Frank Springer
Thiemos Bande
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Inhaltsverzeichnis
Titel Frank Springer Thiemos Bande Dieses ebook wurde erstellt bei
Widmung Widmung Ein Kriminalabenteuer für Daniel und Julian Titelgestaltung: Dorothea Bürger
1. Nachbarn
2. Das Treffen
3. Die Neue
4. Alles ist vorbei
5. Der Überfall
6. Der Heimweg
7. Die Begegnung
8. Der Besuch
9. Das Unwetter
10. Erste Ermittlungen
11. Die Beschattung
12. Das Verhör
13. Die Katastrophe
14. Die Suche
15. Feuer
16. Die Bauarbeiter
17. Die Verfolgungsjagd
18. Die Fabrik
19. Verirrt
20. Die Halle
21. Das Ende
22. Im Rathaus
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Impressum neobooks
Ein Kriminalabenteuer
für Daniel und Julian
Titelgestaltung: Dorothea Bürger
„Bssssssst, Bssssssst, Bst“, immer wieder flog die Fliege gegen die Fensterscheibe. Thiemo lauschte dem Geräusch. Er lag auf dem Sofa und starrte gegen die Decke seines Zimmers. Die schweren Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen, um die Vormittagssonne mit ihren heißen Strahlen abzuhalten. Trotzdem war es stickig und warm in dem abgedunkelten Raum. Thiemo verfolgte mit seinen Augen die Stuckornamente an der hohen Decke des Altbaus. Durch das fahle Licht, das durch die Vorhangritzen fiel, warfen sie eigenartige Schatten. Selten drang ein Geräusch und noch viel seltener ein Luftzug von draußen durch das gekippte Fenster und die dicken Vorhänge. Nur die Fliege summte ab und zu: „Bssssst.“
Thiemo war traurig und nachdenklich. Vor vier Wochen war sein allerbester Freund Ludwig weggezogen, da seine Mutter eine neue Arbeitsstelle in einer anderen Stadt gefunden hatte. Thiemo war der Abschied unendlich schwer gefallen. Bis dahin hatte er fast jede freie Minute mit Ludwig verbracht und mit einem Mal war das alles vorbei. Seitdem hatte Thiemo nichts mehr von ihm gehört oder gesehen. Er wusste nicht, was er ohne Ludwig anfangen sollte. Seit dem Frühstück lag Thiemo auf dem Sofa und grübelte darüber nach. Immerzu musste er an Ludwig denken. Inzwischen war es Mittagszeit geworden, ohne dass sich Thiemo ein einziges Mal von seinem Lager erhoben hatte. Zum Glück war es Samstag und er musste nicht zur Schule. „Bssssssst“, machte die Fliege.
In seinem Zimmer hatte Thiemo auch ein richtiges Bett, in dem er nachts schlief. Weil in dem Altbauzimmer die Decke schön hoch war, hatte sein Vater ihm ein Hochbett eingebaut. Wenn Thiemo sich jedoch tagsüber hinlegen wollte, dann nahm er lieber das Sofa, da er meist zu faul war, um zuerst die Leiter hinaufzusteigen. Außerdem war es dort hoch oben noch viel wärmer als hier unten ohnehin schon. Das Sofa hatte einen weiteren wichtigen Vorteil. Falls Thiemo Übernachtungsbesuch bekam, dann konnte der darauf schlafen. Zu diesem Zweck befand sich frisch bezogenes Bettzeug in dem Bettkasten, das nur unter dem Sofa hervorgeholt zu werden brauchte, um auch überraschenden Gästen eine Schlafstelle zu bieten. Ludwig hatte hier oft übernachtet, obwohl er unmittelbar nebenan in der Nachbarwohnung auf demselben Stockwerk gewohnt hatte. Thiemo wurde traurig, als er daran denken musste.
Dabei hätte Thiemo allen Grund gehabt, sich zu freuen und stolz zu sein. Immerhin war er der Anführer der bekanntesten und berüchtigtsten Jungenbande im gesamten Stadtviertel. Alle bewunderten ihn deswegen und begegneten ihm mit Ehrfurcht. Thiemo genoss diesen Ruhm und das Ansehen. In einer halben Stunde war das nächste Bandentreffen geplant, aber Thiemo freute sich nicht darauf, wie früher, als Ludwig noch mit dabei war. Seitdem Ludwig nicht mehr mitmachte, hatte sich viel verändert. Nun musste Thiemo sämtliche Aktionen und Vorhaben der Bande alleine planen. Er und Ludwig waren ein eingeschworenes Team gewesen, wodurch sie sich gegenseitig perfekt ergänzten. Ludwig hatte immer gute Vorschläge, konnte sie aber nicht umsetzen, da er anderen gegenüber zu zurückhaltend war und sich nicht durchsetzen konnte. Daher erzählte er seine Pläne zunächst Thiemo, der dann die Führung übernahm und sie ausführte. Die anderen Jungen in der Bande waren begeistert und jubelten Thiemo zu, während sich Ludwig leise über den Erfolg freute.
Ludwig war gut informiert, da er die Zeitung seiner Eltern las und dadurch einen guten Überblick bekam, wo was los war. So wusste er sofort, wenn es etwas umsonst gab. Als beispielsweise der Bonbonladen neu eröffnet hatte und zum Probieren einlud, war er längst im Bilde und alle aus Thiemos Bande konnten sich kostenlos mit Süßigkeiten vollstopfen, bis ihnen davon schlecht wurde. Außerdem kannte Ludwig meist die Aktivitäten der Mädchenbande im Voraus. Die Mädchen waren die erklärten Feinde von Thiemos Jungenbande. Ständig versuchten sie sich gegenseitig Streiche zu spielen. Dabei nannten sich die Mädchen nicht Bande, sondern wollten als Clique bezeichnet werden.
Ludwigs jüngere Schwester Lissi war Mitglied in der Mädchenclique. Zwar gab sie damit an, dass sie schweigen könnte wie ein Grab, aber in Wirklichkeit war sie ein Plappermaul, das nichts lange für sich behalten konnte. Und wenn Lissi nicht von sich aus erzählen wollte, dann wusste Ludwig, wie er seine Schwester provozieren konnte, damit sie ihm alles berichtete. So war es für ihn ein leichtes Spiel, von Vorneherein über die Absichten der Mädchen bestens Bescheid zu wissen. Das brauchte er nur noch Thiemo zu erzählen und der nächste Plan konnte geschmiedet werden. Einmal als die Mädchen eine Radtour gemacht hatten, sind ihnen die Jungen heimlich gefolgt. Während die Mädchen rasteten, haben sich die Jungen unbemerkt angeschlichen und ihnen die Luft aus den Reifen gelassen, sodass die Mädchen mühsam all ihre Fahrräder aufpumpen mussten, bevor sie weiterfahren konnten. Als sich die Mädchen bei nächster Gelegenheit dafür rächen wollten, waren die Jungen längst vorher gewarnt und hatten ihre Fahrräder vor dem Zugriff der Mädchen verborgen.
Diese Informationsquelle war nun versiegt. Thiemo musste sich selbst etwas einfallen lassen, womit er die Jungen aus seiner Bande beeindrucken konnte. Das fiel ihm unendlich schwer. Bislang hatte er sich auf Ludwig verlassen können. Jetzt war er auf sich allein gestellt. Die Jungen in seiner Bande erwarteten von ihm weiterhin gute Vorschläge und wollten ihren Spaß haben wie vorher, aber den konnte ihnen Thiemo nicht bieten. Dazu fehlten ihm der Überblick und das Wissen, das Ludwig besaß. Bisher konnte er sie noch hinhalten, jedoch allmählich wurden die anderen Jungen fordernder und sprachen ihn zunehmend direkter daraufhin an. Am liebsten wäre Thiemo nicht mehr zu den Bandentreffen gegangen, aber das konnte er sich als ihr Anführer keinesfalls erlauben. Wäre Ludwig doch nur hier. Thiemo war den Tränen nahe.
Vor allem fehlte Thiemo ein guter Freund, dem er sich anvertrauen konnte und mit dem er über alles reden konnte. Ludwig war für ihn da gewesen und hatte ihm zugehört, wenn er ein Problem hatte oder ihn etwas bedrückte. Meistens hatte ihm Ludwig einen guten Rat geben können, aber oft fühlte sich Thiemo bereits besser, wenn er sich ausgesprochen hatte. Zwar hörten ihm auch die anderen Jungen aus seiner Bande zu, wenn Thiemo etwas sagte, jedoch er hatte zu ihnen nicht das Vertrauen, das er zu Ludwig hatte. Im Gegenteil musste er sogar vorsichtig sein, damit er sich keine Blöße gab und ihnen gegenüber eine Schwäche zeigte.
„Bssst“, immer noch suchte die Fliege den Weg ins Freie. Doch was war das? Ein anderes Geräusch mischte sich zu dem Surren der Fliege. Es war der Motor eines großen Lastfahrzeuges. Nur selten verirrten sich größere Autos hier in diese kleine Seitenstraße, in der kaum genügend Platz vorhanden war, um mit einem Personenkraftwagen hinein zu fahren. Höchsten manchmal kamen die Postautos oder andere Lieferfahrzeuge hierher. Sonst mieden die Autofahrer diese enge Gasse.
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