Farsana Roya
Ein Traum aus Sand und Regen
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Inhaltsverzeichnis
Titel Farsana Roya Ein Traum aus Sand und Regen Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2 – Rya und Levana
Kapitel 3
Kapitel 4 – Rya und Levana
Kapitel 5
Kapitel 6 – Badals Kindheit
Kapitel 7
Kapitel 8 - Jasin
Kapitel 9
Kapitel 10 - Rya und Levana
Kapitel 11
Kapitel 12 – Rya und Levana
Kapitel 13
Kapitel 14 – Rya und Levana
Kapitel 15
Kapitel 16 – Rya und Levana
Kapitel 17
Kapitel 18 – Rya und Levana
Kapitel 19
Kapitel 20 – Badals Kindheit
Kapitel 21
Kapitel 22 – Rya und Levana
Kapitel 23
Kapitel 24 – Rya und Levana
Kapitel 25
Kapitel 26 - Rya und Levana
Kapitel 27
Epilog
Impressum neobooks
Die Zeit verstreicht. Aus einer Stunde wird ein Tag und aus einem Monat ein Jahr. An traurigen Tagen, von welchen man wünscht, sie würden schnell vergehen, scheint die Zeit still zu stehen, während die Zeit an den Schönen unnahbar schnell entflieht.
An einem Sonntagabend, als die Zeit zu schweben scheint und das Antlitz des Mondes schon seit einigen Stunden hoch am Himmel von Wolken bedeckt ist, liegt der feuchte und unverkennbar erfrischte Geruch von Regen in der Luft. Auf den Straßen ist kein Mensch zu sehen. Alles scheint, in tiefem Schlaf versunken, seinen eigenen Hoffnungen nachzuträumen.
Jedes Gebäude ist in tiefe Dunkelheit gehüllt. Nur in einem verlassenen, heruntergekommenen Haus leuchtet eine Glühbirne. Eine alte Dame steht am Fenster, lässt ihren suchenden Blick voller Neugierde ausschweifen.
Ihr graues, leicht gewelltes Haar, das seitlich zu einem Pferdeschwanz geflochten ist, glänzt im Schein der Lampe. Auch das weiße Nachthemd, in das ihr feingliedriger Körper gekleidet ist, schimmert silbrig im dämmrigen Licht, die türkisenen Steinchen an den Aufschlägen der Ärmel tanzen mit den Lichtstrahlen.
Trotz ihres hohen Alters ist sie anmutig und stolz, ihre braungrünen Augen glänzen auch bei Nacht wie wertvolle Aventurine.
Nachdenklich steht sie am großen, alten Fenster und betrachtet abschätzend die Straße aus Kopfsteinpflaster, die vor dem Haus verläuft.
Als die alte Dame zaghaft ihren Kopf nach rechts dreht, erblicken ihre Augen den wundervollen Steinbrunnen, der den Menschen Wasser in der Wüste spendet. Dieser Brunnen, obwohl er schon lange versiegt ist, hat für die Menschen dieser Region eine besondere und heilige Bedeutung. Leute kommen von weit her, werfen Münzen hinein und beichten ihm ihre Sorgen, denn man erzählt sich, dass er Kranke heilen und Wünsche erfüllen könne. Die alte Dame zieht den Vorhang zu und schlurft in dem kleinen, bescheiden Zimmer in Richtung Bett, neben dem ein Bücherschrank aus schwarzem Holz bis unter die Decke ragt. Als ihr Blick gedankenverloren über ihn schweift, entdeckt sie auf einem der Regalbretter einen staubigen Bilderrahmen.
Ein vergilbtes Schwarzweißfoto steckt darin, das ihr vage bekannt vorkommt. Sie selbst und eine Freundin aus vergangenen Tagen sind darauf abgebildet, lachend nebeneinander auf einer weiten Wiese.
Langsam tritt sie dichter an den Bücherschrank heran, um das Bild mit ihren schwachen Augen besser sehen zu können. Als die Erinnerungen von damals über sie hereinbrechen, kann sie einen leisen Schluchzer nicht unterdrücken. Ihre zitternde Hand findet das Foto, streicht fahrig den Staub vom alten Rahmen.
Als wäre seitdem nur ein Wimpernschlag vergangen, erinnert sie sich an längst vergangene Tage und das schleichende Gefühl von Zerrissenheit schwappt über sie. Wie ein lauer Windhauch, ist die Zeit durch ihr Leben geweht.
Die Nostalgie wiegt schwer in ihrer Seele und kraftlos lässt sie das Foto los, wendet ihm den Rücken zu, um sich zu entlasten. Ihr Blick streift den kleinen Tisch in der Mitte des Raumes, vor dem zwei Stühle stehen. Als würde sie Gesellschaft erwarten, hat sie eine Schale mit saftigen, roten Tomaten auf ihm platziert, die den Duft frisch gepflückter Ernte durch das Zimmer senden.
Ein trauriges Lächeln ziert ihr faltendurchfurchtes Gesicht. Sie ist alleine, niemand würde kommen, um nach ihr zu sehen. Lediglich die alte Dame, die ihr aus dem gewölbten Spiegel zu ihrer Rechten entgegenblickt, scheint sich ihrer zu interessieren.
Unter dem schweren Chromrahmen, auf einer Kommode, liegt eine kleine, türkisfarbene Perle. Bedacht geht sie hinüber, nimmt die Perle in ihre dürren Hände und versucht, den Staub wegzupusten, der sich darüber gelegt hat. Doch sie ist schwach, und so entgleitet ihr die schöne Perle und rattert über den Holzboden unter das Bett.
Schwer atmend schleppt sich die alte Dame zum Bett hinüber und bückt sich mühevoll, um im Dunkeln nach der Perle zu tasten. Ihr Suchen währt nicht lange, da ertastet sie einen Gegenstand auf den morschen Holzdielen. Als sie ihn hervorzieht, hält sie eine eckige Schachtel aus braunem Eichenholz in den Händen, statt der gesuchten Perle.
Neugierig richtet sie sich mit dem geborgenen Schatz in den Händen wieder auf und lässt sich auf dem Bett vor sich nieder. Sie erkennt diese Schachtel, hat sie schon einmal gesehen, und Wehmut ergreift sie, während sie vorsichtig mit den Fingern über den Deckel streicht.
Auch der Pfau scheint dieses Gefühl zu teilen. Ein schmerzerfüllter Schrei durchbricht die gespenstische Stille über der ausgestorbenen Stadt, lässt die Dame überrascht zusammenzucken. Die Schachtel entgleitet ihren Händen und segelt schwer zu Boden, wo sie aufspringt und ihren Inhalt über den Boden verteilt.
Erschrocken über ihr eigenes Ungeschick bückt sie sich nach einem Dutzend Briefen, einer aus Elfenbein geschnitzten Schachfigur und einer Pfauenfeder.
Nachdenklich sammelt sie alles zusammen und füllt die Schachtel erneut. Lediglich die Pfauenfeder hält sie einen Moment länger in den Händen, um die Schönheit der grünblauen Farbreflexionen zu bestaunen. Sie wundert sich, ob die Legende des Pfaus tatsächlich der Wahrheit entspricht.
Ein Gedanke fährt durch ihren Kopf und entsetzt klatscht sie sich die Hand vor den Mund. »Meine Güte, du hattest doch Recht«, entkommt es ihr wispernd, ihre Stimme nicht lauter als eines der Staubkörner, die durch die Luft wirbeln. Erschüttert schüttelt sie den Kopf über ihre Erkenntnis. »Es ist wirklich wahr. Wie konnten wir nur so stur sein und dir keinen Glauben schenken? Wir dachten, du seiest verrückt.«
Sehnsucht und Schmerz brechen über sie hinein, scheinen die alte Dame in den Wogen ihrer Emotionen zu ertränken. Sie versucht, sich zu beruhigen und die Tränen ihrer Trauer zurückzuhalten – vergebens.
Ihre Glieder werden von dem Gewicht ihrer Sorgen erschwert, als sie sich erhebt und zum Fenster schlurft. Mit einer hastigen Bewegung stößt sie beide Fensterflügel auf und atmet die feuchte Nachtluft mit langen, gierigen Zügen ein. Der Wind spielt mit den Strähnen, die sich aus ihrem Zopf gelöst haben, während sie ihren Kopf in den Nacken legt und die Sterne betrachtet. Schadenfreudig funkeln diese am Firmament, nicht minder schön, als am Tag zuvor.
Schmerzerfüllt wendet sie sich ab, späht zum alten Brunnen, der Bilder aus der Vergangenheit in ihr heraufbeschwört. Greifbar nah, als wäre es erst gestern gewesen.
»Was wäre gewesen, wenn die Zeit ein weiteres Mal still gestanden wäre? Hätten wir anders gehandelt?«, murmelt sie kraftlos in die Stille hinein.
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