„Können Sie ihm auch keine Falle stellen.“ Ethan lächelte. „Anders als wir.“
„Bitte?“
„ Wir wissen, wo er seine Leichen ablädt. Und wir wissen, wann er es macht.“
„Und wie soll das weiterhelfen?“ bellte Agent Brewster genervt.
„Sie haben das Prinzip einer Zeitmaschine noch immer nicht so richtig verstanden, oder?“
Fects Kopf hob sich. „Kann es sein, dass du versucht hast, den Täter zu identifizieren und man deshalb deine DNA gefunden hat?“
„So würde ich das auch interpretieren.“
„Sie haben…“
„Sie meint, ich werde . Ja, das ist in der Tat genau das, was ich vorhabe.“ Ethan sah Brewster an. „Und Sie sind sicher, dass er außer den Leichen nichts dagelassen hat?“
„Nein, dagelassen hat er nichts.“
„Aber?“
„Er hat etwas mitgenommen.“
„Mitgenommen?“
„Das nennt man eine Trophäe, glaub ich“, meldete sich Fect zu Wort. „Serienkiller nehmen gerne so eine Art Andenken mit, oder?“
„Ja.“
„Was hat er mitgenommen?“
„Die Zunge des Opfers.“
„Die…“ Ethan stockte. Manchmal fehlten selbst ihm die Worte. „Das heißt, wir müssen nur jemanden finden, der in seiner Wohnung 24 Zungen hat?“
„Ja“, nickte der Special Agent.
„Ganz ehrlich, wie schwer kann das sein?“
„Und?“ wollte Fect wissen.
„Es ist verdammt schwer!“ zischte Ethan und rieb sich den Staub von der Kleidung. Zusammen mit einem kleinen Einsatzkommando hatte er ein paar der Leichenfundorte unter die Lupe genommen. Nicht alle, nur ein paar der Orte. Da er wusste, dass er sich keine große Mühe zu geben brauchte, keine Spuren zu hinterlassen, tat er das auch nicht. Doch sie waren weniger da, um Spuren zu finden, als vielmehr den Täter bei der Arbeit zu beobachten. Sie versuchten es ein paar Mal – und sie hatten niemals Erfolg.
„Wo ist das Problem?“ fragte seine Chefin, die noch immer schmollte, weil sie nicht mit durfte.
„Das Problem ist, dass unser Serienkiller verdammt clever ist.“
„Wie clever?“
„Clever genug, um von Anfang an die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass wir das machen, was wir machen.“
„Könntest du dich vielleicht etwas kryptischer ausdrücken?“
„Ja, wenn’s dir hilft.“
„Du weißt schon, dass das ironisch gemeint war, oder?“
„Weiß ich – und kann ich, mach ich aber nicht.“ Ethan ließ sich ermattet auf einem der Stühle nieder, die es in der Zeitmaschinenkammer gab. „Er hat geahnt, dass irgendwann jemand versuchen würde, ihn auf die Weise zu finden, auf unsere Weise. Indem er aus der Zukunft kommt, weil er weiß, wann und wo der Täter seine Opfer hinterlegt. Er hat geahnt, dass ihn dabei jemand beobachten könnte.“
„Das… klingt nicht gut.“
„Nein. Auch wenn er selbst keine Zeitmaschine benutzt, da gibt es zumindest keine Hinweise drauf, hat er damit gerechnet – er hat mit verdammtnochmal allem gerechnet! Wir haben es mit Ferngläsern versucht, mit Sensoren, mit verfluchten Drohnen. Nichts davon hat funktioniert. Bei keinem der Tatorte. Sein Tarnanzug ist so gut, dass wir nichts erkennen können – und er hat sogar eine Art Tarnfahrzeug.“
„Verdammt!“
„In der Tat verdammt!“ seufzte der Detective. „Der Mistkerl taucht einfach auf, lädt sein Opfer ab und verschwindet wieder. Er hat Störsensoren, überall. Aber nicht die starken Dinger, die gleich die ganze Nachbarschaft lahm legen, sondern subtiles kleines Zeugs, das nichtmal als Störung gemessen wird.“ Cause zuckte die Schultern. „Der Dreckskerl hat das alles vorausgesehen. Ganz egal, was wir machen, auf die Weise kriegen wir ihn nicht.“
„Und wenn du…“
„Was? Die Geschichte änderst?“
„Und ihn verhaftest!“
„Streng genommen müsste ich dafür nichtmal die Geschichte verändern.“
„Ach nein?“
„Ach nein!“ Ethan grinste müde. „Wir müssten ihn nur verhaften, wenn er seine letzte Leiche abgelegt hat. Wir sacken ihn ein, sagen niemandem was davon und warten, bis Super Agent Brewster bei uns vorstellig wird.“
„Es heißt Special Agent, glaube ich. Und warum machst du das dann nicht?“
„Was meinst du, was wir eben versucht haben? Aber der Typ war schneller wieder weg, als wir ‚Sie sind verhaftet’ sagen konnten.“ Er winkte ab. „Und ja, ich hab’s auch mit erst schießen und dann Fragen stellen versucht. Hat nicht funktioniert.“
„Heißt das, du gibst dich geschlagen?“
„Nein. Ich muss nur einen Weg finden, den er nicht einkalkuliert hat… aber, na ja, eine gute Sache hat das Ganze wenigstens.“
„Und das wäre?“
„Ich habe Agent Brewster alle Spuren hinterlassen, die er braucht, um mich zu finden.“
Tagelang hockte Cause in einem kleinen Raum und betrachtete die Aufnahmen, die sie aus ihren Verstecken von dem Serienkiller hatten machen können. Viele waren es nicht und gut waren sie erst recht nicht. Er studierte intensiv die ebenfalls wenigen Informationen, die Agent Brewster ihnen zur Verfügung gestellt hatte. Und dann studierte er etwas anderes.
„Hat das mit dem Fall zu tun?“ fragte Fect, als sie das kleine Zimmer betrat, um ihm über die Schulter zu gucken.
„Möglicherweise.“
„Was ist das?“
Ethan sah auf und rieb sich seine müden Augen.
„Kennst du dich zufällig mit Strahlung aus?“
„Ein bisschen.“
„Ich suche nach einer Strahlung, die intensiv ist, aber nicht auffällt.“
„Oh, das ist…“
„Die kein Gewebe zerstört und auch nicht gefährlich ist – auch wenn das in diesem Fall keine große Rolle spielen dürfte.“
„Ich verstehe nicht.“
„Etwas, das man leicht finden kann, das lange hält, das man aber nur findet, wenn man speziell danach sucht – und das ansonsten ungefährlich ist.“
„Ah“, meinte Fect, „kein Problem, das Militär hat gerade so was erfunden.“
Der Detective seufzte.
„Sehr witzig.“
„Nein, das ist kein Scherz.“ Fect ließ sich neben ihm nieder und gab etwas in den Computer ein. In grüner Schrift erschien ein kleiner Text, der die neuste Errungenschaft im Bereich Strahlungsforschung anpries, auch wenn niemand sicher zu sein schien, wofür das eigentlich gut sein sollte. Und natürlich war es streng militärisch und streng geheim. „Hilft dir das weiter?“
Ethan grinste.
„Mehr als du denkst!“
„Wo wollen wir jetzt hin?“
„Uns mit ein paar Leuten unterhalten“, erklärte Ethan.
„Und da darf ich mit?“
„Aber sicher.“
„Und was ist mit Special Agent Brewster?“
„Der nicht.“
„Hat das einen Grund?“ fragte Fect, obwohl es ihr eigentlich ziemlich egal zu sein schien.
„Er ist keine so angenehme Gesellschaft.“
„Anders als ich?“
„Anders als du.“
Sie strahlte.
„Dabei hält er dich doch inzwischen für unschuldig.“
„Tut er das?“
„Er sollte“, seufzte der Captain, „immerhin war er bei all deinen Tatortbesichtigungen dabei.“
„Okay“, hatte Agent Brewster zugegeben, als sie den dritten Leichenfundort besucht hatten, „ich habe Sie die ganze Zeit im Auge behalten Detective Inspektor Cause, und ich habe den Killer gesehen – Sie können ja wohl nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.“
„Ich hätte sie schicken können“, hatte Ethan gemeint und auf Fect gedeutet, die sie im Zeitmaschinenraum erwartet hatte. Ihr Lächeln erstarb.
„Natürlich hab ich ihm nicht erklärt, dass es mir eine Zeitmaschine erlauben würde, sehr wohl gleichzeitig zweimal am selben Ort zu sein, denn wir wollen es ja nicht übertreiben.“
„Du hast ihn aber nicht die Orte aussuchen lassen.“
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