Doch zuallererst muss ich verstehen, warum sich Mandy in dieses Kampfgetümmel wirft, und dann wäre da noch mein unmöglicher Ehemann mit sabberndem Mund, der meine Schwäche einst ausgenutzt hatte, um in meine Familie zu gelangen. Ein guter Freund mit falschen Absichten. Absichten, die ich in dem Moment nicht erkannt hatte, als ich es sollte und jetzt steckte ich genau in diesem Schlamassel. Eine Ehe ohne Liebe.
Mandy war nicht immer so. Sie setzte sich nicht instinktiv in eine Gefahr außer…
Klick. Die Erkenntnis trifft mich dann doch unerwartet. Ein anderes Gefühl gesellte sich hinzu.
Mandy ist mehr als das, was sie auf dem ersten Blick zu sein scheint.
Eine innere Wärme umfasste mich, diese Stimme, aber das war schon viel zu lange her und konnte einfach nicht sein. Es war einfach zu lange her. Er war aber nicht mehr da, also schüttelte ich diese wohlige Wärme ab und konzentrierte mich auf das vorliegende Problem: Patrick, der keine Barrieren hat, weil er einfach nur ein Mensch ist und jetzt wahrscheinlich alles wie ein offenes Buch dieser Adele präsentiert hat.
>> Patrick, wenn du in Trance versinken willst, dann wirst du das gefälligst zuhause machen! Verschließe zumindest aus Respekt zu mir, deiner Frau, die Augen, wenn du schon nicht anders kannst als dir diese Frau nackt vorzustellen! Zudem fängst du gleich Fliegen ein, wenn du deinen Mund nicht schließt. << Ich muss auch biestig sein, sonst läuft das hier nicht so wie es sein muss.
>> Was? << Patrick blinzelte mehrfach und erwachte endlich aus seiner Benommenheit und erkannte wohl erst jetzt, dass alle Welt begriffen haben musste, dass er Adele angestarrt hatte. Doch statt verlegen zu sein, stellte er sich erhobenen Hauptes wieder etwas gerader hin. So als wäre er ein vollständiger Mann.
Adele war auch schön, dass konnte ich anerkennen. Blondes, gewelltes, langes Haar, das bis unter ihrem Bauch läuft. Ihr Gesicht ist Oval. Hohe Wagenknochen. Smaragdgrüne Augen. Stubsnase. Und ein roter Rosenmund. Dünn. Sie könnte als Model durchgehen. Speziell ihre Körbchengröße müsste ihr viel Erfolg bei den Männern einbringen, welche wahrscheinlich auch gleichzeitig ihre größte Sorge darstellen musste. Patrick faszinierte sich für die Körbchengröße aller Frauen, daher müssten seine Gedanken zurzeit wohl eher dort gelandet sein. Dafür kannte ich seine Gedankengänge viel zu gut. Niemand sollte das jemals durchmachen müssen, aber ich war leider seine Frau geworden. Wobei ich nicht bedacht hatte, was es eigentlich bedeuten würde, außer, dass ich dadurch Mandy retten würde.
Das ein Mann nicht einfach in seinem eigenen Revier bleiben kann, ist doch schon komisch? Kann er mich einfach als seine Ehefrau respektieren? Das war schon immer zu viel verlangt gewesen! Ich habe deswegen auch schon längst alles versucht, doch es half einfach nicht. Im Endeffekt wusste ich damals auch schon wen ich da heiratete, aber leider war ich nicht in einem zurechnungsfähigen Zustand und das musste ich bis heute ausbaden.
Aber wirklich verheiratet sind wir auch nicht! Sollte er zumindest nicht den Schein wahren, welchen er für so wichtig erachtete? Zumindest in der Nähe von Bekannten und guten Freunden? Oder gar der Tochter wegen?
Nein! Er konnte es nie, dafür hatte er tatsächlich wegen des Geldes mit mir geheiratet und das wusste ich. Ich akzeptierte es sogar. Es war egal, dass wir davor gute Freunde gewesen waren.
Es gibt Dummheiten, die mit der Zeit einfach nur wehtun und schlimmer werden.
Dummheiten, die einen, auch wenn sie einem größeren Wohl dienten, nicht annähernd genug waren, um sie auch nur zu tolerieren.
Ich musste das dringend wieder gut machen, je schneller desto besser.
***
Adele
Normalerweise ist es mein Ziel Männer zu verführen. Seit einiger Zeit aber hatte sich mein Ziel verändert: Es war der Rache gewichen!
Rache, die ich nicht einmal wirklich seit über sechshundert Jahren begonnen hatte. Rache, die bisher leider nie richtige Wurzeln geschlagen hatte.
Ich wusste, dass mir die Fähigkeit der Verführung immer noch nicht abhandengekommen war. Einmal gelernt, für immer gespeichert.
Das ist doch das Schöne am ewigen Leben. Wir verlernen nichts und können immer mehr lernen.
Ich könnte diesen Patrick so leicht manipulieren, doch mittlerweile machen mir leichte Siege nicht mehr Spaß. Es ist einfach viel zu einfach. Ich brauche ein wenig Herausforderung.
Und er stellt einfach keine Herausforderung dar. Er lässt mich einfach in ihm hineinlesen wie bei einem Hund und dieser hat wirklich keine Barrieren und zeigt dir offen, was du an ihm hast.
Doch diese Mandy. Sie ist anders. Sie hat eine interessante Art sich vorzustellen und es ist ihr anscheinend egal, ob sie andere dadurch verärgert.
Neid.
Ja, ich verspüre Neid, wenn ich Mandy nur ansehe. Denn sie wird geliebt. Ich sehe es. Jay versucht es zwar zu verheimlichen, aber er liebt sie wirklich. Er ist anscheinend schon länger heimlich in sie verliebt. Zumindest etwas was dieser Patrick richtig eingeschätzt hat. Doch hatte es nicht den Anschein als würden die beiden jemals zusammenkommen, wie es aus den Erinnerungsfetzen, die dieser Mann in sich hat, aussieht.
Liebe ist jedermanns Untergang.
Jay hatte sie bisher gut versteckt, denn ich hatte bis jetzt noch keinen Blick auf die Frau erhaschen können, die sein Herz erobert hatte. Jetzt aber schon.
Ich versuche zu verstehen, was er in ihr sieht. Sie ist hübsch. Schön auf eine Art und Weise wie die Künstler der Renaissance sie malen würden. Schließlich ist sie ein Mensch. Stark und doch so fragil, schwach. In einem Wimpernschlag wäre sie tot. Zeit ist für Vampire wie ein Wimpernschlag. Alles was die Menschen für ach so wertvoll halten ist für uns nichts. Die Zeit ist auch nur ein Parameter, um zu wissen, dass man schon wieder älter geworden ist, ohne jemals richtig zu altern. Nur für die Vampire, die ihr Aussehen verändern können, ist es wichtig, weil sie im Gegensatz zu den anderen, sich den Menschen anpassen können. Diese Gabe habe ich nicht, aber ich weiß, dass Charles diese Gabe entwickelt hatte. Daher war es hin und wieder schwer gewesen, ihn ausfindig zu machen. Schließlich kannte ich nicht alle seine Gestalten und dadurch, dass er sich mit Marisha gepaart hatte, war sein Geruch anders geworden.
Aber diese Mandy hatte auch noch etwas anderes an sich, etwas das verbotenen Maßen so verlockend war, dass selbst ich nicht weiß, was es denn tatsächlich ist.
Mandy könnte mir selbst vielleicht gefährlich werden. Sehr sogar. Aber woran konnte es liegen. Woher stammte sie? Ich muss es dringend herausfinden.
Ich würde mich jetzt darum kümmern. Das ist jetzt mein oberstes Ziel. Wenn ein Morgen verloren war, dann waren es alle! Das hatte ich zumindest mit der Zeit gelernt.
Ich beäugte Mandy jetzt eingehender von Kopf bis Fuß. Ich will mir alle Details einprägen. Mandy hatte auch blondes Haar, ihr liefen sie aber nur bis kurz unter der Schulter. Davon waren einzelne Strähnen etwas heller und andere etwas dunkler wie Honig. Strahlend blaue Augen, Königsblau. In den Augen ist ein Goldpigment am unteren linken Rand zu sehen.
Sie hatte ein königsblaues Stretch Kleid an, welches ihre ganze Figur betonte. Ihre Figur war fast wie meine eigene, auch wenn ich mich schamloser zur Schau stelle. Bis auf die Brüste hatten wir die gleiche Statur. Ihre sind kleiner. Ich fühlte mich wie ein Pfau, der sich zur Schau stellte und bin auch noch glücklich deswegen.
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