf glühenden Kohlen saß. Die ganze Zeit über hatte ich darauf gewartet, dass Dad das Gespräch zu mir suchte, dass er mich auf das ansprach, was passiert war.
Aber er hüllte sich in Schweigen - eine Eigenschaft, die wir wohl gemeinsam hatten.
Selbst auf der Autofahrt vom Krankenhaus nach Hause, hatten wir kein einziges Wort miteinander gesprochen. Als wir schließlich angekommen waren, hielt ich es nicht mehr aus, ein Gespräch war mir unausweichlich erschienen. Also fasste ich mir ein Herz und hatte mit vor Aufregung schwitzigen Händen an seine Bürotür geklopft.
Nachdem ich keine Antwort erhalten hatte, betrat ich einfach den Raum.
Und so war ich hier gelandet.
Dad stand vor dem Fenster und schaute nachdenklich nach draußen, die eine Hand in der Hosentasche versteckt, während er in der anderen ein Glas mit einer goldbraunen Flüssigkeit hielt.
Es war nicht ungewöhnlich, dass Dad sich hin und wieder einmal ein Glas Whiskey genehmigte, doch wusste ich genau, dass es in diesem Moment ein trauriger Versuch war, den Kummer, den ich ihm bereitete, mit Alkohol zu betäuben.
Die Dämmerung draußen hatte bereits eingesetzt und dicke, weiße Schneeflocken rieselten hinter der Fensterscheibe leise vom Himmel herab.
Bei meinem Eintreten rührte Dad sich nicht von der Stelle, als ahnte er auch ohne hinzusehen, dass ich es war. Selbst als ich ihn ansprach, strafte er mich weiterhin mit seinem Schweigen und so war ich gezwungen, eine gefühlte Ewigkeit einsam und verlassen im Raum zu stehen. Ich fühlte mich unwohl.
Als Dad sich schließlich zu mir umdrehte und mich mit tieftraurigen Augen ansah, brach es mir fast das Herz. Ich konnte die Schuld sehen, die sich wie ein unsichtbarer Schleier über sein Gesicht legte. Er fühlte sich verantwortlich, schuldig für das, was mir angetan worden war. Er machte sich Vorwürfe. Ich wusste genau, was in diesem Moment in ihm vorging; nämlich als Vater versagt zu haben.
Ich konnte gar nicht anders, als wortlos den Raum zu durchqueren und Dad in die Arme zu schließen, während ich mein Gesicht tief in dem weichen Baumwollstoff seines Hemdes vergrub. Offenbar hatte er mit einer Umarmung nicht gerechnet, denn er schien überrascht. Doch einen Augenblick später spürte ich auch schon seine Hand, die beruhigend meinen Rücken auf und ab strich. Einige Sekunden verharrten wir in dieser Position.
»Du konntest es nicht wissen, Dad«, flüsterte ich ihm leise zu, was ein kläglicher Versuch war, ihm den Schmerz zu nehmen, der von nun an sein täglicher Begleiter sein sollte.
Nachdem Dad sich ein wenig gesammelt hatte, bedeutete er mir, mich zu setzen. Mir war klar, dass nun der unangenehme Part folgen würde. Zu meiner Erleichterung zwang er mich jedoch nicht, ihm die ganze Geschichte in allen Einzelheiten zu erzählen. Womöglich hatte mein Bruder das bereits getan, aber trotz allem war ich einfach nur dankbar dafür gewesen, all die schrecklichen Momente nicht noch einmal durchleben zu müssen.
Dennoch stellte Dad mir eine Bedingung - er verlangte, dass ich eine Therapie machte, womit ich sogar einverstanden war. Denn an dem Tag im Krankenhaus, als mein Bruder die Bombe hatte platzen lassen, war mir schmerzlichst bewusst geworden, dass ich mich meiner Vergangenheit stellen musste. Adam hatte Spuren auf meiner Seele hinterlassen. Narben, die niemals richtig verheilen würden, wenn ich sie nicht zusammenflickte. Also waren wir übereingekommen, einen geeigneten Psychologen aufzusuchen.
Auf meine Frage hin, wie es Tante Carolyn ging und was denn nun mit Adam geschah, schüttelte Dad nur den Kopf und wieder trat dieser gequälte Ausdruck in seine Augen.
»Carolyn hat mich gestern angerufen. Sie hofft, dass wir von einer Anzeige absehen und möchte ihn in eine Jugendpsychiatrie schicken«, dies war Dads knappe Antwort, ehe er wieder nach dem Whiskeyglas griff. Krampfhaft überlegte ich, welchen Weg ich wohl einschlagen sollte. Ich musste jedoch nicht groß darüber nachdenken, denn ich wusste jetzt schon, dass ich keine Anzeige erstatten wollte. Natürlich stand es außer Frage, dass das was Adam mir angetan hatte, unverzeihlich war. Aber ich dachte dabei nicht nur an Adam oder an mich, nein, ich dachte auch an Tante Carolyn. Sie hatte bereits so vieles durchgemacht, ich wollte ihr nicht noch mehr Schmerzen zufügen, indem ich gegen ihren Sohn Anzeige erstatten würde. Denn egal, was er mir angetan hatte, er war trotz allem immer noch ihr Sohn. Ihr Kind.
Adam hatte ein gewaltiges, psychisches Problem und brauchte dringend Hilfe. Die sollte er auch bekommen. Also signalisierte ich meinem Dad mit einem Kopfschütteln, dass ich von einer Anzeige absah. Kurz beschlich mich das Gefühl, dass er sich das Gegenteil erhofft hatte. Oder aber er war selbst unschlüssig, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Dad saß im wahrsten Sinne des Wortes zwischen den Stühlen. Immerhin ging es hier auch um seine Schwester, die er über alles liebte. Es war für alle Beteiligten eine furchtbar schlimme und ausweglose Situation.
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