Nicht, dass ich mich optisch in den Jahren meiner Abwesenheit so sehr verändert hätte.
Auch sind meine Wundmale sicherlich immer noch Beweis dafür, dass ich der Gekreuzigte bin. Aber meine Worte und meine Lehren würde heute niemand mehr wieder erkennen, denn sie sind ganz anderen Inhaltes als das, was heute in meinem Namen verkündet wird.
Heute wird das Kreuz als Zeichen meines Sieges über den Tod verherrlicht.
Ich aber sage euch: Es ist ein Zeichen meines Scheiterns.
Es war wohl ein großer Fehler von mir eine so schwache Person wie Petrus an die Spitze der Menschen zu stellen, die meine Worte und Visionen wahren sollten.
Ich hätte Maria Magdalena 6zur Hüterin meines Andenkens ernennen sollen.
Ich weiß, dies hätte allen Regeln einer von Männern dominierten Welt widersprochen, – aber, habe ich mich jemals an Konventionen gehalten?
Ich habe es doch damals erlebt!
Es waren die Frauen die den Mut bewiesen für mich zu kämpfen.
Sie standen unter dem Kreuz und ihnen habe ich mein Leben zu verdanken.
Sie hätten wie „Löwinnen“ um den wahrhaftigen Erhalt meines Andenkens gekämpft.
Aber ich liebe die Nähe Maria Magdalenas zu sehr, als dass ich darauf hätte verzichten mögen. So habe ich es vorgezogen sie mitzunehmen in mein selbst gewähltes Exil.
Ich frage mich heute:
War es verletzte Eitelkeit oder meine Wut über die Blindheit der Menschen, dass ich so lange geschwiegen habe?
War es die Angst vor erneuter Entdeckung, dass ich bis heute keinen Widerspruch eingelegt habe?
Oder war es die frustrierende Erkenntnis dass die Menschen in ihrer Eitelkeit und Unbelehrbarkeit doch immer nur ihren eigenen Vorteil suchen?
Ich kann es nicht mehr sagen.
Ich habe so lange geschwiegen, obwohl ich schon früh über die sich abzeichnende Entwicklung informiert war.
Dabei habe ich Saulus doch kennen gelernt!
Ich habe ihm einst in Damaskus Auge in Auge gegenüber gesessen und ich hätte seinen übergroßen Ehrgeiz erkennen können, der nichts Gutes erahnen ließ.
Ich hätte, ich hätte…
Nun, nach 36 Jahren, ist es jedoch dafür zu spät.
Doch ich kann jetzt nicht mehr länger schweigen und nicht noch länger den Verrat an dem billigen, was ich einst gelehrt habe.
Es ist mir unmöglich noch länger zu schweigen, wenn in meinem Namen Menschen getötet werden.
Ich kann nicht zulassen, dass Kinder, Frauen und Männer, die sich auf mein Wort berufen, in den Circusarenen in den Tod gehen und dabei in Wahrheit Paulus verherrlichen.
Ich wollte niemals – und will es auch heute nicht hinnehmen – dass für mich oder wegen mir Blut vergossen wird.
Es war niemals meine Absicht eine „neue Religion“ zu gründen.
Es war vielmehr mein Ziel meinen jüdischen Glauben vom Schutt der Geschichte und der Eitelkeit der Priester, die unseren Glauben total verfremdet haben, zu befreien und ihm sein menschliches Antlitz zurückzugeben.
Ich war kein „Opferlamm“ für die Sünden der Menschheit.
Ich hatte eine Vision von „ Gottes nahem Reich “, wurde jedoch Opfer meiner eigenen Verblendung.
Angestachelt durch den Zuspruch der Menschen!
Herausgefordert durch die ablehnende Haltung der Sadduzäer und der konservativen Pharisäer!
Überheblich geworden und blauäugig für die reale Situation in Jerusalem zum Zeitpunkt des Pessachfestes.
Ich habe die Macht des Hohen Priesters und die Angst der römischen Besatzer vor einer eskalierenden Aufruhr unterschätzt und war damals zu dumm oder stolz die Intrigen und Ränke zu durchschauen.
Ich habe mein Wirken und Auftreten niemals aus den Augen der Römer betrachtet, und deshalb war ich wohl auch blind für die Gefahr, die mein provokantes Auftreten in sich barg.
Es waren die Römer die mich gekreuzigt haben!
Für Sie war ich der Aufrührer und Volksverhetzer, der vermeintliche Tropfen, der „das Fass zum Überlaufen“ hätte bringen können –.
Und so musste ich eliminiert werden.
Deshalb bin ich, entgegen der jüdischen Tradition, am Rüsttag, dem Vortag des Pessach-Festes, von den Römern als „König der Juden“ gekreuzigt worden.
Ich sage euch:
Es soll niemandem in meinem Namen Leid angetan werden!
Es soll niemandem in meinem Namen Leid geschehen!
Deshalb ist es heute höchste Zeit mich an alle Menschen zu wenden die sich auf mich berufen um die Worte zu korrigieren, die über mich verbreitet werden.
Ich will euch meine wahre Lebensgeschichte erzählen.
Aus erster Hand sollt ihr, die ihr meint an mich zu glauben, hören wer ich wirklich war und was ich wollte.
Ich hoffe, die Verblendungen, Verzerrungen und Lügengeschichten um meine Person damit zerschlagen zu können.
Ich wünsche mir Frieden und Glück für alle Menschen.
Möge jeder seinen Nächsten respektieren, wertschätzen und anerkennen, so wie er ist, denn wir sehen in einen Spiegel, wenn wir unseren Nächsten betrachten!
Er ist wie wir, genauso schwach oder eigennützig, sanft oder hart.
Liebet einander ohne Einschränkungen und Bedingungen, seid tolerant anderen gegenüber und verurteilt niemanden!
Strebt nicht nach Macht, denn Macht korrumpiert und macht blind und ängstlich.
Aus dieser Angst entspringt dann das Böse, das ausschließlich dem Machterhalt dient.
Schützt euch vor Neid und Missgunst.
Es geht niemandem besser als euch.
Jeder wird nur dann glücklich und zufrieden sein wenn er in sich selber ruht, wenn er seine Mitte gefunden hat.
Und, das ist absolut unabhängig von Reichtum, Macht oder gesellschaftlicher Stellung!
Wenn ich etwas Besonderes gewesen sein sollte, dann nur deshalb, weil ich glaube meine innere Balance und Zufriedenheit gefunden zu haben.
Sie war es, die ich zu lehren und weiterzugeben versucht habe.
Sie und die Nächstenliebe.
Deshalb habe ich immer öfter gesagt:
„ Und wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so kommet ihr nicht in das Reich unseres Vaters “.
In Kinderaugen und Kinderseelen ist diese Zentrierung auf die Mitte, auf sich selbst, noch intakt, unbefangen, unvoreingenommen, authentisch und ursprünglich. Sie leben noch in dem Urvertrauen auf das Gute und Schöne. Sie genießen den Augenblick ohne Wertung, voller Staunen und Ergriffenheit.
Darum, wer Ohren hat zu hören, der höre!
Hier ist meine Lebensgeschichte und Lebensphilosophie. Ich werde sie euch heute aus erster Hand erzählen, in der Hoffnung damit alle Irrtümer und Verzerrungen, die sich um meine Person und meine Lehren herum aufgetürmt haben auszuräumen.
Dharamsala (36 Jahre nach meinem vermeintlichen Tod am Kreuz.)
Jeshua Ben Jehosaf
Die Anfänge meines Lebens kann ich euch nur vom Hörensagen wiedergeben.
Ich war selbstredend dabei, jedoch habe ich keine konkreten Erinnerungen an meine ersten drei Lebensjahre hier auf Erden. 7
Meine Mutter hieß Mirjam 8und mein Vater Jehosaf.
Meine Eltern waren frisch verheiratet und – ich habe es später einmal nachgerechnet – meine Eltern waren wohl schon intim miteinander gewesen bevor sie geheiratet hatten.
So war ich letztlich ein Grund warum die beiden so jung geheiratet haben.
Mirjam war 13 Jahre, Jehosaf 17 Jahre alt, als sie sich gemeinsam auf den Weg von Nazareth in Galiläa nach Bethlehem in Judäa machten, dem Geburtsort meines Vaters, um an der von Rom angeordneten Volkszählung teilzunehmen.
Ich sollte ihr erstgeborener Sohn werden, den Mirjam – bereits hoch schwanger – in einer Grotte nahe Bethlehem zur Welt brachte.
Mein Name sollte Jeschua Ben Jehosaf 9sein. Ich wurde jedoch Jeschua, oder wie ihr heute sagt „Jesus“ gerufen.
Natürlich waren damals viele Menschen auf dem Weg zur Volkszählung, doch es war wohl der Mangel an Geld, der meine jungen Eltern dazu zwang in einer Grotte zu übernachten.
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