Den Mund gespitzt, beginnt sie ein Lied zu pfeifen, versucht es sogar zu singen. Überall hört sie dieses Lied, auf den Schulhöfen, in den Straßenbahnen, dieser Schlager dreht sich wie ein aufdringlicher Wurm im Ohr.
Zu Hause angekommen lässt sie laut die Tür ins Schloss fallen, sieht in die Küche, ist erstaunt, dass Paul schon auf dem Stuhl sitzt.
"Ach, du bist schon zu Hause?"
Er antwortet nicht, gibt ihr stattdessen einen Kuss auf den Mund, hält sie lange im Arm, streicht ihr über das Gesicht, beginnt zu lächeln, und sie meint, jetzt müsse einer seiner fidelen Scherze kommen, die er manchmal von sich gibt, er wirft ihr aber nur diesen berauschenden Blick zu, den sie so mag. Dabei drückt er ihren Oberkörper so fest an sich, dass ihr für Sekunden die Luft wegbleibt und sie Atemprobleme bekommt.
"He, ich ersticke gleich, du drückst mir die Luft ab."
Als sie wieder normal atmen kann, entdeckt sie in seinem Gesicht etwas Nachdenkliches, Zögerliches. Und sie versteht nicht, warum er plötzlich so seltsam schaut, betrachtet stattdessen seine frisch gewaschenen Haare, die verwegen aussehen, genauso wie die Bartstoppeln an seinem Kinn. Behutsam berührt sie seinen Arm, streicht ihm über das Gesicht, doch er reagiert nicht. Sie versucht es mit der Frage "hast du Hunger?", die er normalerweise prompt beantwortet und sofort eine gepflegte Konversation in Gang setzt, aber auch das tut er nicht. Seine Augen stur auf den Fußboden gerichtet, sieht er aus, als wäre ihm gerade eine riesige Laus über die Leber gelaufen. In der Küche ist es so eng, dass ihre Brüste beim Vorbeigehen seinen Arm streifen. Diese Berührung empfindet sie wie einen Stromstoß, der ihr durch den Körper zuckt. Er bemerkt es, bleibt stehen, hält sie fest, betrachtet ihre glänzenden Haare, überlegt sich, ob er sie küssen soll. Doch er tut es nicht, wirkt noch immer nachdenklich, nimmt die Gabel, schaut krampfhaft nach unten, beginnt, auf dem Teller herumzustochern.
"Du bist ein sehr hübsches Mädchen", sagt er, die Augen noch immer stur auf den Teller gerichtet. Obwohl sie seine Worte in sich aufsaugt, machen sie sie verlegen.
"Warum hast du keinen Hunger?", fragt er, schneidet sich ein Stück Blutwurst ab, das er, wie zu einem Meisterwerk geformt, auf den Apfelbrei und die Pellkartoffeln legt. Interessant! So könnten die expressionistischen Kunstwerke aussehen, die die Lehrerin heute, wenn auch nur sehr kurz und im Flüsterton, erwähnt hat. Doch sie kann sich unter Expressionismus überhaupt nichts vorstellen, betrachtet stattdessen die Pellkartoffeln, den Apfelbrei und die wie zu einem dicken Wurm gerollte Blutwurst.
Als er aufsteht, gibt er ihr einen Kuss auf die Wange, erklärt, er müsse sich hinlegen, sei todmüde, und kurz darauf hört sie sein lautes Schnarchen. Erschöpft von einem anstrengenden Tag, zupft sie sich das Kopfkissen zurecht und hat wieder diese Schmetterlinge im Bauch. So lässt sie den Abend langsam ausklingen, sieht leere Gläser, bekleckerte Teller stehen, denkt an die Hausaufgaben, die sie noch immer nicht gemacht hat und löscht das Licht der kleinen Nachttischlampe, überdenkt noch einmal den heutigen Tag.
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