„Man muss auch mal für sich sein können“, sagt Peter (54). Er füttert gerade einen Spielautomaten mit Geld. Ein Zocker sei er aber nicht, betont er. Er kennt Kneipenwirt Thomas Weber-Walleck von früher. Deswegen kommt er gerne mal ins Union-Stübchen. „So wie andere Leute in die Pommesbude gehen, gehe ich in die Kneipe.“ Seine Eltern hätten auch eine Wirtschaft betrieben, erzählt er. „Darauf habe ich aber keinen Bock.“
Peter findet es schade, dass es in Osnabrück nicht mehr so viele Kneipen gibt wie das Union-Stübchen. In anderen Lokalen hat der stämmige Kraftfahrer schon viel „Geldmacherei“ entdeckt. Am Arndtplatz sei das anders. Hier trifft er Freunde und Bekannte, mit denen er ein Bier trinkt. Oder einen Kaffee. „Muss ja nicht immer Alkohol sein.“
„Ich habe liebe Gäste“, sagt Thomas Weber-Walleck (49), der das Union-Stübchen gemeinsam mit seiner Verlobten Birgt Piwatz (42) schmeißt. Thomas hatte schon viele Jobs: Er war Fahrer, war auf Montage und hat als Schweißer und Kaufmann seine Brötchen verdient. „Das hier kann ich am besten“, sagt er und schaut seinem Gegenüber über den Rand seiner Lesebrille in die Augen.
Sieben Tage in der Woche stehen Thomas und Birgit hinter der Theke. Morgens um 9.30 Uhr wird das Union-Stübchen geöffnet, gegen 22 Uhr geschlossen. Am Wochenende dauert es oft länger. Am meisten muss das Paar jedoch am Vormittag arbeiten. „Hin und wieder wird es heftig“, sagt Thomas mit mildem Lächeln. Aber die Leute, die seien toll, sagt der Wirt. „Die halten mich bei der Stange.“ Etwa 30 bis 40 Stammgäste habe er, sagt Thomas. „Die bringen das Geld.“ Dazu komme noch die Laufkundschaft.
„Im Union-Stübchen treffen sich Müllmänner und Musikprofessoren“, sagt Thomas Bruder Christian (43). „Thomas ist der geborene Wirt.“ Er gehe mit jedem offen um und könne sich auf jeden einlassen. „Die Leute können sich hier in Ruhe unterhalten.“ Der Mann hinter der Theke nehme sich Zeit für seine Gäste. „Wenn ich nur Stress hätte, wäre ich nicht mehr hier“, sagt er.
Union-Stübchen
Inh. Thomas Weber-Walleck
Arndtstraße 17
49080 Osnabrück
Das Union-Stübchen ist seit Februar 2016 geschlossen.
27. Dezember 2012
Prachtexemplar einer Eckkneipe – Die Fürstenberg-Klause an der Sutthauser Straße
Osnabrück. Ja, es gibt sie noch: die typischen Eckkneipen. Ein Prachtexemplar dieser Gattung ist die Fürstenberg-Klause an der Sutthauser Straße. Dort wird im Nikotindunst gelacht und gescherzt, Sprüche geklopft und in geselliger Runde getrunken.
Die tollste Chefin ist Cornelia Müller für ihre Gäste. Seit 21 Jahren ist sie in der Fürstenberg-Klause. (Hermann Pentermann)
Seit 21 Jahren steht Cornelia Müller hinter der Theke der Fürstenberg-Klause. Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, musste sie ja irgendwas machen, sagt sie. Vorher hatte sie in der ehemaligen Rothenfelder Kneipe „Lange Theke“ Erfahrungen in der Gastronomie gesammelt. Schließlich kam das Angebot des Pächters, die Eckkneipe an der Sutthauser Straße zu übernehmen. Cornelia Müller griff zu.
Den Entschluss hat sie nie bereut. Von 10 bis 13 Uhr und von 17 bis 1 Uhr empfängt die 66-Jährige ihre Gäste, die mehr als bloße Kundschaft sind. „Es ist wie eine Familie hier“, sagt sie. Den „Verwandten“ würde sie auch den Schlüssel zu ihrer Kneipe anvertrauen, sagt sie. Cornelia Müller ist sich sicher, dass ihre Stammkunden das Vertrauen nicht missbrauchen würden. Wo sollten sie auch sonst hingehen? Alle wohnen „ums Eck“ und kommen gerne zu Conny, wie die Wirtin von ihren Gästen genannt wird.
Ihre „Familie“ will Conny noch lange versorgen. Auf die Frage, wann die Rentnerin die Schlüssel zu ihrer Kneipe abgeben möchte, reagiert sie etwas empört. „Pöh“, sagt sie aufmüpfig, um dann zu antworten: „Ich stehe hinter der Theke, solange es die Gesundheit zulässt.“
Der 63-jährige Milan Bonacic ist Gast und Aushilfe in einer Person. Der langjährige Stammgast ist aber auch Sprücheklopfer und Moderator in einer Person. In der Fürstenberg-Klause unterhalten sich die Gäste über Tische und Theke hinweg. „Der ist mit der Wirtin verheiratet“, frotzelt Gerd über die Theke hinweg. „Das ist unser Frauenverführer“, gibt Milan zurück. Das verbittet sich Gerd und korrigiert: „Wenn schon, dann Frauenverwöhner.“ Alle lachen.
Auch Sabine und Horst lachen mit. Das Ehepaar reist seit fünf Jahren aus Georgsmarienhütte mit dem Bus an, um in der Fürstenberg-Klause Doppelkopf zu spielen oder die Geselligkeit zu genießen. Manchmal sitzt der 73-jährige Horst auf der Anklagebank. Ein Metall-Schriftzug, der über der Sitzbank an einer Ecke der Theke hängt, weist diesen Namen auf. Wer das Schild dort aufgehängt hat oder wann das war, daran kann sich keiner erinnern. Horst weiß nur eins: „Die Bank ist so hart, da kann man nicht lange drauf sitzen.“
Auf der Anklagebank kann der 73-jährige Horst nicht lange sitzen. Die Bank ist zu hart, meint der Stammgast der Fürstenberg-Klause.(Hermann Pentermann)
Horst und Sabine kommen vor allem wegen der Wirtin in die Fürstenberg-Klause. „Das ist eine tolle Chefin. Das muss ich sagen, das habe ich selten so erlebt“, schwärmt die 53-Jährige. Sie sei sympathisch und nett, so Sabine weiter. „Und sie macht gute Musik zu später Stunde“, ergänzt Horst und grinst wohl wissend. Wenn Conny Hans Albers spielt, wird in der Fürstenberg-Klause geschwoft.
Dann tanzen auch Werner und Bärbel Opel mit. „Sie sind die Hauptpersonen hier“, sagt Milan. Der 62-Jährige und seine ein Jahr jüngere Frau lächeln mit einer Mischung aus Schamgefühl und Genugtuung. „Werner ist unser Präsident“, setzt die 55-jährige Marita Schmidt noch einen drauf. „Als Werner zum ersten Mal hier war, hatten wir noch einen Kaiser“, sagt Marita im Scherz, denn bei Werners Premiere war ein Sozialdemokrat gewähltes Oberhaupt Deutschlands: Willy Brandt. 1970 war Werner in der Bundeswehr-Kaserne auf dem Ziegenbrink stationiert. Sein Bier trinkt er seitdem in der Fürstenberg-Klause.
In geselliger Runde etwas trinken wollen Bärbel (links) und Werner Opel mit Marita Schmidt. Er geht seit 1970 in die Eckkneipe an der Sutthauser Straße. (Hermann Pentermann)
Werner, Bärbel und Marita kommen regelmäßig in die Kneipe. Aber nicht jeden Tag. „Wir sind Exoten – wir arbeiten“, sagt Marita und erntet Lachen. Sie hält es wie Werner: Zum Pils gehört ein Schnaps. Sie trinkt Wacholder, er Obstler. Werner kommt zum Trinken in die Fürstenberg-Klause. „Ja, logisch. Ich gehe nicht in die Kneipe, um Zigarettenluft zu atmen.“
Die meisten Gäste kommen auch in die Eckkneipe, um über Fußball zu reden. Die lila-weißen und schwarz-gelben Fanschals zeigen deutlich, wo die Sympathien liegen. „Ich bin Fan von Concordia Belm-Powe“, sagt Conny. Sie kommt aus der Nachbargemeinde, ist aber in ihrer Fußball-Liebe nicht regional beschränkt. Sie zählt weiter den VfL Osnabrück und Borussia Dortmund auf und fügt schließlich Ajax Amsterdam hinzu. Den Grund für den niederländischen Ausreißer erklärt Conny mit liebevoller Stimme: „Ich mag den Namen so gerne leiden.“
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