Eva-Maria Landwehr - Herr Gars soll heiraten

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Am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges ist der junge schwedische König Gustav II. Adolf auf der Suche nach einer standesgemäßen Braut. Das Räderwerk der Diplomatie wird in Gang gesetzt, Geheimagenten werden ausgesandt, Eheoptionen geprüft. Während auch andere deutsche Fürsten nach dem attraktiven Schwiegersohn schielen, scheint sich der König für Prinzessin Maria Eleonora von Brandenburg entschieden zu haben – wäre da nicht die Mutter der Auserwählten, Kurfürstin Anna, die seine Pläne hintertreibt. Frustriert macht sich der schwedische König schließlich im Frühjahr 1620 auf den Weg nach Berlin, um eine Entscheidung herbeizuführen. Um unerkannt zu bleiben, nimmt er den Namen Adolf Carlsson Gars an…

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Eva-Maria Landwehr

Herr Gars soll heiraten

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Inhaltsverzeichnis

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Prolog

Dresden, 9. Dezember 1610

Jagdschloss zum Grünen Wald, 23. Mai 1611

Im schwedischen Militärlager, Ende Juli 1614

Stockholm, 12. September 1614

Im Brandenburgischen bei Küstrin, Juli 1615

Stockholm, Anfang April 1616

Berlin, 9. Oktober 1617

Berlin, 26. November 1619

Nahe der Feste Spandau, 24. Mai 1620

Berlin, 26. Mai 1620

Berlin, 28. Mai 1620

Durlach, 15. Juni 1620

Heidelberg, Ende Juni 1620

Berlin, 28. Juni 1620

Berlin, 28. Juni 1620

Berlin, 29. Juni 1620

Berlin, 30. Juni 1620

Berlin, 6. Juli 1620

Ragnit, 16. Juli 1620

Berlin, 30. Juli 1620

Stockholm, 12. August 1620

Königsberg, 4. September 1620

Wolfenbüttel, 6. September 1620

Jägerndorf, 8. September 1620

Berlin, 15. September 1620

Berlin, 16. September 1620

Berlin, 13. Oktober 1620

Kalmar, Mitte August 1624

Stockholm, 16. November 1633

Impressum neobooks

Prolog

1615. Gustav, der erst zweite dieses Namens in der nicht sonderlich langen Reihe von schwedischen Königen aus dem Hause Wasa, Gustav, der den Beinamen Adolf trug, ein Erbe seines holsteinischen Großvaters, dieser Gustav Wasa also lebte trotz allem weiter. Trotz allem, das hieß ohne Ebba Brahe, die Liebe seines Lebens, aber neben seiner Mutter, die dem jungen Glück ihre Zustimmung verweigert hatte.

Er lebte weiter, obwohl der bohrende Schmerz, der ungemildert in seinem Inneren wühlte, die schwärmerische Maßlosigkeit der ersten wahren Verliebtheit rücksichtslos verdrängt hatte. Das Ende dieses Höhenfluges fühlte er so grausam, wie er sich in seiner Kindheit die Qualen der unerlösten Seelen stets vorgestellt hatte, die auf den großformatigen Altarbildern papistischer Kirchen in die Hölle gestürzt wurden. Sogar an lichteren Tagen und in heitereren Momenten brauchte es nur wenig, und sein überempfindsames Wesen erkannte den Verlust so frisch und unmittelbar wie in der ersten Stunde.

Das Verhalten des Königs seiner Mutter Christine gegenüber, eine befremdliche Mischung aus unversöhnlicher Sturheit und kindischem Trotz, sorgte für lebhaften, nicht versiegenden Gesprächsstoff in den Zimmernischen und Treppenabsätzen des Stockholmer Schlosses an den Ufern des Mälar, wo man, teils mitfühlend, teils schadenfroh, über Anlass und Ausgang der familiären Krise spekulierte.

Hatten die Ahnen des Königs nicht schon weniger standesgemäße Bräute gewählt, Königinnen aus dem Volk, rotwangige Mädchen aus uralten großbäuerlichen Geschlechtern, die erlegtes Wild häuten und Pferde zureiten konnten? Lag es daran, dass die Königinwitwe als junge Frau dem polnischen König versprochen gewesen war und dieser dann eine andere geheiratet hatte? Eine verschmähte Verlobte hatte womöglich kein Einsehen mit verzweifelt Liebenden.

Zur Unzeit schossen dem jungen Mann von zwanzig Jahren die Tränen in die Augen, worauf er, zornig auf seine vermeintliche Schwäche, Gespräche abbrach und zur Seite sah, als wäre er desinteressiert, unhöflich oder einfach nur hochmütig.

Aber der König, aufrecht erhalten durch die Kraft der Jugend, lebte, wie man sagte, sein Leben weiter, ließ sich seinen blonden Bart stutzen und fror aus Gründen der körperlichen Ertüchtigung bei winterlichen Militärübungen. Er ging so energisch, wie er dachte, dass man es von ihm erwartete, durch die Hallen des Stockholmer Schlosses und ließ sein Gefolge das männliche Staccato seiner metallbeschlagenen Reitstiefelsohlen auf den steinernen Fußböden hören. Er nahm regelmäßig Dampfbäder, drückte sich allerdings so manches Mal vor den eisigen Tauchgängen. Auf der Jagd erlegte er das Wild mit Lust, um wenig später den Blick in dessen gebrochene Augen schuldbewusst zu scheuen. Er schlief tagsüber beim Aktenstudium ein und verschlang nachts wenig erheiternde Gedichte, die von der Vergänglichkeit und der Sinnlosigkeit alles Irdischen handelten. Er war in einem Augenblick todtraurig und wenig später ausgelassen und vergnügt. Er gewährte Audienz in nobler, untadeliger Haltung und war kurz danach der launige Mittelpunkt einer grölenden Runde trinkfester Gesellen. Je nach Tagesform ließ er sich in einer Sache schlecht beraten und wies anschließend einen klugen Rat schroff zurück. Er machte sich bei den Schlauen beliebt, weil er zu Unrecht Gefordertes befürwortete und brachte die Anständigen gegen sich auf, weil er sinnvolle Gesuche ablehnte.

Doch die unverwüstliche menschliche Natur machte auch bei Königen keine Unterschiede und bereitete der Tristesse seines Daseins ein unerwartetes Ende: Zuerst entzog sich Gustav Adolf für Monate dem gesellschaftlichen Leben – um schließlich während eines Feldzugs ein uneheliches Kind zu zeugen.

Es dauerte nicht lange und die Spatzen pfiffen es von den Dächern: Der König von Schweden war ein Ehebrecher. Dass der junge Monarch nicht sein eigenes Ehegelübde, sondern dasjenige einer Frau namens Margarethe Sersanders verletzt hatte, machte die Sache nicht besser. Auch wenn Mätressen an vielen europäischen Höfen zum guten Ton gehörten, hielt man im sittenstrengen protestantischen Schweden wenig bis gar nichts von einer solchermaßen verfeinerten Lebensart. Ehebruch galt dort als schweres Delikt, das die Todesstrafe nach sich ziehen konnte.

Für den zwanzigjährigen Gustav Adolf hatte diese Liebschaft keine Konsequenzen. Dennoch blieb ihm öffentliche Kritik aus seinem engsten Umfeld nicht erspart. Gesetz und Ordnung, wetterte sein Hofgeistlicher Johannes Rudbeckius an die Adresse des königlichen Sünders, glichen einem Spinnennetz, in dem kleine Fliegen gefangen würden, während die großen einfach hindurchflögen.

Der einzige mildernde Umstand, der geltend gemacht werden konnte, war, dass diese große Fliege ihrer verlorenen Jugendliebe nachtrauerte und nach Ablenkungen ganz besonderer Art hungerte.

Die illegitime Frucht der Liaison mit Madame Sersanders, der kleine Gustav Gustavson, war also ganz offensichtlich ein Kind königlicher Frustration.

Gustav Adolfs missglückte Brautwerbung um Gräfin Ebba Brahe blieb am schwedischen Hof ein delikates Thema. Es musste mit äußerstem Fingerspitzengefühl behandelt werden. Die bezaubernde Ebba, Tochter eines hohen Hofbeamten, war mit dem nur knapp ein Jahr älteren Kronprinzen aufgewachsen. Aus kindlicher Vertrautheit war irgendwann schwärmerische Liebe geworden, eine Entwicklung, die Königin Christine mit großem Argwohn verfolgt hatte. Das reizvolle Fräulein war ihr nicht gut genug. Aber weil der junge König die treibende Kraft dieser verbotenen Liebe war, fest entschlossen, seine Gefühle über alle Kritik und auch über die Staatsräson zu stellen, musste diese Affäre ein durch die Kunst der Intrige herbeigeführtes Ende finden.

Christine, die lebenskluge Witwe und Mutter, hatte zu dieser Zeit scheinbar eingelenkt und der Heirat zugestimmt. Vorausgehen sollte ihrem Wunsch gemäß aber eine mehrjährige Wartezeit, in der sich die Verlässlichkeit dieser Verbindung zu bewähren hatte. Ebba, die trotz ihrer märchenhaften Schönheit nicht unter mädchenhafter Naivität litt, verstand und gab sich keinen Illusionen mehr hin. Während der Abwesenheit ihres Liebsten wehte ihr in den distanzierten Höflichkeiten aus dem Mund ihrer potentiellen Schwiegermutter der eisige Hauch der Unversöhnlichkeit entgegen. Und was die so genannte Wartezeit betraf: die Ablehnung dieser zu allem entschlossenen Frau kannte kein Verfallsdatum. Als unerwünschte Schwiegertochter würde Ebba einen Machtkampf zweifellos verlieren. Wozu also warten, bis die eigene Blüte vergangen und ein anderer Bewerber in weite Ferne gerückt war.

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