spinnen.‹ Da sagte der Herr ›Ei da gib sie nur mir, ich
habe zu Hause genug zu spinnen.‹ Da sagte die Frau
›Nehmt sie nur mit, nehmt sie nur mit, ich will sie
nicht mehr.‹ Wie nun der Herr mit ihr nach Hause
kam, da stopfte er ihr den ersten Abend ein ganzes
Faß voll Werg1 und führte sie in eine Stube allein.
Jetzt ward es ihr angst: ›Spinnen mag ich nicht und
kann ich nicht.‹ Da kommen des Abends drei Laumes
daher und klopfen ans Fenster und das Mädchen ließ
sie schnell ein. Die Laumes sagten ›Wirst du uns auf
deine Hochzeit laden, so wollen wir dir heute Abend
spinnen helfen.‹ Schnell erwiderte sie ›Spinnt nur,
spinnt, ich werde euch laden.‹ Da spinnen denn die
Laumes den ersten Abend das ganze Faß leer: das
faule Mädchen schlief stets, die Laumes spannen. Am
Morgen kam der Herr nachsehen: das Mädchen das
schlief und die ganze Wand des Zimmers hieng voll
Gespinnst. Da ließ der Herr niemanden in das Zimmer
des Mädchens, damit sie recht ausschlafen könne
nach so großer Arbeit. Und den anderen Tag stopfte
er ihr ein eben so großes Faß voll Flachs. Die Laumes
erschienen wieder und es begab sich wie am ersten
Abende. Da hatte der Herr nichts mehr zu spinnen
und er sprach ›Jetzt will ich dich heiraten, da du eine
so vortreffliche Arbeiterin bist.‹ Den Tag vor der
Hochzeit sagte das Mädchen zum Herrn ›Ich muß
noch gehen meine drei Tanten einladen.‹ Und der Herr
ließ sie gehen. Als sie nun kamen und sich hinter den
Ofen setzten, da kam der Herr um sie an zu sehen und
als er sie sah in ihrer Häßlichkeit, da sagte er zu seinem
Mädchen ›Aber deine Tanten sind sehr unschön.‹
Und die eine Laume fragte er, weshalb sie solch lange
Nase habe. Sie erwiderte dem Herrn ›Herrchen, das
ist von dem starken Spinnen; wenn man immer spinnt
und der Kopf so nickt, da dehnt sich die Nase so stark
in die Länge.‹ Da fragte er die andere, weshalb sie so
dicke Lippen habe. Sie erwiderte dem Herrn ›Herrchen,
das ist von dem starken Spinnen; wenn man
immer spinnt und immer nezt, da werden die Lippen
so dick.‹ Da fragte er die dritte, weshalb sie einen so
ungefügen Steiß habe. Sie erwiderte dem Herrn ›Herrchen,
das ist von dem starken Spinnen; wenn man
immer spinnt und immer sitzt, da wird der Steiß so
ungefüge.‹ Da überkam ihn die Angst, seine Gemah-
lin könne vom Spinnen eben so häßlich werden, und
schnell warf er den Rocken in den Ofen.
Fußnoten
1 In Litauen Heede genannt, grober, schlechter
Flachs.
Vom schlauen Jungen.
Es waren einmal zwei Brüder; der eine, ein sehr reicher
Mann, war Kaufmann in der Stadt und kinderlos,
der andere aber war ein armer Teufel auf dem Lande
und der hatte drei Knaben, aber er war so arm, daß er
nicht einmal etwas zu eßen hatte. Da gedachte einst
der reiche seines armen Bruders, ließ sich die Pferde
vor den Schlitten spannen, denn es war zur Winterszeit,
packte für die drei Jungen der Reihe nach Kleider
ein und fuhr hin zu seinem Bruder. Als er hin gekommen,
hielt er vor der Thüre und sein Bruder kam
heraus in einem alten zerrißenen Pelze und beide begrüßten
sich freundlich und giengen in die Stube. Der
Reiche sagte ›Bruder, wo ist deine Frau?‹ »Ach, Bruder,
sie schämt sich hinter dem Ofen vor zu gehen; sie
hat nichts an zu ziehen und ist schon ganz halb
nackt.« ›Und wo sind deine Jungen?‹ »Die Jungen,
die sind in der Schule.« Indem sie mit einander redeten,
kamen die Kinder zum Eßen aus der Schule nach
Hause gelaufen und grüßten ihren Ohm freundlich.
Der Ohm hatte sein Wolgefallen an den Jungen und
ließ ihnen sogleich die Kleider bringen, die er ihnen
zu Hause hatte machen laßen, und wie sie angezogen
waren, da ließ er sie ein Ende mitfahren und es traf
sich, daß der Weg durch einen Wald führte, wo schö-
ne Bäume zu sehen waren. Im Fahren kamen sie an
dicke Eschenbäume. Da sagte der älteste von den
Knaben ›Ohm, das gäbe gute Tische!‹ Der Ohm sagte
»Na, mein Junge, willst du ein Tischler werden?« ›O
ja (sagte der Knabe) wenn nur mein Vater so viel aufbrächte,
um mich in die Lehre zu thun.‹ Der Ohm
nahm sein Journal1 und schrieb sich das auf. Sie fuhren
weiter und kamen an starke Eichen. Da sagte der
zweite ›Aber das wären herrliche Eichen für die Wagner.‹
Der Ohm sagte »Na, mein Junge, vielleicht
willst du ein Wagner werden?« ›O ja, (sagte der
Knabe) wenn nur mein Vater so viel aufbrächte, um
mich in die Lehre zu thun.‹ Der Ohm zog sein Journal
heraus und schrieb sichs auf. Sie fuhren noch ein
Ende und kamen an schöne und hohe Bäume; aber der
dritte sagte nichts. Der Ohm aber wartete darauf, ob
denn der auch etwas sagen würde. Da kamen sie an
ein solches Dickicht und verwachsenes Gestrüppe,
daß nicht einmal eine Mücke ihren Schnabel hätte
hinein stecken können; da sagte der jüngste ›Ohm, da
könnte man gut ein Schnippchen schlagen.‹ Der Ohm
denkt hin und her, aber er kann das Wort nicht verstehen
und er muß den Kleinen fragen, was das sei und
an was er denke. ›Ohm, (sagte der Junge) da könnten
sich Räuber gut verstecken.‹ Der Ohm sagte »Na,
vielleicht willst du gar unter die Räuber gehen?« ›O
ja, wenn ich nur dazu kommen könnte?‹ Der Ohm zog
sein Journal heraus und schrieb sich auch das auf. Sodann
kehrte er wieder zu seinem Bruder zurück.
Als er von seinem Bruder Abschied genommen,
fuhr er wieder nach Hause, und die Knaben seines
Bruders nahm er alle drei mit zu sich in die Stadt und
schickte sie in die Schule; nachher that er den einen
zu einem Tischler und den anderen zu einem Wagner
in die Lehre. Nicht weit von der Stadt aber war eine
Heide, und auf der Heide hielten sich Räuber auf; dort
hatten sie ihren Keller. Der Kaufmann aber war bekannt
mit den Räubern; wenn die anderen Kaufleute
aus der Stadt nach Waare fuhren, da gab er den Räubern
Kunde davon. Zu diesen Räubern that er den
dritten, und da sollte er das Räuberhandwerk lernen.
Als er schon eine Zeit lang dort gewesen, sah er bei
den Räubern großes Unrecht, indem sie die Leute,
wenn sie sie ausraubten, auch noch todt schlugen, und
er sagte einmal ›Brüder, das ist nichts; warum schlagt
ihr denn die Leute, die sind ja unschuldig; wenn ihr
ihnen die Waare abnehmet, raubt ihr ihnen alles was
sie haben, dann laßt doch die Leute laufen.‹ »Na da
machs doch so, wenn du so schlau bist,« sagten die
Räuber zu ihm. Als nun ein großer Wagen mit Waare
des Weges gefahren kam, da sagten sie »Geh und beraube
einmal den Wagen!« Der Junge sagte ›Ich
werde so viel rauben, als ich tragen kann, aber geht
auch ihr mit, damit wir alle etwas bekommen, ich
werde doch niemanden erschlagen.‹ Da hieng sich der
Junge fünf Pistolen um und gieng in das Dickicht am
Wege und wartete bis der Wagen kam. Wie der
Wagen nun kam, da spannte er drei Pistolen; der
Fuhrmann dachte ›Da sind wer weiß wie viele Räuber,‹
sprang vom Wagen, schnitt eiligst die Stränge
ab, entfloh mit den Pferden und ließ den Wagen im
Stiche. Da kamen die Räuber mit dem Jungen aus
dem Dickicht hervor, nahmen vom Wagen was ihnen
nur gefiel und trugen es in ihren Keller. Da sagte der
Kleine ›Na seht, Brüder, ist das nicht beßer als wenn
ihr die Leute ohne Not erschlagt?‹ Aber sie wurden
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