„René, es war nichts und es wird nichts werden !“
Gute Worte, sehr gute Worte! Das Problem war, dass sie sich da selbst nicht so ganz sicher zu sein schien.
„Myriam!“ Er nahm ihre Hand. „Es war... meine Schuld!“
Er erhob sich, um sich noch einen guten Abgang zu verschaffen und sie ihren Gedanken zu überlassen. Ich war für ihn weiterhin Luft, aber nicht die, die er atmen wollte, das war sie.
„Wenn es dir recht ist, komme ich morgen mal vorbei!“
Damit ging er. Ich war mir nicht sicher, ob es ihr recht war, aber ich weiß, wie meine Antwort ausgefallen wäre, hätte er mich gefragt. Hatte er aber nicht. Würde er auch nicht.
Was mich betraf, mein Glücksgefühl hatte sich verabschiedet, seinen Mantel genommen und wartete bestimmt schon draußen auf die nächste Straßenbahn (ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich mein Glücksgefühl ein Taxi leisten konnte).
Der Rest des Abends verlief kurz und kühl: Ich brachte sie nach Hause, sie sagte, sie müsse noch über einiges nachdenken, wobei sie mich so ansah, als wäre ich mit darunter, aber nicht an erster Stelle. Ich machte mich auf den Weg nach Hause und fühlte mich, als hätte es mich den ganzen Tag über voll geregnet!
Ich saß in meinem Büro, starrte die Wand an und fühlte mich leer. Ich war wirklich ein Glückspilz, ein ausgesprochener Glückspilz. Der rosane Nebel hatte sich verzogen und auf den Straßen der Stadt fand man die Leichen, allesamt der Opfer der Liebe. Die Hoffnung lag dort, die Kehle aufgeschlitzt und ausgeblutet. Nicht weit davon fand man die Freude, die man langsam und qualvoll erwürgt hatte. Einen Block weiter lag ein strahlendes Lächeln im Rinnstein, das man bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt hatte, was übrig blieb war eine zynische Fratze.
Das Telefon begann zu klingeln, lustlos griff ich danach.
„Detektei Sneyder“, murmelte ich und man konnte meiner Stimme anhören, dass ich mich in einer Laune befand, in der Attila der Hunne mit Köpfen Polo gespielt hätte, hätte er das Spiel gekannt.
„Sneyder, hier ist Myriam.“ Salz auf meine Wunden! Ihre Stimme klang aufgeregt, wie mir unter meiner enttäuschten Oberfläche mein professioneller Verstand sagte. Vielleicht war ihr Bruder wieder weggelaufen oder sie suchte ihre Wohnung auf der Princess Street!
„Was kann ich für dich tun?“ Es klang nicht sonderlich freundlich, das sollte es aber auch nicht.
„Es ist etwas Schreckliches passiert!“ Also doch ihr Bruder, nicht, dass ich erwartet hätte, sie wollte mir sagen, dass sie festgestellt habe, sich in mich verliebt zu haben...
„Geht es um deinen Bruder?“
„Nein. Erinnerst du dich an den Mann, der gestern Abend an unseren Tisch gekommen ist?“
Wie hätte ich den vergessen können?
„Dieser René?!“
„Ja. Er ist ermordet worden!“
Ich tat das, was die Polizei in der einschlägigen Literatur auf den Tod nicht ausstehen konnte: ich erschien am Tatort.
„Sneyder!“ Ich zeigte meine Lizenz. „Meine Klientin, äh, Fräulein Burns hat mich hergerufen!“ Es war die einzige Möglichkeit, mich in die Sache einzumischen, indem sie meine Klientin wurde. Ob das nun eine wirklich gute Idee war, stand auf einem anderen Blatt.
„Sneyder?“ Hauptkommissar Becker trat auf mich zu. „Wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen?“
„Muß ne Ewigkeit her sein. Hallo!“ Becker hatte schon meinen Vater gekannt und seit dessen Unfall betrachtete er mich als eine Art Schützling, was hilfreich war, wenn man mit der Polizei in Mordsachen zu tun hatte… was bei mir jedoch ausgesprochen selten vorkam.
„Deine Klientin?“
Er deutete auf Myriam, die aufgeweicht in einer Ecke herumstand.
Ich nickte.
„Hübsch“, meinte er.
Ich zuckte mit den Schultern. Was sollte ich ihm dazu sagen? Also wurde ich professionell.
„Was ist denn los?“
„Sieht nach Mord aus. Komm mit.“
Becker führte mich auf die Toilette des Toten. Dort drin steckte er, den Kopf über und hatte seine letzte Spülung bekommen.
„Wahrscheinlich ertrunken. Mit Sicherheit kein Selbstmord!“
„Vielleicht wollte er besonders originell sein?“
Becker lachte. „Du bist noch schlimmer als dein Vater! Nein, ich würde sagen, Selbstmord können wir definitiv ausschließen. Was willst du hier überhaupt?“
„Ich habe keine Ahnung. Steht Fräulein Burns unter Tatverdacht?“
„Sie hat die Leiche gefunden.“
„Hat sie die Kraft, einen ausgewachsenen Mann in die Toilettenschüssel zu drücken und so lange zu spülen, bis Dauerwelle und Lunge aufgeweicht sind?“ fragte ich.
Becker überlegte.
„War er betrunken?“ Ich deutete auf den Toten. „Ich denke, wenn er es nicht war, können wir sie als Tatverdächtige definitiv ausschließen.“
Becker lächelte. „Warum arbeitest du nicht für uns?“
„Weil das meinem Vater das Herz gebrochen hätte! Kann ich sie mitnehmen?“
„Natürlich, natürlich. Wir lassen dich dann wissen, ob du in ihrem Interesse ermitteln solltest.“
Ich wollte gehen, dann blieb ich stehen. „Wie ist sie rein gekommen?“ Es interessierte mich mehr persönlich als beruflich.
„Die Tür war aufgebrochen.“
„Mal ehrlich, sieht dieses Mädchen so aus, als würde es Türen aufbrechen?“
„Sneyder, man soll...“
„Sieht sie so aus, als hätte sie das nötig , um in eine Wohnung hereinzukommen?“ formulierte ich meine Frage um.
„Könnte ja immerhin ein Trick sein.“
„Was hat sie dir sonst erzählt?“
„Dass sie mit ihm sprechen wollte, weil sie... etwas klären wollte. Wohl gefühlsmäßiges Zeug. Er hat ihr scheinbar gestern Abend gesagt, er wollte sie heute besuchen und da wollte sie ihm zuvorkommen. Wahrscheinlich wollte sie ihn nicht in ihrer Wohnung haben.“
„Wieso?“
„Vielleicht mochte sie ihn nicht?“ Becker hob die Schultern. „Vielleicht hat sie ja inzwischen einen anderen!“
„Aha.“ Ich nickte, wenig überzeugt. „Wurde irgendwas gestohlen?“
„Sieht nicht so aus.“
„Was meinst du, hat ihn ihr neuer Verehrer aus dem Weg gespült?“ fragte ich ihn und hob eine Braue.
Becker dachte einen Moment darüber nach. Dann meinte er: „Möglich!“
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