Beile den Kopf ab und zog ihn hinein; so that sie mit
dem andern und so mit allen eilfen. Und wie der
zwölfte hinein kroch, da merkte er, daß es da so naß
sei; da zog er sich zurück und sie konnte ihm nicht
den ganzen Kopf abhauen, sondern nur die Hälfte,
und er lief davon. Nach nicht langer Zeit kam er zu
dem Mädchen auf Brautschau, aber sie wollte ihn
durchaus nicht. Als jedoch ihre Eltern sie nötigten, da
muste sie ihn nehmen. Wie sie mit ihm fuhr, ließ er
sich von ihr den Kopf absuchen; da fand sie, daß das
nur ein halber Kopf war, aber sie dachte doch nicht
daran, daß es jener Räuber sei. Als er mit ihr nach
Hause gekommen war, da ließ er sie Waßer in den
Keßel tragen. Es war eine alte Frau im Hause, die
fragte sie ›Wozu hab ich denn so viel Waßer zu tragen?‹
Die Frau sagte zu ihr ›Das, scheint mir, wird
für dich sein.‹ Und sie sagte weiter zu ihr ›Ich will dir
sagen, was du thun must. Wenn du zum Teiche hin
kommst, da lege du einem Pfale deine Kleider an und
lauf dann weg.‹ So geschah es. Jetzt ward dem Räuber
die Zeit lang, weil sie so lange nicht wieder kam,
und er lief schnell hin, um zu sehen, was sie so lange
mache; und wie er nahe herbei gekommen war, da sah
er, daß es ein Pfal sei. Da merkte er, daß da List im
Spiele und daß die Frau entlaufen sei. Sogleich setzte
er mit andern Räubern ihr nach, sie fanden sie jedoch
nicht. Wie sie durch einen Wald lief und jene hinter
ihr, da erstieg sie einen Baum und einer der Räuber
stach mit einer langen Pike in die Höhe und traf sie
zufällig in den Fuß. Das Blut floß, aber es war schon
Abends und man konnte sie nicht sehen, und einer der
Räuber sagte ›Ach, das regnet schön!‹ Da sie sie nicht
fanden, giengen sie wieder nach Hause. Zu Hause sah
der Räuber beim Spahnlichte, daß er ganz voll Blut
war und sagte ›So war die Kröte doch da!‹ Tags darauf
giengen sie wieder aus, sie zu suchen. Das Mädchen
war aber noch immer im Walde. Da sah sie
einen Wagen voll Baumrinde fahren und bat den
Menschen, der beim Wagen war, er möge sie unter
die Rinde kriechen laßen und mitnehmen; und er gabs
zu. Da kamen die Räuber und fragten den Menschen,
ob er hier kein Mädchen habe gehen sehen. Er sagte
›Nein;‹ sie aber glaubten es nicht und begannen selbst
die Rinde vom Wagen zu werfen bis auf die letzte
Schicht, die sie liegen ließen, indem sie dachten, daß
sie da doch nicht sein werde. Darauf giengen die Räuber
nach Hause und das Mädchen auch. Nach nicht
langer Zeit kam aber der Räuber wieder zu dem Mädchen;
jetzt wusten aber alle, was er für einer sei, und
sie brachten ihn um.
Von der schönen Königstochter.
Es war einmal ein König, der hatte eine sehr schöne
Gemahlin, die hatte um die Stirne herum die Sterne,
oben auf dem Kopfe die Sonne und am Hinterhaupte
den Mond; aber sie starb bald. Es hatte aber der
König eine eben so schöne Tochter, wie seine Frau
war. Und der König reiste rings umher, eine andere
Frau zu suchen, aber er fand keine so schöne wie
seine erste Frau, und deshalb wollte er seine eigene
Tochter heiraten; die aber wollte ihn nicht. Nun konnte
sie ihn aber nicht bewegen von ihr zu laßen; da gab
sie ihm auf, er solle ihr kaufen einen Läusemantel
(einen Mantel mit Läusefellen gefüttert), ein silbernes
Kleid, einen demantnen Ring und goldne Schuhe.
Und der König gab ihr alle diese Dinge. Der König
hatte aber auch eine alte Ausgedingerin (Altsitzerin).
Abends vor der Hochzeit fragte die Königstochter die
Alte, was sie jezt thun solle. Die riet ihr alles zusammen
zu packen und das Weite zu suchen; und so
gieng sie denn Nachts von dannen. Des Morgens
suchte der König sein Mädchen, fand es aber nicht
und fragte sein ganzes Gesinde ›Sahet ihr nicht, sahet
ihr denn nicht meine Braut?‹ Aber niemand konnte
ihm Auskunft geben. Als aber in jener Nacht die Königstochter
weg gieng, kam sie zu einem Fluße, und
da sollte sie ins Schiff steigen; der Ferge aber wollte
sie nicht fahren und sagte ›Wenn du nicht versprichst
mich zu nehmen, so ertränke ich dich zur Stelle.‹
Aber sie wollte den auch nicht. Da warf er sie aus
dem Schiffe und sie sprang ans Ufer des Waßers. Sie
gieng nun weiter, ohne zu wißen wohin; da kam sie
zu Steinen1 und sagte ›Ach, lieber Gott, wenn sich
doch hier eine Stube aufthäte!‹ Da that sich auch
wirklich eine Stube auf; in die gieng sie hinein, und
alles war da so, wie sie sich es nur gewünscht hatte.
Früh gieng sie sodann wieder heraus, ließ aber in der
Stube ihre prächtigen Kleider, und alles war wieder
Stein wie vor dem. Dann gieng sie in ein Gehöfte und
verdang sich bei der Frau vom Hause als Aschenbrödel.
Da war auch ihr Bruder, denn er war auch von
seinem Vater weg gegangen und war auf dem Gehöfte
als Schreiber, und er hatte einen Bedienten, und wenn
er seinem Bedienten hieß, er solle ihm Waßer oder
seine Stiefel bringen, da lief immer Aschenbrödel und
brachte es ihm, und so oft sie es ihm brachte, warf er
es ihr jedes Mal nach den Fersen. Darauf bat sie ihre
Herrin, sie möge sie doch hier und da ein Mal nach
Hause gehen laßen; sie gieng aber nicht nach Hause,
sondern zu jenen Steinen, und wenn sie in die Nähe
der Steine kam, da thaten sich die Steine wieder auf
und es war wieder eine Stube, und sie zog dann stets
ihre prächtigen Kleider an, und es kam alle Mal eine
Kutsche gefahren, in die setzte sie sich und fuhr in die
Kirche. Der Schreiber aber war auch in der Kirche,
und er sah dort das wunderschöne Mädchen und kam
deshalb den zweiten Sonntag wieder in die Kirche,
und das Mädchen war auch wieder da. Aber ihre Herrin
hatte ihr gesagt, sie müße eher nach Hause kommen
als der Schreiber. Eines Tages jedoch verspätete
sie sich, und da sie nicht mehr Zeit hatte ihre prächtigen
Kleider abzulegen, zog sie zu Hause Alltagskleider
über jene prächtigen an. Da ließ sie der Schreiber
durch den Bedienten rufen: sie solle kommen und ihm
den Kopf absuchen2, aber sie wollte nicht und sagte
›Man hat meiner bisher noch nie bedurft, und man bedarf
meiner auch jezt nicht.‹ Als aber der Bediente
zum zweiten und dritten Male sie rief, da muste sie
doch gehen. Wie sie ihm nun den Kopf absuchte, da
durchsuchte er ihre Kleider und kam bis zu jenem
Mantel. Und als er den Kopf von ihren Knien erhob,
da riß er ihr das Kopftuch vom Kopfe und erkannte
sogleich in ihr seine Schwester. Darauf verließen
beide das Gehöfte, aber niemand wuste, wohin sie
giengen.
Fußnoten
1 Die Erzählerin nennt ›Steine‹ was wir ›Felsen‹ nennen
würden. Eigentliche Felsen sind in Litauen nicht
vorhanden, wol aber gibt es große Massen erratischer
Blöcke, und diese hat wol die Erzählerin vor Augen.
2 Diese Liebeserweisung ist in den litauischen Märchen
die gewönliche Einleitung von Erkennungsscenen.
Vom trägen Mädchen.
Eine Frau hatte eine sehr faule Tochter, die zu keiner
Arbeit Lust hatte; da führte sie sie auf einen Kreuzweg
und auf dem Kreuzwege prügelte sie sie durch.
Da fuhr ein Herr des Weges daher, und das war ein
Edelmann, und er fragte, weshalb sie das Mädchen so
prügele. Sie sagte ›Herrchen, sie ist eine solche Arbeiterin,
ja sie kann uns das Moos von der Wand ab
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