„Guter Einwand“, stimmte der Detective zu, „wir möchten hier ja keinen falschen Eindruck hinterlassen.“
„Wir?“ lachte Fect. „ Ich stehe nicht unter Verdacht.“ Ihr Lachen verschwand und sie sah den Special Agent an. „Oder?“
„Äh, nein, Sie stehen nicht unter Verdacht.“
Sie grinste ihren Freund mit leichter Schadenfreude an.
„Und du weißt auch, was das bedeutet?“ fragte der.
„Und was bedeutet das?“
„Dass ich dich nicht zu den Tatorten mitnehme!“
„Och Mönsch“, schmollte die Polizistin.
Der Agent tauschte jetzt seine Verwirrung gegen Verärgerung aus. „ Kann es sein, dass Sie diese Sache nicht ernst nehmen?“ schrie er angesäuert.
„Fragen Sie mich oder sie?“
„Ich frage…“
„Ist ja auch egal“, wiegelte Ethan ab. „Haben Sie sich schon mal überlegt, dass das hier eine geniale Falle von uns für Sie sein könnte?“
„Eine geniale… was?“
„Haben Sie also nicht“, schloss Cause. „Sehen Sie, Sie haben mich in Verdacht, aus Gründen, die zumindest zweifelhaft sind. Aber was, wenn ich eine Komplizin hätte? Meine verehrte Vorgesetzte und Freundin Captain Elisabeth Fect. Was, wenn wir seit 18 Jahren durch die Gegend ziehen und gemeinsam Leute abschlachten? Und wenn wir irgendwann die Vermutung hatten, dass uns so langsam selbst die lahmarschigen Schwachköpfe vom EBI auf die Spur kommen müssten? Was, wenn wir bis dahin pro Jahr nur 3 Leute ermordet haben, dann aber dachten: Hey, wir haben eine Zeitmaschine, verdoppeln wir die Zahl doch einfach.“
„Zum Beispiel, weil wir eine Wette verloren haben oder so was“, ergänzte Fect mit Freude an der Sache.
„Ja, genau“, fuhr Ethan, ob des Einwandes ein wenig irritiert, fort, „also reisen wir zurück, machen das halbe Dutzend voll und hinterlassen dann endlich auch mal ein paar Hinweise, die den ermittelnden…“
„Ermittler?“
„…hierher zu uns führen würden.“ Der Detectice lächelte. „Aber nur Spuren von mir , damit Sie sie nicht verdächtigen. Sie tappen in unsere Falle, wir lassen Sie verschwinden und dann setzen wir unsere Mordserie in sechs Jahren ohne weitere Unterbrechungen fort.“
„Nur, dass wir dann tatsächlich sechs Leute umbringen müssen, damit keiner merkt, dass wir die bei den anderen Fällen nur nachträglich…“
„Nachgereicht?“
„…haben“, lächelte Fect, während man Brewster ansehen konnte, dass er noch nicht ganz sicher war, ob er das alles richtig verstand und ob es an der Zeit war, Angst zu bekommen.
Ethan fiel noch etwas ein.
„Sie gehen also, wenn wir meine Theorie zugrunde legen wollen, davon aus, dass ich die Taten, bei denen keine Hinweise auf eine Zeitmaschine gefunden wurden, vor“, er rechnete nach, „sechs, 12 und 18 Jahren begangen habe?“
„Äh… ja.“
„Und das sind die Taten, die ich nach der Theorie bereits begangen habe , weil sie mein damaliges Ich begangen hat?!“
„Ja.“
„Und das sind die Taten, bei denen Sie keine Spuren gefunden haben?!“
Wieder nickte der Special Agent. „Ja.“
„Dann erklären Sie mir mal, warum ich bei meinen bereits begangenen Taten keine Spuren hinterlassen habe, bei denen, die ich aber noch begehen müsste, schon?“
„Was?“
„Andersrum wäre es doch sinnvoller. Ich versiebe meine ersten Taten, bei denen mir noch niemand auf der Spur ist, aber ich lerne dazu und hinterlasse bei späteren Taten keine Spuren. Schon, weil wir darüber gesprochen haben. Aber, wie Sie es nun darstellen, habe ich alle Taten, bevor wir uns getroffen haben, perfekt und ohne Spuren begangen, aber die noch folgenden nicht. Das klingt… irgendwie idiotisch, wenn Sie mich fragen.“
„Das wird er nicht“, warf Fect ein.
„Was?“
„Dich fragen.“
„Stimmt“, stimmte Ethan zu, „es war mehr ein rhetorisches ‚Wenn Sie mich fragen’.“
„Gibt es so was denn?“
„Jetzt schon.“
Die beiden sahen den Agenten an. Seine Vorstellungskraft schien langsam an ihre Grenzen zu gelangen. „Äh…“
„Lassen Sie sich Zeit“, meinte Ethan und lehnte sich zurück.
Agent Brewster dachte darüber nach. Er sah von Cause zu Fect und wieder zu Cause.
„Sie müssen schon allein drauf kommen“, sagte der.
„Sie meinen… da Sie Ihre anderen Taten schon begangen hätten… bei denen man keine Spuren gefunden hat…“
„Die liegen zeitlich zurück. In meiner Vergangenheit. Sind schon geschehen.“
„Dann… hätten Sie da eher Fehler gemacht als bei denen mit der Zeitmaschine.“
„Wäre zumindest logisch.“ Der Detective lächelte. „Zu welcher Schlussfolgerung sollte Sie das bringen?“
„Dass… dass…“
„Ihre Angst war, dass ich die Untersuchung irgendwie dadurch verändern könnte, dass ich zuviel über Ihre Ermittlungen erfahre?!“
„Äh… ja.“
„Ist es dafür in den genannten Fällen dann nicht schon zu spät?“
Agent Brewster seufzte. „Sie wollen also sagen, dass Sie… die geschehenen Morde nicht beeinflussen können, weil die schon begangen wurden und Sie – oder wer auch immer – keine Spuren hinterlassen hat?!“
„Sowas in der Art.“ Er sparte sich, auf die Variante einzugehen, dass ein kluger Killer in der Zeit zurückreisen und seinem jüngeren Ich ein paar Tipps geben könnte, denn die Sache war auch so schon verwirrend genug. „Können wir dann also mal rein zum Spaß annehmen, dass ich es nicht war?“
„Okay“, meinte der Special Agent nach einer kleinen Pause.
„Gut.“ Ethan kam ein Gedanke. „Haben Sie an den verunreinigten Tatorten außer Zeitreiseaktivitäten und meiner DNA noch irgendwas gefunden?“
Brewster schüttelte den Kopf.
„Waren Spuren von mir an den anderen Tatorten?“
Erneutes Kopfschütteln.
„Okay, das bringt uns dann zu den Morden. Warum zum Teufel haben Sie keinerlei Spuren gefunden?“
„Weil der Täter sehr behutsam vorgegangen ist.“
„Behutsam? Heißt das, er hat das Opfer sanft in den Schlaf gesungen?“
„Oh, nicht behutsam dem Opfer gegenüber?“ Der Beamte schüttelte angewidert den Kopf. „Die mussten… Aber behutsam, was den Tatort angeht. Wobei Tatort eigentlich nicht ganz zutreffend ist.“
Cause seufzte. „Was darf ich mir unter ‚nicht ganz’ vorstellen?“
„Gar nicht.“
Der Detective verdrehte die Augen. „Und was heißt das nun wieder?“
„Wir haben den oder die Tatorte nie gefunden.“
„Und die Leichen wurden Ihnen mit der Post geschickt?“
„Nein, wir haben nur die Leichen gefunden. Ich habe von Tatorten gesprochen, obwohl eigentlich die Leichenfundorte gemeint waren.“
„Und wären Sie ein wirklich guter Verhörexperte und ich ein wenig cleverer Serienkiller, hätte ich mich dann nicht bereits verraten können, indem ich Sie auf diesen kleinen Fehler hingewiesen hätte?“
„Vielleicht sind Sie einfach ein besonders cleverer Serienkiller.“
„Kann man nie wissen“, stimmte Ethan zu. „Also Sie haben nur die Leichen gefunden. Wie? Wo?“
„In kleinen Parks. Tot.“
„Wie sind sie gestorben?“
„Der Mörder hat sie langsam ausbluten lassen.“
„Wie langsam?“
„Über den Zeitraum von etwa zwei Tagen.“
„Oh“, murmelte Fect.
„Und dann?“
„Hat er sie in den Parks deponiert.“
„Ohne Spuren zu hinterlassen?“
„Das ist richtig.“
„Und wie, mein lieber Kollege, soll das bitte möglich sein?“
Nun war es an Agent Brewster, den Polizeit-Detective von oben herab anzusehen. „Indem er einen Beta-T-Stealth-Anzug benutzt. Und einen tragbaren De-Gen-Generator. Mit dem hat er alle seine Spuren entfernt – und damit jede Möglichkeit, ihn zu identifizieren. Und durch den Tarnanzug kann er auf soviel Überwachungsanlagen auftauchen wie er will, wir haben keine Möglichkeit, herauszufinden, wer er ist. Und da wir nicht wissen, wo er seine Leichen deponiert…“
Читать дальше