August Schleicher
Litauische Märchen, Sprichworte, Rätsel und Lieder
Eine umfassende und liebevoll zusammengetragene Sammlung von Märchen, Rätseln und Liedern aus dem Litauen
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Inhaltsverzeichnis
Titel August Schleicher Litauische Märchen, Sprichworte, Rätsel und Lieder Eine umfassende und liebevoll zusammengetragene Sammlung von Märchen, Rätseln und Liedern aus dem Litauen Dieses ebook wurde erstellt bei
Litauische Märchen, Sprichworte, Rätsel und Lieder
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Impressum neobooks
Litauische Märchen, Sprichworte, Rätsel und Lieder
Vorrede.
Um die Märchen, Sprichworte, Rätsel, Lieder und
Sprüche des litauischen Volkes auch denen zugänglich
zu machen, die des Litauischen nicht kundig sind,
habe ich mein litauisches Lesebuch ins Deutsche
übersetzt. Auch ist diese Übersetzung wol manchem
eine willkommene Beihilfe zum Verständnisse
schwieriger Stellen des litauischen Originals. Leider
muste ich in der Übersetzung gar manches weglaßen;
so vor allem den aufs Sexuelle bezüglichen Schmutz;
ferner manches wirklich Unübersetzbare, als Rätsel,
die aus lauter selbst den Litauern unverständlichen
Rätselworten bestehen; Sprichworte, die nur einem
zufälligen Gleichklang der Worte ihre Entstehung
danken, Dainas (Lieder), die ihre Wirkung nur durch
die in ihnen angewandten eigentümlich gebildeten
Worte haben. Ob ich, besonders in den Sprichworten,
die gröstentheils einem alten handschriftlichen Wörterbuche
entnommen sind, überall das Rechte getroffen,
wage ich nicht zu behaupten, obgleich ich mich
mit der litauischen Sprache wol vertraut gemacht und
überdieß bei zweifelhaften Stellen den Rat eines Eingeborenen
eingeholt habe. Ich gab mir Mühe, so treu
als möglich zu übersetzen und gab also oft den Reim
in den Sprichworten der Treue der Übertragung
wegen auf; ja ich setzte bisweilen da, wo sich die Begriffe
im Litauischen und Deutschen nicht decken, ein
Wort zur Erklärung bei, obwol ich weiß, daß das ein
schlechter Notbehelf ist. Wo ich nur die Wahl zwischen
weniger gutem Deutsch aber treuer und wörtlicher
Übertragung und einer fließenden aber freien
Übertragung hatte, zog ich die wörtliche Übersetzung
vor. Übrigens ist übersetzen nicht mein Fach, und ich
bitte deshalb den Leser um nachsichtige Beurteilung
etwa sich findender Schwächen; ich konnte und wollte
aber nicht die Übersetzung meiner unter Entbehrung
und Mühsal zusammen gebrachten Sammlung eines
Theiles der mündlich überlieferten Literatur des litauischen
Volkes fremden Händen überlaßen.
Eine Sammlung litauischer Märchen, Sprichworte
und Rätsel tritt hier zum ersten Male an das Licht.1
Dainas hat N e ß e l m a n n bereits in Fülle geboten,
deshalb gebe ich hier nur weniges, aber namentlich
das mythologisch wichtige und einiges bisher ungedruckte.
Von den von mir gesammelten Liedern stehen
einige schon bei Neßelmann, dem ich sie für seine
Sammlung mittheilte. Übrigens habe ich nicht alle
Lieder meiner Sammlung übersetzt, sondern nur die
bedeutenderen. Die Singweisen habe ich, leider nur zu
wenigen Liedern, selbst den Singenden nach geschrieben,
und ich kann für die Richtigkeit der Aufzeichnung
daher einstehen. Obwol die Dainas stets ein-
stimmig gesungen werden, so glaubte ich doch die
höchst eigentümlichen, ja bedeutenden Weisen dieser
Lieder durch Zugabe einer einfachen Klavierbegleitung
unserem Geschmacke zugänglicher zu machen;
durch die Noten, die ich der Melodie untergelegt,
suchte ich den Eindruck wieder zu geben, den die Lieder
auf mich machten, als ich sie singen hörte.
Sprichworte und sprichwörtliche Redensarten habe
ich hier nicht gesondert, weil solche Sonderung zwar
in den meisten Fällen leicht ist, in manchen aber auf
große Schwierigkeiten stößt. Geordnet sind sie alphabetisch
nach dem ersten in ihnen vorkommenden Substantiv
oder, wo dieses fehlt, nach dem Verbum; fehlt
auch dieses, nach den ersten Adjectiv. Eben so sind
die Rätsel nach ihren Auflösungen geordnet.
Die stets gereimten priamelähnlichen Sprüche,
deren man übrigens nur wenige findet, habe ich, ihrer
poetischen Form wegen, den Dainas angehängt,
obwol sie, so viel ich weiß, nicht gesungen werden.
Gerne hätte ich mehr Märchen mitgetheilt und zum
Theile Gewählteres und beßer Erzähltes geboten. Der
Reichtum der litauischen Nation an Märchen ist sehr
groß. Mancher Erzähler könnte einen ansehnlichen
Band voll dictieren. Diesen Schatz wüste ich gerne
gehoben und geborgen. Ich kenne einen zur Aufzeichnung
vollkommen befähigten Litauer, welcher gegen
eine angemeßene Geldentschädigung für Reisekosten,
Zeit und Mühe ein solches Unternehmen wol ausführte;
ich selbst aber bin nicht im Besitze der erforderlichen
Mittel.
Ich theile das von mir, theilweise mit Beihilfe Eingeborner,
Zusammengebrachte hier ohne Anmerkungen
mit. Das Gebiet der Sprachwißenschaft ist ein so
ausgedehntes, daß mich wol kein Vorwurf deswegen
treffen kann, weil ich mich darauf beschränke, dem
Forscher zuverläßiges Material in die Hände zu
geben.
Auf den Wunsch des geehrten Herrn Verlegers ist
diese Übersetzung mit sogenannter deutscher Schrift
und in einer von der meinigen abweichenden Orthographie
gedruckt worden. Den Herrn Verleger bedünkt
es nämlich wol nicht mit Unrecht, daß die von
mir befolgte Schreibweise (die dem neuhochdeutschen
angepaßte mittelhochdeutsche) der Verbreitung des
Buches hier und da im Wege stehen könne.
Herrn Dr. S c h a d e , welcher so freundlich war,
die sämmtlichen Correcturen mit seltener Genauigkeit
zu lesen, herzlichen Dank.
J e n a , im Sommer 1857.
August Schleicher.
Fußnoten
1 Norske Folkeeventyr af Asbjörnsen og Moe, 2.
Udg. Christiania 1852 bieten mehrere, bisweilen
schlagende Parallelen zu den litauischen Märchen.
Einzelne Züge des lit. Märchens vom Bartmännchen,
nämlich die Anzal der Drachenhäupter, das Stärkewaßer
u.a. finden sich wieder in Nro. 27 des angef. Werkes:
Soria Moria Slot; ähnlich verhält es sich mit dem
lit. Märchen von der schönen Königstochter gegenüber
von Nro. 19, Kari Træstak der norwegischen
Sammlung, ferner mit dem Märchen vom schlauen
Jungen und Nro. 34, Mestertyven; die Heilkraft der
Löwenmilch, von der im lit. Märchen von den Räubern
und der einem Drachen versprochenen Prinzessin
die Rede ist, wird auch erwähnt in Nro. 60 (58), det
blaae Baand; Nro. 44, Tommeliden beut jedoch,
außer dem Däumling selbst, kaum etwas dem litauischen
Märchen vom Däumling verwandtes. Dagegen
entsprechen sich mehr oder minder folgende: das lit.
Märchen vom faulen Mädchen und Nro. 13, de tre
Mostre; wer kann beßer lügen? und Nro. 39, Askeladden,
som fik Prindsessen til ad lögste sig; vom armen
Taglöhner, der sein Glück machte, und Nro. 7, om
Gutten, som gik til Nordenvinden og krævede Melet
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