Frank Springer
Philipps Entscheidung
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Inhaltsverzeichnis
Titel Frank Springer Philipps Entscheidung Dieses ebook wurde erstellt bei
Widmung Widmung Ein Ferienabenteuer für Daniel und Julian Umschlagbild: Dorothea Bürger
1. Eine große Enttäuschung
2. Noch mehr Enttäuschungen
3. Der Sturm
4. Die Seefahrt
5. Das Lagerfeuer
6. Frau über Bord
7. Die Nachtwanderung
8. Wo ist Isabelle?
9. Die Suche beginnt
10. Tommi
11. Verspätung
12. Ein unnötiger Streit
13. Bauer Hinrichs
14. Die Baracke
15. Der Kampf
16. Der Sturz
17. Der Zugriff
18. Der Abend
19. Die Entscheidung
20. Das Fest
Impressum neobooks
Ein Ferienabenteuer
für Daniel und Julian
Umschlagbild: Dorothea Bürger
1. Eine große Enttäuschung
„Was?“, schrie Philipp voller Entrüstung. „Dort sollen wir hin? Was wollen wir denn da?“
Philipps Vater antwortete ruhig: „Ich bin froh, dass wir in diesem Jahr überhaupt noch in Urlaub fahren können. Vergiss nicht, dass wir das Dach vom Haus neu decken lassen mussten und uns ein neues Auto kaufen mussten, weil das alte kaputt gegangen ist. Nun haben wir fast gar kein Geld mehr, um verreisen zu können. Zum Glück ist immerhin doch noch etwas Geld übrig geblieben. Ich war gestern im Reisebüro, um eine Reise für Kurzentschlossene zu buchen. Sie hatten aber keine Angebote im Ausland, wo sie uns fünf auf einmal unterbringen konnten. So kurz vor den Ferien hätten sie höchstens zwei Personen für ein Reiseziel buchen können. Das Einzige war die Pension in dem kleinen Ort an der Ostsee, die uns alle aufnehmen kann.“
Der dreizehnjährige Philipp war verwöhnt. In den vergangenen Jahren war er mit seinen Eltern und Schwestern ans Mittelmeer, in die Karibik oder den fernen Osten geflogen, um in komfortablen Ferienanlagen den gemeinsamen Urlaub zu genießen. Der Vorschlag seines Vaters hörte sich hingegen nach tödlicher Langeweile an.
Daher sagte Philipp wütend: „Warum denn ausgerechnet an die Ostsee? Das ist hier von Hamburg aus doch gleich um die Ecke. Dorthin können wir ja mit unserem Auto hinfahren.“
„Eben“, entgegnete sein Vater, „dadurch sparen wir noch mehr.“
Philipps elfjährige Schwester Isabelle sagte: „Da soll es sehr schön sein. Meine beste Freundin Lotta war im letzten Jahr in der Gegend. Sie hat nur davon geschwärmt.“
Philipp konnte sich nicht beruhigen: „Dort ist doch gar nicht los. Was sollen wir da machen? Das wird mit Sicherheit mein langweiligster Urlaub überhaupt.“
Seine Mutter versuchte ihn zu beschwichtigen: „An der See kann man immer etwas unternehmen. Dort wird es nie langweilig.“
Philipp argumentierte weiter: „Im Ausland ist das Wetter immer schön, aber hierzulande können wir die ganzen drei Wochen Regenwetter haben. Gerade jetzt um diese Jahreszeit ist es immer so unbeständig. Dann bleib ich lieber gleich zu Hause.“
Philipps Mutter sagte vorwurfsvoll: „Philipp, du warst inzwischen so oft im Ausland, aber in deiner unmittelbaren Umgebung kennst du dich gar nicht aus.“
Philipps Vater beendete die Diskussion: „Schluss jetzt! Wir fahren an die Ostsee und ihr kommt alle mit.“
Mimmi freute sich: „Au ja, an der See ist es schön.“
Sie war mit ihren acht Jahren das jüngste Familienmitglied der Familie Schneider.
Alle hatten sich gegen ihn verschworen. Das war zu viel für Philipp. Wenn es sonst Streit in der Familie gab, dann konnte er meistens zumindest einen Verbündeten finden. Diesmal stand er aber ganz allein mit seiner Meinung da. Voller Zorn sprang er auf, lief in sein Zimmer und warf die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zu.
Bis zu den Sommerferien waren es nur noch zwei Wochen. Während dieser Zeit sprach Philipp das Thema Reise nicht mehr an. Wenn er in der Schule gefragt wurde, wohin es diesmal in den Urlaub gehen sollte, dann antwortete er ausweichend. Es war ihm zu peinlich, zugeben zu müssen, dass er nur an Ostsee fuhr. Seine Mitschüler schwärmten Philipp vor, dass sie in den Ferien nach Kalifornien oder sogar nach Australien reisen wollten. Dagegen konnte Philipp mit der geplanten Fahrt an die nahegelegene Küste nicht mithalten. Daher sprach er erst gar nicht davon.
Erst an dem Tag vor der Abfahrt holte ihn die Realität wieder ein, als es ans Kofferpacken ging. Lustlos stopfte er seine Sachen in eine große Reisetasche. Er nahm sich mehrere Bücher mit, um wenigstens die lange Zeit in der Abgeschiedenheit mit Lesen überwinden zu können. Außerdem steckte er seinen Musikplayer ein, auf den er zuvor noch die neusten Musikstücke speicherte, damit er sich ablenken konnte.
Da sie keine weite Fahrt vor sich hatten, fuhren sie erst am späten Vormittag aus Hamburg ab. Dazu nahm Philipp im Auto vorne bei seinem Vater platz, während seine Mutter hinten bei den beiden Mädchen auf der Rückbank saß. So hatte Philipp Ruhe vor seinen Schwestern und brauchte sich während der Fahrt nicht mit ihnen zu streiten. Unterwegs musste er die ganze Zeit daran denken, was ihn erwarten würde. Philipp befürchtete, dass er die nächsten drei Wochen nur mit seinen Eltern und Schwestern verbringen musste. In den großen Ferienanlagen, in denen sie sonst immer Urlaub gemacht hatten, gab es viele Jungen in seinem Alter, mit denen er etwas unternehmen konnte. Dort hatte er immer schnell Freunde gefunden. Vor zwei Jahren hatte er sogar einen Jungen aus Amerika kennen gelernt, mit dem er sich noch jetzt regelmäßig E-Mails schrieb. Philipp konnte nur hoffen, dass er in dem kleinen Gästehaus, in dem sie ihren Urlaub verbringen wollten, einen Jungen in seinem Alter fand, mit dem er die Gegend unsicher machen konnte. Die Aussichten dafür standen aber denkbar schlecht, da das kleine Haus nur wenigen Familien Platz bot.
Nach einigen Stunden erreichten sie ihr Ziel. Dabei dauerte die Fahrt nicht wegen der Entfernung so lange, sondern weil sie den letzten Teil des Weges auf kleinen, schmalen Straßen fahren mussten. Die Pension lag noch etwas außerhalb eines kleinen Örtchens fast direkt an der Ostsee. Schon von Weitem sahen sie den roten Backsteinbau. Auf einem Schild über der Eingangstür stand „Haus Petersen“. Das Haus war nicht viel größer als das Einfamilienhaus, in dem Philipp mit seinen Eltern und Schwestern am Stadtrand von Hamburg wohnte.
Philipps Vater hielt mit dem Auto vor dem Haus. Sie waren kaum ausgestiegen, da ging die Haustür auf und ein Mann kam heraus auf sie zu. Offenbar hatte er die Neuankömmlinge bereits bemerkt. Es war ein großer, kräftiger Mann mit einem Vollbart. Er trug ein rotes Halstuch und ein blaues Hemd mit weißen Streifen, wie es Fischer tragen.
Der Mann begrüßte seine neuen Gäste herzlich mit einer rauen, dunklen Stimme: „Schönen guten Tag und herzlich willkommen hier in meinem Haus. Ich bin Petersen.“
Philipp hörte sofort, dass hier das Norddeutsch ganz anders klang als zu Hause in Hamburg.
Herr Petersen schaute auf das Nummernschild des Autos und fuhr fort: „Sie müssen die Schneiders aus Hamburg sein, die Kurzentschlossenen.“
„Ganz recht“, antwortete Philipps Vater, „genau die sind wir. Seien sie ebenfalls herzlich gegrüßt.“
Herr Petersen fuhr fort: „Ich erwarte noch zwei weitere Familien als Feriengäste. Die werden aber erst später kommen, da sie einen viel weiteren Weg haben.“
Dann gab Herr Petersen allen höflich die Hand und sagte: „Na, dann kommen Sie bitte herein. Ich zeige Ihnen, wo Sie die nächsten drei Wochen wohnen werden.“
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