K. Spitschka - Schneeflöckchen Weißröckchen
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Lisa fährt auf einer Achterbahn der Gefühle und erlebt knallhart
wie gefährlich der Umgang mit Drogen ist. Langsam aber sicher zerstört sie selber ihre heile Welt.
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„Was haben die dir gegeben? Hast du was Komisches getrunken? Wo habt ihr gegessen? Steck dir sofort den Finger in den Hals, vielleicht kotzt du noch was von dem Zeug!“ Ich wurde beinahe hysterisch.
Jackson strahlt mich an! „Ja! Ich bin auch ganz hin und weg!“
„Jack! Mezri kann kein Wort Deutsch!“
„Aber er kann hervorragend Französisch!“, lachte sie, spreizte ihre Beine und streichelte sich.
Heike sah mich fassungslos an. Halu hatte die letzten Sätze von Jack mitbekommen und fand die Idee ganz große Klasse. Er erzählte, dass er auf ‚Malle‘ als Animateur gearbeitet hatte. Sofort hakte sich Jack bei ihm unter und machte mit ihm einen Strandspaziergang um Näheres über diesen Job zu erfahren.
„Wenn du mich fragst, ist deine Freundin arrogant und benimmt sich wie eine Nutte. Tätowierungen sind außerdem asozial!“, keifte Heike.
„Ich frag‘ dich aber nicht!“, schrie ich, packte mein Zeug zusammen und entschuldigte mich bis zum Abendessen.
Um 19Uhr saßen wir alle im Speisesaal um den Tisch. Während wir Lamm serviert bekamen laberte uns Jackson voll. „…Seidenstrumpfhosen, Strümpfe, Stützstrümpfe, … bla, bla, bla.“
Was war nur mit der Frau los? Ich hatte Migräne. Mein Kopf fühlte sich an wie Watte.
„Gehen wir morgen zusammen auf das Beduinenfest?“ unterbrach Heike meine Freundin. „Wir müssen uns an der Rezeption anmelden, denn da wird man mit dem Bus gebracht“.
„Da muss ich erst Mezri fragen. (???????) Wann geht das Fest los und wann sind wir wieder zurück?“ Ich äffte Jack nach: „Da muss ich erst Mezri fragen …“ Sie ignorierte mich. Am liebsten hätte ich ihr meinen Teller auf den Kopf gehauen.
„Der Bus geht um 18Uhr30, Rückfahrt ist um Mitternacht“, erklärte Heike.
„Wann müssen die das wissen, wenn man mitfahren will?“, klimperte Jackson mit falschen Wimpern. „Mann! Wir melden uns alle vier an und wenn Mezri was dagegen hat, sagen wir für dich ab. Wo ist das Problem? Ich geh‘ jetzt auf mein Zimmer. Vielleicht komme ich später in die Disco. Ab wann seid ihr dort?“, schnauzte ich.
„Mezri holt …“
„Ich habe nicht dich gefragt!“ Ich knallte mit der Faust auf den Tisch. Die Ober hielten in ihrem Gewusel inne und sahen mich erschrocken an.
WAR ICH ZU LAUT FREUNDE?
GLEICH KRIEG ICH SCHNAPPATMUNG UND DANN GEHT’S HIER RUND!!!
Halu und Heike flüsterten beinahe dass sie gegen 22Uhr30 in der Disco wären und sahen mich bedröppelt an. Jackson konnte mich mal quer! Wenn sie jetzt nicht auf der Stelle Vollgas hinter mir herkam, war’s das mit unserer Freundschaft! Over and out! Wenn bei der irgendwann mal die Kacke dampft, habe ich Termine!
Ich schlenderte beinahe in unser Zimmer aber sie kam nicht nach. AUCH OKAY!
Ich ging erst mal unter die Dusche, cremte mich ein und freute mich über die leichte Bräune. Es war warm im Zimmer, so dass ich nur ein Höschen trug. Meine langen blonden Haare waren bereits von der Sonne ausgeblichen. Ich massierte vorsorglich ein Pflegemittel in die Spitzen. Dann räumte ich die Bude auf. Von Jackson lag nicht viel herum. Wahrscheinlich hat sie ihre Klamotten bereits bei Mezri geparkt. Ich hätte nie gedacht, dass der Urlaub so beschissen werden würde. Ich setzte mich auf den Balkon und schrieb Postkarten an die Daheimgebliebenen.
„Habe ich dir schon mal gesagt, dass ich genau diese Titten vom lieben Gott haben wollte?“ Sie hatte sich lautlos hinter mich geschlichen und streichelte meine Brüste.
„Dein blödes Getue geht mir auf den Zeiger!“ Ich stieß sie zur Seite und zog ein Shirt an.
„Lisa! Ich kann mir selber nicht erklären was läuft. Vielleicht bin ich zum ersten Mal wirklich verliebt. Das ist ganz anders als sonst. Ich wollte hier Spaß haben und die Sau rauslassen. Braungebrannt nach Hause fliegen. Nun habe ich mir wohl in Sachen Liebe eine Breitseite eingefangen. Ich bin angezählt. Mezri und ich meinen es total ernst miteinander. Ich habe eben mit ihm telefoniert. Ich kann auf das Beduinenfest, aber die letzten vier Tage wollen wir gemeinsam verbringen. Übermorgen Nachmittag könnten wir nach Hammamed fahren. Farid lassen wir zu Hause, okay? Mezri möchte uns so gerne diese tolle Stadt zeigen und am Abend in eine Freiluftdisco, essen und tanzen gehen. Was meinst du?“
„Ich meine, dass du dir sofort zu Hause Termine bei einem Psychologen geben lässt, damit der dich auswuchtet und runderneuert!“
Sie nahm mich in den Arm und drückte mich, dann verabschiedete sie sich und verließ das Zimmer. Ich warf ihr einen Kugelschreiber hinterher. „Leck mich am Arsch!“
Jetzt hatte ich auf Disco keinen Bock mehr. Ich legte mich aufs Bett und sah fern. Da klopfte es an der Tür und als ich öffnete, stand Halu mit zwei Flaschen Rotwein da. Er sah mich von oben bis unten an. „Heiß!“ „Wenn du hereinkommen willst, dann behalte deine blöden Sprüche für dich, klar?“
Wir machten es uns auf dem Balkon gemütlich. Der Wein war aus der Hotelküche. Die stilvollen Gläser hatte er dem Barkeeper abgeschwatzt. Respekt! Er trug Jeans und ein T-Shirt mit der Aufschrift ‚Versuchstier‘. Die Haare waren gebändigt und streng zurück gekämmt. Ein schöner Mann! „Du solltest dir das mit Jackson nicht so zu Herzen nehmen. Die macht schon das Richtige“.
HA!
Ich hatte keine Lust ihn über Jack aufzuklären! Nach dem zweiten Glas Wein fragte ich Halu wie er Heike kennengelernt hatte und wie lange sie schon zusammen sind. Er lachte und fing an zu erzählen.
„Erstens bin ich schwul. Zweitens sind Heike und ich eher eine Zweckgemeinschaft und keine Freunde. Wir sind zufällige Bekannte. Ich hatte mal eine Liebe. Eine große Liebe. Wir waren vier Jahre zusammen. Dann bekamen wir Stress. Mein Lover wollte sich von mir trennen. Um ihn zurückzugewinnen habe ich einiges unternommen. Deswegen habe ich auch diese Reise gebucht. Aber es hat nichts genützt. Ich ging saufen. In einer Kneipe habe ich ziemlich vollgeschickert rumgebrüllt: wer fliegt mit mir nach Tunesien? Ich habe noch ein Plätzchen frei! Neben mir saßen Hostessen von der Bahn. Eine von denen war Heike. Sie drehte sich zu mir um und sagte sie möchte mit!“
„Was für eine Story! Krass! Und dem Mädel macht das gar nix aus mit dir in einem Bett?“, lachte ich.
„Wir haben die Betten auseinander geschoben. Sie ist eine Schwester! Und selbst? Hast du jemanden?“
Ich schenkte uns beiden mehrmals nach und erzählte weinselig mein ganzes Elend. Halu war genauso beschwipst wie ich und erklärte mir inbrünstig wie wichtig es ist auf sein Herz zu hören. Immer wieder stocherte er mit seinem Zeigefinger auf seine Brunst und auf meine Brust. „Mann soll auf sein Herz hören, nur auf sein Herz“. Wir lagen uns in den Armen und bedauerten uns zutiefst.
Am nächsten Abend erlebten wir ein aufregendes, wunderschönes Beduinenfest und fuhren tatsächlich am darauffolgenden Tag mit Mezri nach Hammamed.
In der Freilichtdisco verloren wir Halu!
Plötzlich war er spurlos verschwunden! Wir warteten über zwei Stunden auf ihn. Suchten alles ab. Er war wie vom Erdboden verschluckt! Wir fühlten uns beschissen, als wir ohne ihn nach Monastir zurückfuhren. „Ach der kommt schon wieder. Er hat bestimmt jemanden kennengelernt!“, meinte Heike. „Er hätte uns Bescheid sagen müssen!“, maulte ich. Wie soll man denn da zu einem erholsamen Schlaf finden? Die eine verbringt die Nächte mit einem fremden Mann aus Afrika, der andere pflegt unterzutauchen!
Am nächsten Morgen saß Heike alleine am Frühstückstisch. Wir beschlossen, uns danach in die Sonne zu knallen und abzuwarten ob irgendjemand der Herrschaften auftaucht.
„Wie siehst du denn aus?“, schreckte Heike plötzlich hoch und sprang von ihrem Liegestuhl. Ich drehte mich um und starrte Halu fassungslos an. Er war verdreckt! Sein Gesicht verletzt, als wäre er in eine Schlägerei geraten!
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