»Cora?«
»Ja, warum denn nicht«, meinte Tamora. Sie stützte sich auf ihre Ellbogen und sah Violett mit einem breiten Schmunzeln an. »Als ich sie das erste Mal hier gesehen habe, da war sie doch schon passend gekleidet.«
»Aber ausgerechnet Cora?« Violett setzte sich auf die Sofakante und nahm einen Schluck vom längst erkalteten Kaffee.
»Geld kann sie immer brauchen und ich kann mir nicht vorstellen, dass Larry etwas dagegen hat. Du kennst ihn doch. Immer hinterm Geld her, um es in irgendwelche Projekte zu stecken.«
»Meinetwegen«, gab sich Violett geschlagen. »Holst du den Handapparat aus dem Wohnzimmer? Ich rufe sie direkt an und frage sie, was sie davon hält nebenbei als Darstellerin zu arbeiten.«
Tamora ließ sich nicht zweimal bitten. Ehe sich Violett versah, war sie mit dem Telefon zurück und drückte es ihr in die Hand.
»Ja?«, meldete sich Cora, die sich nie anders meldete als mit diesem schlichten, fragenden Ja, wenn ihr Smartphone klingelte.
»Hier ist Violett. Hi, Cora … Tamora und ich haben da eine bescheidene Frage an dich …«, begann sie und erklärte ihr den Plan, den Tamora so wundervoll ausgebreitet hatte.
»Wenn sie nach der Bezahlung fragt …«, flüsterte Tamora ihr zu, »dann sag ihr, dass sie mietfrei in meine Eigentumswohnung kann, sobald mein Ex raus ist. Das wäre für sie doch eine deutliche Verbesserung zu dem miesen kleinen Zimmer, das sie augenblicklich bewohnt.«
Violett nickte. »Sag ich ihr …« Sie schwieg und hörte aufmerksam zu, was Cora ihr entgegnete. »Hm … prima … Du machst also mit? … Ja … ausgezeichnet … Übrigens soll ich dir Grüße von Tamora ausrichten und dir sagen …« Das Gespräch zog sich noch weitere zehn Minuten. »Fein«, sagte Violett abschließend. »Dann sind wir uns einig und du schaust, ob du noch ein oder zwei gutaussehende Mädchen mitbringst. Ach, bevor ich es vergesse … wir brauchen auch männliche Akteure … Ja, super … Du hörst dich um. Bis dann also.« Violett legte die Handstation beiseite und sah Tamora an. »Bist du jetzt zufrieden?«
»Sehr!« Sie ließ sich ins Sofa zurückfallen, reckte und streckte sich wie ein sattes, glückliches Kätzchen, ehe sie aufstand und vor die große Spiegelfläche trat. Nackt wie Gott sie geschaffen hatte, abgesehen vom Strumpfhalter und ihren Nylons, betrachtete sie kritisch ihren Körper. Vergeblich forschte sie im Gesicht nach Falten, streckte sich die Zunge heraus, prüfte, ob diese belegt war und kontrollierte auch ihre makellosen Zähne – mit denen sie jederzeit in einer Zahnpasta-Reklame hätte auftreten können.
»Verrätst du mir mal, was du da gerade machst?«, meldete sich Violett.
»Eine Kamera sieht alles«, gab Tamora lachend zurück.
»Du spinnst … also ehrlich. Wenn Cora das sagen würde, aber du?«
Tamora kam auf sie zu, fasste sie an den Schultern, drückte sie nach hinten und setzte sich auf ihr Becken. »Stimmt.« Sie gab ihrer Vio einen Kuss. »Wir beide hätten es wahrlich schlechter treffen können. Wir werden das alles noch lange machen können und im Film ausgezeichnet zur Geltung kommen.«
»Erstmal werden wir es gleich wieder machen«, antwortete Violett und strich Tamora mehrere Haarsträhnen aus dem Gesicht.
»Oh … ja … Ich kann gar nicht genug von dir bekommen.« Sofort öffnete sie willig ihre Schenkel und gewährte Violett einen freien Einblick auf ihr rasiertes Fötzchen.
»Ich meinte nicht uns, du Nimmersatt!«, grinste Violett sie an. »Wirf mal einen Blick auf die Uhr … wir müssen uns fertig machen. Die Männer warten auf uns.«
***
Kapitel 5
Bereits am nächsten Tag suchte sie gemeinsam mit Violett nach einem geeigneten Kameramann und Fotografen für das Projekt.
»Dem kommt im Team eine wesentliche Funktion zu«, seufzte Tamora an ihrem Schreibtisch. »Mit ihm steht und fällt alles.«
»Cora hat mir erzählt, dass sie unter ihren Freiern einen hat … einen gewissen Eric«, rief ihr Violett aus dem Flur zu und kam ins Zimmer. »Der hat wohl mal verlauten lassen, er würde für die BBC arbeiten und das Aktfotografie eine seiner Spezialitäten sei.«
Tamora hob den Kopf und schob ihre Planungsunterlagen zu Seite. »Ich kann gut verstehen, dass er sich noch was nebenbei verdient. Die Zeiten haben sich geändert, da muss man beruflich mehrgleisig fahren.«
»Womit du wieder auf elegante Weise die Notwendigkeit der Unternehmung unterstreichen willst«, neckte Violett sie spöttisch. »Zieht aber nicht. Unser Geschäft läuft schon seit tausenden von Jahren.«
»Vielleicht wollte er sich bei ihr aber nur wichtig machen«, warf Tamora ein, die kleine Stichelei ihrer Freundin übergehend.
»Der muss aber was vom Filmen verstehen. Cora hat bei ihm mal einen BBC-Presseausweis gesehen, der ihn als Kameramann auswies.«
»Also ist er tatsächlich vom Fach«, lächelte Tamora. »Die werden bei der BBC ja keine Stümper beschäftigen … Stellt Cora den Kontakt her?«
»Können wir selbst«, erwiderte Violett. Nachdem sie die ganze Zeit im Türrahmen gestanden hatte, beugte sie sich jetzt über Tamoras Schreibtisch. »Ah, hier … sie hat mir seine Rufnummer und Adresse durchgegeben.« Sie reichte ihr die Notiz. »Ruf ihn an. Dann siehst du ja, wie er reagiert.«
Tamora nickte und deutete einen Kuss an. »Danke. Werde ich direkt machen.«
»Willst du noch Kaffee oder Tee?«
»Tee … aber nur, wenn du auch einen möchtest.«
»Ich hatte gehofft, dass du dich für Tee entscheidest«, lächelte Violett. »Ich muss mich gleich noch mit der Hausverwaltung auseinandersetzen … in einer meiner Immobilien steht eine größere Reparatur an.«
»Wird’s teuer?«
»Ja, leider«, antwortete sie beim Hinausgehen mit einem Achselzucken. »Es ist irgendetwas an der Steueranlage der Heizung defekt. Na ja, die Anlage ist inzwischen über fünfzehn Jahre alt … da geht schon mal etwas kaputt.«
»Verstehe.« Tamora griff zur Telefonnummer und wartete auf das Freizeichen. Es dauerte eine Weile bis sich jemand meldete. Es war eine Frau, die ihr erklärte, dass ihr Mann Inhaber eines Restaurants sei und nie eine Filmkamera besessen habe. Möglichweise habe es einen Zahlendreher in der Rufnummer gegeben. »Mit der Nummer stimmt etwas nicht«, rief Tamora, nachdem sie aufgelegt hatte, in Richtung Küche.
»Du hast seine Adresse!«, kam es zurück.
»Kommst du mit?«
»Klappt nicht, meine Süße. Ich muss das erst mit der Heizung klären und danach steht ein Friseurtermin auf dem Plan … habe ich dir doch beim Frühstück erzählt.«
»Entschuldige … Ist mir entfallen … Gut, dann fahre ich bei dem gleich allein vorbei.«
»Komm aber frühzeitig zurück«, ermahnte Violett sie, als sie mit dem Tee zurückkam und ihr eine Tasse auf den Schreibtisch stellte. »Du weißt, dass wir heute für den ganzen Abend gebucht wurden, Prinzessin. Wir wollen die Herren Politiker doch nicht enttäuschen, nicht wahr?«
»Ich bin pünktlich zurück. Versprochen.« Sie trank in Ruhe ihren Tee aus, griff nach ihrer Handtasche und nahm ihre Kostümjacke vom Haken. Dann kam sie noch einmal ins Büro zurück, umarmte Violett drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich liebe Dich, meine Königin.«
*
Nur wenig später steuerte sie ihr blaues Mustang Cabriolet aus der Tiefgarage, in der sie inzwischen einen Stellplatz unmittelbar neben Violetts zugewiesen bekommen hatte. Kaum war sie mit dem Sportwagen im Freien, entschloss sie sich an diesem warmen Augusttag mit offenem Verdeck durch Londons Straßen zu fahren.
Sie genoss die begehrlichen Blicke der Männer, die sie immer trafen und das Aufsehen, dass sie bei ihnen auslöste. Für einen Moment überlegte sie tatsächlich, ob sie sich eigentlich einmal den Spaß erlauben sollte, einmal direkt aus dem Wagen heraus zu arbeiten, – einfach bestimmte Bezirke abzufahren und die Kerle zu becircen – ließ den Gedanken daran aber schmunzelnd wieder fallen.
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