„Das hört sich alles sehr gut an, aber was ist der Preis für eure Hilfe?“, fragte Jacobs, wissend das die nicht umsonst hier ihr Geld reinstecken werden.
„Gut, das du mich daran erinnerst, dass Wichtigste bei einem solchen Vertrag solltet ihr beide euch merken, Schnauze halten! Nichts von dem was wir uns hier besprechen, geht euch was an. Einfach nicht hinhören, ist dann schon die halbe Miete. Vielleicht, wenn alles gut läuft, ein geringes Endgeld für den Schutz deiner Gastwirtschaft!“ Jacobs erschrak, was das hieß, konnte er sich denken. Ohne Umschweif antwortete er: „Verzeiht, aber da muss ich mich erst mit meinem zukünftigen Partner beraten, denn der muss dann ja auch zustimmen!“
„Tu das“, antwortete der Bärtige. „Aber sage dem auch, wenn der nicht auf unseren Deal eingeht, kommen auch wir nicht mehr! Denk daran wie es war, bevor wir kamen. Ohne uns würdet ihr beide schon längst auf dem Arbeitsamt sitzen und um Hartz IV betteln!“
„Wie es auf dem Arbeitsmarkt aussieht, das muss ich dir ja nicht erst erzählen“, bestätigte Atze grinsend mit Nachdruck. Aber das musste ihm der Gangsterboss nicht erst unter die Nase reiben, jeder kannte die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Daher war es auch nicht verwunderlich, als Jacobs mit seinem Kellner zurückkam und den Plan, wenn auch widerwillig, annahm.
„Wenn wir das machen, möchte ich einen Vertrag haben, der die Höhe eurer Forderung festlegt. Sonst könnt ihr doch mit uns machen was ihr wollt und jedes Mal mehr verlangen!“
„Was willst du?“, lachte der vermutliche Gangsterboss. „Einen Vertrag, wie lange kennen wir uns schon?“ Seine Hand dem Besitzer der Kaschemme reichend, meinte der grinsend: „Schlag ein und der Deal ist perfekt!“ Jacobs zukünftiger Partner aber warnte: „Ohne Vertrag sind wir euch hilflos ausgeliefert, da mach ich nicht mit!“
Grölend warfen jetzt die Männer ihre Gläser in das einzig Wertvolle der Kneipe, dem Glasschrank. Der mit der Narbe im Gesicht packte den Kellner an der Gurgel und schrie den an: „Kein Problem mein Junge, wir bekommen auch so was wir wollen. Denk mal an die Tochter …“ weiter kam der Mann nicht, den ein Fausthieb beendete dessen Faseleien. „Noch ein Wort weiter und du landest auch da, wo du gestern warst!“
Jacobs und sein Kellner rannten in die Küche und überlegten die Polizei zu rufen. Genau so schnell war auch der Mann namens Atze bei ihnen und riss das Telefonkabel aus der Wand. „Womit haben wir das verdient?“, schrie der beide an. „Unser Streit sollte euch nicht berühren, das ist eine Sache zwischen mir und meinen Männern.“ Und sich an den Besitzer der Kneipe wendend: „Schlag auf meinen Vorschlag ein oder lass es bleiben. Meine Freunde und ich, sehen mit Freuden zu, wie gut ihr zwei von Hartz IV lebt.“
Einen Augenblick wartete der Gangsterboss noch. Doch da die Zwei sich unschlüssig ansahen, stand der Mann, den alle Atze nannten auf und ging zur Tür: „Kommt Jungs, das die hier keinen Fuß vor den andern kriegen, dafür werden wir sorgen.“ Damit verließ die Bande ohne bezahlt zu haben, die dunkle Gaststätte.
Kaum das die Ganoven auf der Straße standen, wollte der Kellner die zurückholen. Nur der Inhaber der Kneipe hielt ihn fest und hatte plötzlich Skrupel. „Sollen wir uns erpressen lassen, du weißt, wie das ausgehen kann!“
„Die machen uns kaputt, wenn wir nicht darauf eingehen! So ich richtig verstanden habe, redete einer der Banditen von deiner Tochter. Wir haben keine andere Wahl, schlag ein, auch ohne Vertrag! Wer weiß, was die sonst noch gegen uns planen?“
Da sich der Besitzer Herr Jacobs diese bange Frage jetzt auch stellte, willigte er ein. Vor die Tür laufend, wo die Gang schon ihre Motorräder angeworfen hatte, bat er die zum Abschluss des Vertrages noch einmal mit rein zukommen. Die aber blieben hart, sie wussten wie man jemand ins Wanken bringt.
„Keine Zeit, ein Handschlag und die Sache ist gegessen!“, dabei sah der Angesprochene grinsend seine Gefährten an. „Ach noch eins, das was wir euch heute schuldig geblieben sind, zieht uns vom Darlehen ab!“ Ohne weitere Worte verschwand die Bande und ließen den Kneipje mit seinem neuen Partner zurück.
Zurück in der Kneipe, überlegten beide was jetzt zu tun wäre. Aus Frust über die demolierten Sachen goss man sich einen Schnaps nach dem anderen ein. Beide begriffen worauf man sich eingelassen hatte und hofften, dass der Kleinköpfige seine Wort hielt und ihnen das Geld für die Renovierung auch geben wird.
Nur der Besitzer, Herr Jacobs fragte sich, was der Blonde mit seinen Worten ‚denk an die Tochter‘ meinte?
3 Am Tatort
Immer noch diskutierte Horst Schlüter mit dem Hauptkommissar auf dem Weg nach Bernau über das bekommene Material der dortigen Kollegen. Vor allem jenes fast unleserliche Schreiben, welches die gefunden hatten, sorgte dafür. Ein Erpresserschreiben oder nicht?
Hauptkommissar Langhoff wischte sich gerade, als sei er müde über die Augen und meinte: „Eine Frage steht für mich aber noch im Raum. Das Schreiben wurde so weit ich weiß, mit Tinte geschrieben, aber wer schreibt heute noch mit Tinte?“
„Wer? Na hör mal, “ warf Peter ein, „habt ihr mein Schreiben vom letzten Monat schon vergessen? Erinnere dich doch was ich da schrieb! Fast alle Opfer wurden mit Tinte bespritzt und Tage danach überfallen. Auch hab ich Euch von der Verhaftung eines der Gangmitglieder berichtet. Bei der Hausdurchsuchung fanden wir unter anderem auch mehrere Füllfederhalter sowie diverse Tintenpatronen. Kurz bevor ich mich nach Berlin versetzen ließ, habt ihr mir telefonisch mitgeteilt, auch bei euch hätte es in letzter Zeit solche Überfälle gegeben. Du sagtest Erhardt, im Prenzlauer Berg und Neu-Köln, seien die Opfer auch mit geöffneten Tintenpatronen bespritzt worden. Da kam mir doch erst der Gedanke, es könnte die gleiche Gang sein.“
„Mensch!“, entfuhr es Erhardt und schlug sich die Hand vor die Stirn. „Ich Blödmann, ist doch klar. Horst, ruf mal gleich Hofmeister an! Der soll sofort zum Gorinsee kommen, aber so schnell als möglich! Wir fahren auch gleich dort hin, hoffentlich find ich noch was, bevor es zu Regnen anfängt. Peter, fahr bitte gleich die nächste Abfahrt runter! Durch Schwanebeck in Richtung Buch, den weiteren Weg sag ich dir noch. Mach die blaue Funzel raus! Mann, hoffentlich ist’s nicht schon zu spät!“
Hauptkommissar Langhoff hatte aus dem Fenster gesehen und bemerkt, wie sich der Himmel immer mehr zuzog. Wenn es anfangen würde zu regnen, bevor sie den Tatort erreichten, wären wohl kaum noch Tintenspuren nachzuweisen. Und damit auch nicht die Beteiligung der jetzt auch von ihm vermuteten Motorradgang. Jetzt musste alles schnell gehen, sehr schnell!
Kommissar Höfft öffnete das Fenster und stellte das Blaulicht aufs Dach und schaltete das Horn ein. Mit lautem tatütata fegte der Wagen über die letzten Meter der Autobahn zur Abfahrt Schwanebeck. Die kurze Strecke in den Ort hatte man schnell erreicht und Peter bog dort in Richtung Buch links ab. Mit kaum verminderter Geschwindigkeit fegte der Benz über die Straße und Buch entgegen. Nur Horst Schlüter fühlte sich bei diesem Tempo auf der nicht allzu breiten Straße unwohl. „Erhardt, weist du was du da machst?“ warf Horst besorgt ein und sah den Gegenverkehr und die Straßenbäume an sich vorbei fliegen.
„Leider viel zu spät Horst! Aber überleg doch mal, du bist bei der Spurensicherung und kommst da nicht von selbst drauf? Na gute Nacht Deutschland und ihr Ganoven. Mann Horst, überleg doch mal! Das Schreiben ist mit Tinte geschrieben und lag unter dem Kopf der Toten …“ Auch wenn Horst etwas anderes meinte, gab er Erhardt, was dessen letzte Worte betraf, Recht. „Ah, jetzt verstehe ich was du meinst Erhardt“, unterbrach ihn Schlüter. „Wir müssen bevor es zu regen anfängt dort sein. Dann könnten wir eventuell noch weitere Tintenspuren sichern!“
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