„Natürlich nicht.“
„Warum nicht?“
„Weil er sie schon kannte.“
„Und warum wollen Sie die Orte dann bestimmen?“ hatte Brewster irritiert gefragt.
„Um zu sehen, ob ich auch richtig liege“, hatte Ethan gemeint.
„Hast du richtig gelegen?“ fragte Fect.
„Natürlich.“
„Hat dich das in seinen Augen wieder verdächtig gemacht?“
„Natürlich!“
„Was hast du ihm gesagt?“
„Sonder Agent Brewster, wenn ich der Mörder wäre, würde ich dann nicht bewusst andere Orte auswählen?“
Fect runzelte die Stirn.
„Ich weiß nicht, würdest du?“
„Ich habe nicht die geringste Ahnung“, gab Cause zu. „Obwohl… wenn ich der Mörder wäre, würde ich wahrscheinlich versuchen, die Geschichte zu verändern. Wenn ich der Mörder wäre.“
„Würdest du mich dann auch umbringen?“
„Dich würde ich niemals umbringen!“
Sie strahlte.
„Hast du ihm auch gesagt, warum du nicht der Mörder sein kannst, der die Geschichte verändert?“
„Weil jede Veränderung in unserer Zentrale sofort angezeigt würde und man mich damit sofort gefunden hätte?“
„Ja.“
„Ja.“
„Hat ihn nicht überzeugt?“
„Es gibt nur eine Sache, die ihn wirklich überzeugen würde.“
„Und das wäre?“
„Ihn den Täter auf frischer Tat erwischen zu lassen.“
„Und das hast du vor?“
„Allerdings.“
Ethan sah auf seine Liste. 24 Tote. Alle sechs Jahre sechs Opfer. Er kannte sie alle, jedenfalls dem Namen nach. Er seufzte.
„Ich weiß, was du denkst“, meinte Fect und tätschelte seinen Arm.
„Du meinst, zum Ursprungsort dieser Mordreihe reisen und den Täter ausschalten, bevor er all diese Menschen tötet?“
„Sollte man Zeitmaschinen nicht für so was nutzen?“
„Möglich.“
„Warum tun wir es dann nicht?“
„Weil wir gesehen haben, was passiert, wenn wir es versuchen.“
Sie richtete sich auf uns seufzte.
„Allerdings.“
„Das ist also keine wirkliche Option.“
„Aber du hast eine andere?“
„Ich hoffe es.“
„Und die ist?“
„Mit ein paar Leuten sprechen.“
Fect erhob sich voller Energie.
„Worauf warten wir dann noch?“
Die erste Person, die sie trafen, war eine junge Frau namens Jane McIvers. Sie war etwa Mitte 40 und hatte langes, brünettes Haar.
„Dein Typ?“ fragte Fect amüsiert.
„In gewisser Weise schon“, gestand Ethan.
„In welcher Weise?“
„Lass dich überraschen.“ Er lächelte seine alte Freundin an, dann stolperte er und knallte ein wenig ungeschickt in Miss McIvers. Die sah ihn mehr als überrascht an. „Tschuldigung“, murmelte er und deutete auf Fect. „Sie hat mich geschubst.“
„Was?“ kam es nahezu gleichzeitig aus beiden Frauenmündern.
„Okay, das war meine Ungeschicklichkeit“, gab Ethan zu und deutete auf den nunmehr leeren Becher in der Hand der jungen Dame. „Und das da geht auch auf mein Konto, fürchte ich.“
„Mein Kaffee“, brachte sie überrascht heraus.
„Ist jetzt mein Kaffee“, korrigierte der Detective und deutete auf seinen nunmehr braunen Ärmel. „War er lecker?“
„Ähm…“
„Ich würde Ihnen ja meinen Arm anbieten, aber das hat für gewöhnlich eine andere Bedeutung – und würde vielleicht etwas merkwürdig wirken, wenn ich Sie auffordere, an meinem Ärmel zu nuckeln.“ Er blickte sie so unschuldig an, dass sie lachen musste. „Darf ich Ihnen einen neuen Kaffee besorgen?“
„Ach…“
„Das war eigentlich keine Frage, obwohl ich es so formuliert habe“, stellte Ethan klar und forderte sie auf, ihm ihren Becher zu geben. „Ich nehme an, da steht drauf, was drin war?“ Kaffeetrinken war im Laufe der Jahre immer komplizierter geworden und es gab Universitäten, die Diplome für richtiges Kaffeebestellen vergaben – jedenfalls hatte Ethan mal so was gehört.
„Es ist nur Kaffee mit Milch und Zucker“, sagte die Brünette.
„Der Klassiker“, lächelte der Polizist und sah sich nach dem Kaffeeladen um, von dem der Becher stammte. „Bin sofort wieder da“, sagte er, als er ihn ausfindig gemacht hatte. „Vielleicht lassen Sie sich in der Zwischenzeit von meiner Freundin langweilen?“
„Immer zu Diensten“, meinte Fect und salutierte, während sich Ethan auf den Weg machte. Als er kurze Zeit später wieder kam, schallte ihm bereits das Lachen der beiden Damen entgegen, die sich blendend zu verstehen schienen.
„Hier, Ihr Kaffee.“
„Danke.“
„Kann ich sonst noch was für Sie tun?“
„Ein Stück Kuchen vielleicht?“ schlug Fect vor.
„Da hätte ich auch früher dran denken können.“ Er reichte Miss McIvers ihren Becher – und zu deren Überraschung reichte er auch Fect einen.
„Du hast an mich gedacht?“
„Wie könnte ich dich jemals vergessen?“
McIvers sah die beiden an.
„Wie lange sind Sie schon zusammen?“
„Gar nicht“, meinte Ethan.
„Ist ein bisschen her“, meinte Elisabeth.
„Häh?“ meinte Jane.
Mit einem „Es ist kompliziert“ wischte der Detective alle weitere Fragen hinfort und fragte dann: „Ich hoffe, ich habe den richtigen Kaffee mitgebracht?“
McIvers nippte daran. Dann lächelte sie erfreut. „Der ist sogar besser als der, den ich eben hatte“, sagte sie und nahm einen langen, kräftigen Schluck, genoss ihn und seufzte glücklich. „So muss Kaffee sein. Vielleicht sollten Sie mir öfter über den Weg laufen.“
„Oder vielmehr in den Weg“, korrigierte Fect, die weniger Freude an ihrem Kaffee zu finden schien.
„Heißt das, dass ich Ihnen die Reinigung meines Hemds in Rechnung stellen kann?“ hoffte Ethan. Die Brünette sah ihn schief an. „Versuch war’s wert.“
Fect nickte ihr zu. „War nett, Sie kennenzulernen.“
„Ganz meinerseits“, meinte McIvers.
„Wobei mich ehrlich gesagt wundert, dass wir Ihnen hier das erste Mal begegnen.“
„Das wundert mich auch, immerhin wohne ich schon mein ganzes Leben lang hier.“
„Wirklich?“
„Wirklich!“
„Nie herumgezogen? Immer in dieser Stadt?“
„Ich bin hier nie rausgekommen.“
„Nichtmal für einen Urlaub?“
„Nichtmal das.“
„Das… tut mir wirklich leid!“ meinte Ethan.
„Danke für Ihr… Mitgefühl.“ McIvers, die nicht so ganz zu wissen schien, wie sie Ethan einordnen sollte, lächelte Fect noch einmal zu, dann setzte sie ihren Weg fort.
„Manchmal verstehe ich dich nicht“, seufzte die, nachdem die Brünette außer Hörweite war.
„Ich denke, das ging ihr genauso.“
„Und, hast du von diesem Zusammentreffen das bekommen, was du dir erhofft hast?“
„Ich denke schon.“
„Und jetzt?“
„Zieh ich mir n neues Hemd an – und behellige die nächste Frau!“
Ihr Name war Clara Behrens. Auch sie hatte die Vierzig knapp überschritten, aber sie trug ihre braune Mähne zu einem formschönen Dutt gebunden. Sie trafen sie in einem kleinen Schnellrestaurant auf Rädern in der Nähe des Strandes. Die Sonne schien und Mrs. Behrens schien Leben und Essen gleichermaßen zu genießen.
„Sie sollten die neue Sauce probieren“, schlug Ethan vor, als er sich mit Fect und einer großen Portion Pommes am Nebentisch niederließ.
„Bitte?“ Behrens sah überrascht auf.
Cause deutete auf ihren Teller mit Pommes Frittes. „Wenn Sie die Dinger mögen, sollten Sie die neue Sauce ausprobieren.“ Sein Finger zeigte auf eine kleine Flasche, die vor ihr auf dem Tisch stand. „Das ist verdammt gutes Zeug.“ Er griff nach der gleichen Flasche auf ihrem Tisch und begann, seine Pommes in der gelblichen Sauce zu ertränken. Fect schüttelte nur den Kopf und bemühte die Mayonnaise. Während sie noch dabei war, klang ein „Mmmm!“ vom Nachbartisch zu ihnen herüber.
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