Lena verlangsamt ihre Schritte, zieht ihr Telefon aus der Handtasche und ruft ihren Boss, Oskar, an.
“Werft die Fotos weg, Boss! Die sind ja lächerlich. Wo habt ihr die denn her?” (lauscht) “Nein! Der schaut nach gar nichts aus. Null-Acht-Fünfzehn Normalo.”
Sie dreht sich in die Richtung, in der Theodor verschwunden ist, kopfschüttelnd.
“Jetzt sind Sie aber stur, Boss.”
Sie lauscht und grinst. “Wieso? Ist doch international, Boss . Sie machen ja auch auf Criminal Minds. Entschuldigung, aber darf ich noch mal betonen, dass das nicht mein Job sein kann?! Das gehört in die Abteilung ...” Sie wird wieder unterbrochen, lauscht ihrem Boss einige Momente und schnaubt dann, mit bitterer Ironie.
“Oder Paparazzi könnte man engagieren.” (Seufzt.) “Wie Sie wollen. Aber danach hätte ich gern ein paar Wochen Innendienst, von mir aus im Archiv.”
Sie legt auf und geht missmutig weiter, schaut sich verlegen um, aber niemand scheint sie beobachtet zu haben.
Lena flaniert durch die Ortschaft und erreicht den Rand der Siedlung. Felder erstrecken sich vor ihr, ein großer Parkplatz vor der Ortskirche und einem modernen Einkaufszentrum und gleich daneben ein Hain mit dem Wanderweg, der in den etwas weiter entfernt gelegenen Wald hinter einem Hügel führt.
Lena setzt sich auf eine Parkbank und beobachtet, wie Theodor hinter der Kirche heran geschlendert kommt und eine Bushaltestelle erreicht, gerade als der Bus einfährt. Lena springt in eine Reflex auf, merkt, dass sie sich verdächtig verhält und tut so, als würde sie nach ihren Zigaretten suchen, findet das Packet, steckt sich eine Zigarette an und wendet sich dem Einkaufszentrum zu, während sie heimlich beobachtet, wie der Bus abfährt. Theodor ist eingestiegen und fährt mit.
Sie verengt ärgerlich die Augen, während sie dem Bus Zigarettenrauch nachbläst.
Lena sitzt auf ihrem Bett und schreibt am Laptop, schaut immer wieder auf, sinnierend.
Sie nimmt eine Digital-Photokamera aus einer Lade und schaltet sie zögerlich ein, als koste es sie große Überwindung.
Vor einem Installateurs-Schaufenster stehend, beobachtet Lena aus einiger Entfernung, wie Theodor die Pension “Friedensbach” hinter der Kirche verlässt. Sie spielt mit ihrer kleinen Digitalkamera, geniert sich aber, sie zu benutzen, als Passanten vorübergehen. Sie murmelt, “Ja, ihr habt Recht, ich bin keine Touristin. Scheiße.”
Sie verstaut die Kamera in ihrer Tasche und folgt Theodor.
In Jeans, dickem Herbstsakko und blauem Schal, eilt Theodor eine Gasse entlang, in Richtung Zentrum der Ortschaft, telefonierend, und er bleibt stehen, schaut sich um, gestikulierend. Lena, die in einiger Entfernung hinter ihm geht, wie immer ihren Parka tragend, mit einem bunten Halstuch, wendet sich einer Gasse zu und gibt vor, etwas in ihrer Tasche zu suchen, heimlich fluchend. Ungeschickt macht sie ihre Kamera schussbereit. Theodor wendet sich ab, und Lena macht schnell ein Foto von ihm. Er geht weiter, gelassen telefonierend, lachend, mit schwungvollen Gesten und verschwindet um eine Ecke.
Lena schaut sich verlegen um, holt tief Luft und geht davon. “Ihr könnt mich alle mal.”
In einem beginnenden Herbststurm wandert Theodor, in Jeans und Anorak, in einem kleinen, menschenleeren Park umher und schaut in Büsche und auf Bäume, ins Gras und in den winzigen schlammigen Teich. Blätter wehen ihm um die Ohren, aber er scheint voll bei der Sache zu sein und bleibt immer wieder stehen, Ausschau haltend.
Lena geht den Gehsteig entlang um den Park herum, Theodor im Auge, in ihren Parka gehüllt, ihr Haar vom Wind völlig zerzaust. Sie schüttelt den Kopf über Theodor und nimmt ihre Kamera aus der Tasche.
“Damit das ein Ende hat.”
Passanten biegen auf den Gehsteig ein und kommen Lena entgegen. Sie schiebt die Kamera wieder zurück in die Tasche, verlegen und biegt auf einen Seitenweg in den Park ein.
In einem dichten Gebüsch verharrend, beobachtet sie Theodor, der beim Teich hockt und mit einem Stock im Schilf herumstochert, seine Kamera gezückt.
Lena schaut sich hektisch um, zückt die Kamera - und als sie in den Sucher schaut, findet sie Theodor nicht gleich. Sie dreht sich mit der Kamera, und als Theodor im Sucher auftaucht, zielt auch er gerade mit seiner Kamera in Lenas Richtung. Sie stößt einen kurzen Überraschungsquietscher aus, zuckt zusammen, hält aber die Kamera weiter vor ihr Gesicht, um sich vor ihm zu verbergen. Sie gibt vor, die schwingenden Zweige einer Platane im Visier zu haben und dreht sich langsam fort, nach der perfekten Aufnahme suchend, bis sie mit dem Rücken zu Theodor steht. Dann geht sie langsam in Richtung Straße, mühsam beherrscht.
Ihr Telefon läutet in der Tasche, und sie zuckt wieder zusammen, fischt das Telefon heraus, ärgerlich murmelnd.
“Sehr professionell. Bravo.” Sie hebt das Telefon ab. “Super, Boss, ganz tolles Timing!” (lauscht, spricht bitter sarkastisch) “Solange Sie mich zu unsinnigen Observationen einteilen, sage ich Boss.
Boss ... ich weiß nicht, was an dem verdächtig sein soll. Welche Experten bestimmen das? Und übrigens ...” Sie sieht, wie Theodor den Park auf der anderen Seite verlässt. “Wollen Sie mich eigentlich verarschen?”
Sie lauscht und steckt die Kamera mit der anderen Hand wieder ein. “Ah. Wenn’s aber so wichtig ist, warum muss ausgerechnet ich dann ...” (lauscht, fährt ärgerlich fort) “... ich war noch nicht fertig.”
Sie hört Boss Oskar unwillig zu, und ihre Augen werden groß vor Entgeisterung; Sie steht stocksteif. “Was heißt, bitte, ich hätte nicht genug zu tun ? Ich bin doch ...”
Boss Oskar unterbricht sie wieder, und runzelt die Stirn und schaut unwillig Theodor nach, der in einer Gasse verschwindet, angelegentlich die Fotos betrachtend, die er offenbar gemacht hat.
Im Schein der Straßenlaternen hetzt Lena um eine Häuserecke und sieht gerade noch, wie Theodor am anderen Ende der Straße verschwindet. Fluchend folgt Lena ihm.
“Das ist das letzte Mal, ich schwör’s ...”
Im nächtlichen, kaum erleuchteten Park kauert Lena hinter einem Gebüsch und beobachtet Theodor, der nahe dem Teich hockt und vor sich hin murmelt. Er hantiert mit seiner Kamera und bewegt sich tiefer ins Dickicht am Teichufer.
Der Schein der Parklaternen erreicht Lena nicht, und auch Theodor verschwindet im Dunkeln.
Lena verharrt nervös und zückt ihre Kamera, schaut durch den Sucher; Sie kann aber nichts Genaues von dem, was Theodor macht, erkennen. Lena steckt ärgerlich die Kamera weg und überlegt.
Eilig schleicht aus ihrem Versteck Richtung Straße, entfernt sich einige Meter, zündet sich eine Zigarette an und marschiert dann hektisch den Parkweg entlang als habe sie es “eilig” ... und sie nähert sich der Stelle, wo Theodor im Gebüsch rumort.
Als sie auf Theodor’s Höhe ist, “bemerkt” sie ihn und erschrickt, stößt einen ängstlich-ärgerlich Ruf aus.
“Scheiße! Was machst du da, Perverser? Ich ruf’ die Bullen!”
Theodor erschrickt auch, äußert dann aber rasch ein zischendes “Psst!” und fuchtelt zu Lena hin, dass sie weg bleiben solle. Aufgebracht schnaubt Lena und zückt ihr Telefon.
“Was soll das ...?”
Theodor flüstert ihr eilig zu und gestikuliert, dass alles in Ordnung sei.
“Bitte! Einen Moment noch, ich hab’s gleich.”
Lena schnaubt noch mehr entrüstet und versucht heimlich zu sehen, was Theodor macht, während er sich abwendet.
“Was? Ich schreie, perverse Sau!”
Theodor winkt ihr heftig, dass sie wegbleiben solle ... Lena steht wie angewurzelt und zischt, hysterisch.
“Komm’ keinen Schritt näher! Ich rufe die Polizei!”
Sie drückt auf ihrem Telefon herum, hört dann ein klickendes Geräusch aus Theodor’s Richtung und stößt einen quiekenden Laut aus. Sie stolpert ein paar Schritte rückwärts, während Theodor aus dem Gebüsch hervor kommt.
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