
Wir haben jetzt die super Gelegenheit noch Vorbilder sein zu dürfen - das wird sich ganz sicher bald ändern (wenn ich so an meine Jugend denke :-)). Aber wäre es nicht schlimm, wenn sie nur das Glatte und Gradlinige (Perfekte) übernehmen? Sind es nicht die kleinen Macken, die uns lustige Geschichten bescheren?
Lasst uns zusammen überlegen wie wir nicht perfekt, sondern menschlich, glücklich und als Konsequenz aus diesem fröhlich sein können. Übrigens gilt das nicht nur für Frauen – es gilt für alle Geschlechter, die die „Haupt-Kümmerer“-Rolle übernommen haben (gerne auch in gleich-geschlechtlichen Ehen oder in anderen Konstellationen). Auf den Seiten, nenne ich die Rolle gerne „Mami“ um diese zu spezifizieren, aber sie sollte in keinem Fall eine Einschränkung sein.
Ich starte gerne mit dem Thema, was mich seit Tag 1 des Mutterseins an den Rande des Wahnsinns treibt: ESSEN.
„Mein Haar ist schon ganz lang. Ich habe Salat gegessen"
Ich bin - wie jede Mutter mit der Tendenz zum Kontroll-Freak- geradezu frenetisch um die gesunde Ernährung meiner Kinder bemüht. Tatsache ist, dass meine Kinder im ersten Jahr überhaupt kein Zucker (Eis, Schoki, Pudding) zu sich genommen haben - weder von mir noch von Angehörigen. Mit der Zeit wird man entspannter; ich Gottseidank auch.
"Wie kriege ich die Vitamine rein?" als Grundgedanken einer jeden Mutter. Ich habe mit den Minis ein lustiges Spiel entwickelt um gesundes Essen zu "verkaufen". Letztendlich ist es genau das - verkaufen. Meine ich-drohe-mit-irgendwas-Bösem-Vorgehensweise ist nicht nur völlig unpädagogisch, sondern leider irgendwann wirkungslos.
Irgendwann habe ich angefangen zu erklären, was gutes Essen bewirkt. Klar, gibt es die Klassiker: Milch macht starke Knochen, Fleisch stark, aber was sind die Argumente für Kiwis, Blaubeeren, Zucchinis, Mehrkornbrot, Dinkel-Flocken, Fisch etc.? Weil ich da mal keine Wissenschaft draus machen wollte, habe ich mir einfach etwas ausgedacht. Zum Beispiel macht Salat lange Haare (bei Mädchen wirklich wichtig), Fisch ist natürlich gut fürs schnelle Schwimmen, Hühnchen ist sensationell fürs Hochspringen und Zucchinis bewirken, dass man gaaaanz schnell Fahrrad fahren kann. Es geht nicht darum, die Kinder aktiv zu belügen, sondern Ihnen beizubringen, dass gutes Essen ein wichtiger Bestandteil ist, um alles Mögliche zu machen.
Wir sind letztendlich soweit, dass sie mich immer fragen, was etwas bewirkt. Sie probieren nicht alles aus, aber immer mehr, und freuen sich über die "Konsequenz" (lange Haare, super Kletterhöhe, schneller als Daniel etc.).Zugegeben: ich komme manchmal durcheinander, was wie wirkt, aber das ist auch OK. Dann korrigieren sie mich eben. Was schön ist, irgendwann (ich möchte meinen ab 6 Jahre) merken sie, dass ich manchmal flunker. Und dann ist es eben ein Spaß. Es sollte kein bitterer ernst sein und eine ausführliche Recherche, ob Blaubeeren die Augen blau machen, sollte es auch nicht geben.
Umgekehrt ist es natürlich auch möglich aufzuzeigen, was ungesundes essen macht: Chips machen Pickel, von Schokolade hässliche Zähne. Wichtiger Hinweis: nicht übertreiben! Es ist nicht notwendig bei jeder Süßigkeit Diabetes aufzuzeigen. Es ist laut meiner Erfahrung wichtiger sich auf die Sachen-die-gut-für-uns-sind zu besinnen. Es macht ja auch mehr Spaß ehrlicherweise.
Ich probiere sehr gerne neue Sachen aus. Ich finde es so schön, wenn Sie neues Essen probieren und ermutige sie ständig. Ein Hinweis aus "es ist scharf" oder "Vorsicht SAUER!" ist angebracht, sonst verlieren sie das Vertrauen in die Mutti. Wir haben in diesem Zusammenhang ein Spiel erfunden, was plump genau das ist, wie es heißt: "Leck die Zitrone" ist nichts anderes als ein Stückchen Zitrone anzulecken und das Saure zu genießen. Die lustige, übertriebene Grimasse gehört selbstverständlich genauso dazu wie "iiiiiiiieeeeeh! Saaaaauuuuuueeeerrr!" Aber das müssen wir machen - das gehört dazu. Übertreibung ist irgendwie ein ganz wichtiger Bestandteil aller meiner Aktionen. Viel Mimik und Gestik hilft. Meine Mäuse wollen jetzt ganz oft Leck-die-Zitrone spielen - sogar von sich aus. Das ist natürlich übertragbar auf alle Gemüse-/Obstsorten.
Um das ganze Thema Essen etwas entspannter zu machen, helfe ich mir manchmal (!), wenn es einfach in die Situation passt zu kleinen Spielchen, um das müüüühselige Unterfangen Essen vom Teller in den Mund zu transportieren zu beschleunigen.
Wir haben das Paprika-Spiel eines Abends in Leben gerufen. Meine wunderhübsche leicht rechthaberische Tochter meinte, dass sie in jedem Fall erkennt welche Paprika sie isst: gelb, orange oder rot.
Die Herausforderung haben wir natürlich angenommen. Wir haben ihr die Augen verbunden und ZACK: schon war heiteres Paprika-Essen und Raten angesagt und zwar bei allen am Tisch. Wir haben das Essen-Rate-Spiel auf alle zur Verfügung stehenden Lebensmittel ausgedehnt – auch ein kleiner fieser Löffel Kapern war für Papi dabei, dessen Showeinlage beim Probieren preisverdächtig war. Zugegeben an dem Abend hat das Essen etwas länger gedauert, aber alle waren irgendwie gut gelaunt und zufrieden. Jeden Abend werde ich das sicherlich nicht machen, aber immer mal wieder.
„Mami, ich habe jetzt einen echt richtig Guten“
Überraschenderweise möchten die Kinder abends/morgens am Tisch ihren Tag nicht ordentlich, strukturiert und systematisch mit mir diskutieren und analysieren. Die Routine-Frage abends am Tisch: „wie war denn Euer Tag?“ wird meistens mit einem „gut“ abgefertigt. Detailliertes Nachfragen führt zu nichts. „Ich hab doch schon gesagt gut!“ Sie haben einfach kein Bock über den Tag zu reden. So! Eine äußerst tiefsinnige Erkenntnis.
Was können wir also tun? Ich habe einfach mal den Spieß umgedreht und einen Schwank von meinem Tag erzählt. Es muss natürlich lustig sein. Also ein „ich-saß-den-ganzen-Tag-am-Computer-und habe-getippt“ wird mit Sicherheit nicht mehr als ein Gähnen und „das ist aber laaaanweilig“ hervorrufen.
Hingegen erntet ein „ich bin heute Morgen mit dem Fahrrad gefahren und meine Mütze hat sich im Schirm verfangen und beides ist dann weggeflogen“ nicht nur schadenfrohes Lachen, sondern auch ein Bisschen Applaus. „Ich habe mein Kaffee über den ganzen Schreibtisch geschüttet und alle Kollegen haben gelacht“ ist auch gut.
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