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Scotts Gemütszustand wechselte immer häufiger zwischen Euphorie und Depression hin und her. Das war eine Folge seines Kokainkonsums. Doch er wollte diese Nebenwirkungen nicht wahr haben.
Ich versuchte ihm zu helfen durch gesundes Essen, Sport, mehr Schlaf als sonst und natürlich intensives, aber nicht zu hartes gemeinsames Lernen für die bevorstehenden Prüfungen. Dennoch besserte sich sein Zustand nicht. Im Gegenteil.
Meine Vermutung war, dass er bereits süchtig war und nicht mehr ohne eine tägliche Dosis seiner Droge auskam. Als ihm dann kurz vor der Abschlussprüfung das Kokain ausging, sah ich mich in meiner Einschätzung bestätigt und machte mir sehr große Sorgen um ihn, aber auch um unsere gemeinsame Zukunft.
Als er sich auf den Weg zu Harry machen wollte, begannen bereits die ersten Schwierigkeiten. „Susan“, fragte er mich fast beiläufig, als er nach seinen Autoschlüsseln suchte, „kannst Du mir Geld geben für meine Drogen?“
Überrascht und erstaunt, dass er mich um Geld bat, fragte ich: „Wieviel brauchst Du denn?“ Seufzend antwortete er, „alles was Du hast.“ „Alles? Mein ganzes gespartes Geld für mein erstes eigenes Auto?“, fragte ich geschockt. Er nickte. „Ja, meine Eltern haben irgendwie erfahren, dass ich Drogen nehme und mir das monatliche Studentengeld auf das Nötigste zusammen gestrichen.“
Ich schluckte. „Die Sache wird jetzt richtig ernst“, bemerkte ich geschockt. Er nickte. „Gibst Du mir Dein Geld?“ Zustimmend und sehr traurig, holte ich all meine Ersparnisse aus einem Schuhkarton ganz unten in meinem Kleiderschrank. „Hier. Das sind 3.000 Dollar.“ Er nickte, nahm das Geld und gab mir einen Kuss.
Während er mein Zimmer verließ und sich beeilte zu seinem Drogendealer Harry zu fahren, machten sich in mir große Befürchtungen breit. „ Harry ist ein Schlitzohr. Hoffentlich reichen die 3.000 Dollar, damit Scott eine ausreichende Menge Kokain bekommt. Sonst schafft er es vielleicht nicht, die so scheiß wichtige Abschlussprüfung zu bestehen .“
Unzufrieden mit der ganzen Situation, fluchte ich innerlich. Wütend über mich selber, weil ich seine Drogensucht nicht früher erkannt hatte, gab ich mir eine Mitschuld an unserer Situation.
Ich ging immer noch grübelnd und fieberhaft nach einer Lösung suchend durch mein Zimmer, als Scott plötzlich hineinstürzte.
„Ist das wahr? Hast Du mit Harry geschlafen?“ sprudelte es nur so aus ihm heraus. Seine Stimme klang hart und sehr wütend. Erschrocken schloss ich erst einmal die Tür hinter ihm, damit nicht jeder auf diesem Stockwerk mitbekam, worüber wir uns unterhielten.
Scott sah mich erbost an und wartete ungeduldig auf eine Antwort. Ich sah ihn traurig an und erklärte meine Sicht der Dinge. „Nein, ich habe nicht mit Harry geschlafen.“ Scott atmete erleichtert auf. Doch sein Gesicht verfinsterte sich wieder als ich weitersprach.
„Harry hat mich vergewaltigt.“ „Susan, nein. Wie konnte das geschehen? Warum ist es dazu gekommen? Hast Du ihn angezeigt?“ Ich schluckte. Scotts Worte drückten sein Unverständnis, aber auch seinen Schmerz über das was geschehen war aus.
Kopfschüttelnd antwortete ich ihm. „Ich weiß nicht warum es passiert ist. Ich habe ihn nicht provoziert oder beleidigt, ganz im Gegenteil. Aber er sah mich als eine reiche Göre an und wollte die Gelegenheit, die sich ihm bot nutzen. Außerdem vermute ich, dass er die Rechtslage wohl kennt.“
Scott sah mich sehr traurig an. Sein Gesicht zeigte deutlich den Schmerz und die Wut, die er empfand. „Was meinst Du mit Rechtslage?“ fragte er mich irritiert.
„Na, Du hast doch eben gefragt, ob ich die Vergewaltigung angezeigt hätte.“ Er nickte. Seufzend erklärte ich ihm was ich meinte. „Ich habe keine Anzeige erstattet. Im ersten Moment wollte ich das natürlich. Aber die Situation spricht für Harry.“ Scott legte seine Stirn in Falten und schaute mich grimmig an.
„Also, wenn ich Harry angezeigt hätte, dann wäre herausgekommen, dass ich für Dich Drogen besorgt habe. Sie hätten bei Dir einen Drogentest gemacht und Dich von der Teilnahme an den Prüfungen gesperrt. Eine Sperre hätten sie auch für mich ausgesprochen, da ich Dich wegen Deines Drogenkonsums nicht gemeldet habe, sondern Dich auch noch unterstützt habe.“
Er nickte resigniert. „Du hast Recht. Harry wäre mit einer Verwarnung davon gekommen, denn natürlich hätten wir nicht nachweisen können, dass die Drogen von ihm kamen.“ „Genau“, bestätigte ich ihm traurig und sah direkt in sein Gesicht.
Verzweifelt seufzend nahm er mich liebevoll in seine Arme. „Du bist eine viel bessere Anwältin als wie ich es je sein werde. Du hast sofort die juristischen Konsequenzen erfasst. Ich war viel zu verärgert, um klar denken zu können.“ Er küsste mich und umarmte mich inniger als zuvor.
„Du hast Dich mit Harry geprügelt und er hat Dir ein blaues Auge verpasst. Oh, Scott. Wozu auch das noch?“, rief ich nun und holte einen nassen Lappen, damit er sein Auge kühlen konnte.
„Susan, das ist nichts. In ein paar Tagen ist das wieder weg.“ Er versuchte seine sicherlich schmerzende Augenverletzung klein zu reden. „Aber was Harry Dir angetan hat, ist viel, viel schlimmer und nicht in ein paar Tagen geheilt.“ Seufzend bat er mich um Verzeihung.
„Oh, Susan. Es tut mir so leid. Hätte ich Dich nicht zu ihm geschickt, wäre es nicht passiert. Bitte verzeih mir.“ Ich nickte und schmiegte mich an ihn. Ich wollte jetzt nur noch seine Wärme und seine Zuneigung spüren. „Ich werde zusammen mit Dir schon darüber hinwegkommen“, bestätigte ich ihm meine Einschätzung der Lage.
Sanft strich er über meinen Rücken, dabei drückte er mich innig an sich. Ich genoss seine Zärtlichkeit sehr und war enttäuscht, als er abrupt damit aufhörte und in Tränen ausbrach.
„Scott, was ist denn plötzlich los mit Dir?“, fragte ich ihn entsetzt, denn ich hatte ihn noch nie weinen gesehen. Irritiert, aber auch geduldig wartete ich auf eine Antwort.
„Susan“, sagte er mit tränenerstickter Stimme, „ich verdiene eine so tolle Frau wie Dich nicht. Ich bin ein schlechter Student, weshalb ich auch nie ein guter Anwalt werde. Ich nehme Drogen und verschwende damit Dein mühsam gespartes Geld. Und zu allem Überfluss wirst Du, durch meine Schuld, auch noch von Harry vergewaltig.“
Ich nickte. „Es stimmt zwar, dass Du mir wirklich viel zugemutet hast. Aber ich bin eine Kämpfernatur. Ich schaffe das schon, wenn ich weiterhin Deine Liebe habe.“ Er sah mich zweifelnd an. Doch seine Tränen waren versiegt.
„Meinst Du wirklich?“ fragte er mit dünner, leicht zitternder Stimme. Ich nickte und versuchte ihm zumindest einen Teil der Schuld und des Schmerzes abzunehmen. „Ich liebe Dich, Scott. Wir können mit dieser Vergewaltigung leben. Wichtig ist nur das Du Deine Prüfung schaffst. Danach leben wir in einer kleinen Stadt, wo uns keiner kennt und wir nicht viel Geld brauchen. Du wirst Anwalt. Ich arbeite für irgendeine IT-Firma. Wir schaffen das. Ich liebe Dich.“
„Wirklich?“, fragte er ungläubig. Ich nickte heftig und sah ihn lächelnd an. „Auch wenn ich nie der brillante Staranwalt werde, den meine Eltern aus mir machen wollen?“ Ich nickte. „Ja, Scott auch dann.“ Er schüttelte immer noch zweifelnd seinen Kopf.
„Doch Scott. Du schaffst Deine Abschlussprüfung. Mit welchem Ergebnis ist mir völlig egal, Hauptsache Du bestehst.
Scott sah mich an. Er schien immer noch bedenken zu haben. „Aber meine Eltern werden unsere Entscheidung nicht akzeptieren. Auch wenn wir uns in irgendeiner Stadt verstecken. Sie werden uns suchen lassen und uns dann eine Strafpredigt halten, damit wir danach genau das tun was sie wollen.“ Er seufzte entmutigt.
„Na und. Wir brauchen ihr Geld nicht. Wenn wir unsere Prüfungen bestanden haben, dann sind wir frei. Können eigene Entscheidungen treffen und eigene Wege zu gehen.“ Doch meine Worte schienen ihn nicht zu überzeugen.
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