Jan sah kurz zu seiner Verlobten und deren Freundin. „Helena bedeutet die Freundschaft mit Hanna wirklich unglaublich viel, Monika. Es tat ihr weh, die drei Monate nicht mit ihr in Kontakt treten zu können.“
„Dabei hätte Hanna sich gern um Helena gekümmert. Sie hat sich große Sorgen gemacht. Am liebsten hätte sie Stavros gezwungen, ihr zu sagen, wo sich Lena befindet und wollte zu ihrer Rettung schreiten.“
Jan grinste und sein Engelsgesicht bekam etwas Spitzbübisches. „Ja, das glaube ich gern. Hanna ist eine Frau, die mir sehr selbstbewusst und energisch vorkommt.“
„Stur, spitzzüngig und nachtragend“, ergänzte Monika, grinste aber dabei.
„Wir sollten jetzt zum See fahren!“, schlug Helena vor und winkte den Männern zu.
Kapitel 3: „Hat dir die Krankheit den Brägen püriert?“
Das Restaurant lag in der Nähe des Großen Wannsee direkt am Havelufer. Es gab zwei Bootanlegeplätze und ein kleines Bootshaus. Wenn man wollte, konnte man sich entweder ein Ruderboot oder ein Tretboot mieten.
Vom Wasser gingen steinerne Stufen zu dem Restaurant hinauf, das eine riesige Terrasse hatte. Markisen, die je nach Wetterlage ein- oder ausgefahren werden konnten, leuchtete in gelb und weiß. Überall standen Blumenkübel und –kästen, deren Pflanzen und Blumen sehr gepflegt wirkten. Vor der Terrasse gab es noch eine große, freie und gepflegte Rasenfläche, die allerdings etwas uneben erschien.
„Was meinst du, Tobi? Kann man hier ein transportables Tanzparkett auslegen?“ Jan hatte sich hingehockt und strich mit seiner Hand über den Rasen. Tobias hockte sich neben seinen Freund, strich über den Rasen, nahm etwas Erde in seine Hände und begutachtete die Ebenmäßigkeit der Fläche.
„Man müsste ein Gitter legen, das ausbalanciert werden sollte. Dann kann man darauf den Steckparkett legen. Alles in dem Erdboden verankern und es hält.“
„Könntest du dich darum kümmern, mein Trauzeuge?“ Jan grinste seinen Freund entwaffnend an.
„Wusste ich doch, dass die Trauzeugennummer in Arbeit ausartet.“ Tobias grinste zurück. „Klar doch. Aber wie ich euch beide kenne, gibt es noch mehr, was ich und auch Hanna tun sollen, stimmt´s?“
Jan kratzte sich verlegen am Hinterkopf, sah seine Verlobte Hilfe suchend an. „Na ja, da gibt es schon noch ein paar Punkte.“
„Monika, könnten wir uns demnächst zusammensetzen und über die Blumenarrangements reden?“ Helena sah die ältere Frau bittend an. „Ich meine, du bist Floristin und hast immer so einen tollen Geschmack und so.“
Monika lachte laut los. „Aber ja doch. Du musst mir nur definitiv sagen, welche Blumen oder Pflanzen auf gar keinen Fall dabei sein dürfen und welche auf jeden Fall dabei sein müssen. Und über die Farben müssen wir uns Gedanken machen.“
„Und ich?“ Hanna sah ihre Freundin leicht misstrauisch an.
„Also, wir brauchen Hilfe bei der Sitzplatzbelegung. Und da ist dein Organisationstalent dringend gefragt. Außerdem musst du mit mir mein Brautkleid aussuchen gehen. Und wir beide müssen dein Kleid als Trauzeugin aussuchen, in Ordnung?“
„Gern. Hast du schon ein paar Brautgeschäfte ausfindig gemacht, die in Betracht kommen würden?“
Helena schüttelte den Kopf.
„Ich habe einige Adressen.“
Alle sahen erstaunt zu Tobias. Er lächelte verlegen.
„Na ja. Einige meiner Angestellten haben in den letzten zwei Jahren eine Art Hochzeitsmarathon aufgestellt. Die kann ich fragen, welches Geschäft sie empfehlen. Außerdem kenne ich selbst zwei Geschäfte, wo wir bei Turnieren und Auftritten fündig werden. Vielleicht hilft das auch.“
Helena strahlte. „Klasse Tobi!“
„Und es wäre toll, wenn du uns bei der Entscheidung für das Catering hilfst, Hanna“, sagte Jan und legte seinen Arm um Helenas Taille.
Hanna nickte. „Mache ich. Aber erwartet nicht, dass ich mich überall durch futtere. Das geht höllisch auf die Figur.“
„Da kann ich helfen!“, meldete sich wieder Tobias, wurde aber etwas rot, als Hanna ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen ansah. „Ich meine, beim Probieren kann ich helfen. Ich kann unheimlich viel Essen und nehme einfach nicht zu.“
>Witzbold! <, dachte Jan.
>Ist doch wahr. Seitdem ich diese Visionen habe ist mein Grundumsatz erheblich gestiegen. Da kann ich mich doch durchfuttern.<
„Da ist noch etwas.“ Helena druckste herum, sah Jan vorsichtig an.
„Wir wollen die Party mit einem speziellen Tanz eröffnen. Einem Tango“, sagte der Bräutigam.
„Wow!“ Hanna riss die Brauen hoch. „Du kannst Tango tanzen, Jan?“
„Ja. Ich brauche nur eine Auffrischung. Tobi?“
„Klar. Ich denke, zwei oder drei Termine müssten bei dir reichen, Kumpel. Helena?“
„Ich brauche auch nur eine Auffrischung. Aber ….“ Sie schielte zu Hanna hinüber und wurde rot.
Hanna gefiel dieser Blick nicht. Ganz und gar nicht. „Lena?“
„Wir möchten einer Tradition folgend den Tanz gemeinsam mit den Trauzeugen eröffnen.“
Janniks Ansage bescherte Hanna ein heftiges Rauschen in den Ohren. Sämtliches Blut wich aus ihrem Gesicht und landete in den Füßen. Der Mund war staubtrocken und weit aufgerissen.
„Hat dir die Krankheit den Brägen püriert?“, donnerte Hanna Helena entgegen.
Die Heftigkeit, mit der Hanna diese sehr unfreundlichen Worte ausstieß, verwunderte alle, bis auf Monika und Helena.
„Johanna! Das kannst du doch nicht sagen!“ Monika war trotzdem schockiert.
„Und ob. Das kann nur ein sehr verspäteter Aprilscherz sein!“ Hannas Stimme klang leicht schrill vor Panik.
„Hanna. Bitte. Es würde mir so viel bedeuten.“ Helena ließ Jannik los und nahm die Hände ihrer Freundin in ihre.
„Lena, ich verstehe deinen Wunsch, wirklich. Aber wie um Himmels Willen willst du dieses Wunder geschehen lassen, häh?“
Helena blickte zaghaft lächelnd zu Tobias. „Könntest du ihr das Tanzen bei bringen, Tobi? Ich meine, es sind noch über neun Wochen bis zur Hochzeit und sie muss ja auch nur die Grundlagen tanzen können.“
Tobias hatte seine Augenbrauen hochgezogen und bisher kein Wort gesagt. Es verwunderte ihn nur zutiefst, mit welcher Vehemenz Hanna reagiert hatte. Vorsichtig drang er in Hannas Gedanken ein, kam aber nicht weit. Ein unglaubliches Durcheinander an Gefühlen und Gedanken schleuderten ihn regelrecht zurück.
„Whoa!“
„Siehst du? Er findet die Idee auch nicht berauschend!“ Hanna funkelte Helena wild an.
„Das meinte ich eben nicht, Hanna. Wirklich nicht. Ich bin nur über deine heftige Reaktion überrascht.“
„Helena nicht, denn sie weiß, warum ich so reagiere, nicht wahr?“
„Süße, die Tanzlehrer damals waren eben nicht wie Tobi. Er ist wirklich geduldig und einfühlsam. Er schafft das ganz bestimmt.“
„Vor oder nachdem ich ihm aus Versehen irgendwelche Knochen gebrochen habe?“
Helena blickte betreten zu Boden.
Monika bekam einen Lachanfall. Sie stand da und schüttelte sich regelrecht. „Meine Güte! Du denkst doch etwa nicht an diesen Vorfall?“
„Vorfall?“ Hannas Stimme kiekste etwa zwei Oktaven höher als sonst. „Ich habe es in drei Tanzschulen versucht. Dem letzten Tanzlehrer habe ich den Mittelfußknochen gebrochen, als ich ihn mit meinem Absatz traf! Eure Haftpflichtversicherung musste dem Mann Schmerzensgeld zahlen.“
Tobias sah Hanna erstaunt an, schmunzelte dann aber. „Interessant.“
Hannas Augen gingen auf Halbmast. „Bist du masochistisch oder was?“
Tobias rieb sich mit der Hand über den Mund, blickte kurz zu Lyssa, die ein paar Meter weiter auf einer Schaukel saß und aufmerksam zugehört hatte.
„Kommt darauf an, um was es geht.“ Seine Stimme war sehr leise.
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