Als ich das alles gezählt hatte, verglich ich mit dem, was ich bisher zu Papier gebracht hatte. Ich war enttäuscht. So lange gearbeitet, vier Seiten getippt und noch nicht einmal die Hälfte dessen, was man dafür braucht. Ich rechnete nach: „Wenn du jetzt in der Zeit vier Seiten geschrieben hast, dann brauchst du mindestens noch …“ Ich gab auf zu rechnen, denn es war astronomisch viel Arbeit, die da auf mich wartete.
Aber, ich hatte bereits begonnen und warum sollte ich jetzt schon aufgeben? Also setzte ich mich wieder an die Maschine und schrieb. Ich schrieb und schrieb und vergaß dabei sogar zu trinken. Erst als ich zu zittern begann, merkte ich, dass ich etwas trinken musste, was ich dann auch tat. Ich schrieb drei Tage lang, bis ich endlich annähernd so viel geschrieben hatte, das es reichen musste. Ich ging mit meinem Werk zu meiner Sparkasse, die im Vorraum ein Kopiergerät hatte, und kopierte meine „geistigen Ergüsse“ dreimal.
Glücklicherweise hatte ich noch Geld genug, um die Kopien bezahlen zu können und auch die Briefmarken, die ich brauchte, um das Material an die Zeitungen zu schicken. Ich schrieb also die Begleitbriefe an drei verschiedene Heimatzeitungen und verschickte mein Werk. Ich vergaß dabei auch nicht, auf mein schon fertig in Verkehr gebrachtes Kochbuch hinzuweisen, da ich der Meinung war, dass dies sicher Eindruck machen würde.
Schon ein paar Tage später lagen Briefe in meinem Briefkasten, die von den Verlagen gekommen waren. Voller Stolz und Vorfreude öffnete ich die Briefe. Aber schon der erste Brief war eine klare Absage. Ich ließ mich aber nicht entmutigen, trank einen kräftigen Schluck Kognak und las den nächsten Brief. In diesem Brief wurde mir mitgeteilt, dass meine Geschichte in der nächsten Monatsausgabe gedruckt werden würde, falls ich mit dem Honorar, 20 D-Mark, einverstanden wäre. Ich dachte mir: „Na ja, besser als nichts!“, und öffnete den nächsten Brief in der Hoffnung, dass mir dort mehr geboten würde.
Aber auch dieser Brief war eine klare Absage. Ich rief bei dem Verlag, dessen Telefonnummer ich auf dem Schreiben fand, an und teilte mit, dass ich mit dem Honorar einverstanden wäre. Man sagte mir, dass die Geschichte dann in der nächsten Ausgabe zu finden wäre. Wieder mal hatte ich einen guten Grund zum Saufen gefunden. Am nächsten Tag fand ich einen Brief vom Arbeitsamt in meinem Kasten.
Darin wurde mir mitgeteilt, dass ich wegen eines Vermittlungsgesprächs dort erscheinen müsse. Ich fuhr also an dem Termin, der mir vorgegeben war, mit dem Auto meiner Freundin zum Arbeitsamt. Der Vermittler war zunächst sehr freundlich, sagte mir dann aber unverblümt: „Guter Mann, ich kann Sie nicht vermitteln, Sie sind offenbar Alkoholiker!“ Dermaßen von so jemandem beleidigt zu werden ging mir zu weit: „Was fällt Ihnen ein? Dann lassen Sie es eben! Ich suche mir selbst etwas!“ Für mich war damals der Begriff Alkoholiker verbunden mit Pennern, Obdachlosen, Asozialen, Schlägern und was weiß ich noch alles. Jedenfalls, ich war kein Alkoholiker! „Was fällt dem denn ein, mich als Alkoholiker zu bezeichnen! Eine Frechheit das! Ausgerechnet ich, ein Alkoholiker!“
Ich fuhr also wieder nach Hause, im Bauch eine Menge Wut über diesen Fuzzi! „Dem werde ich es zeigen, den hänge ich hin! Ich werde seine Vorgesetzten darüber informieren! So springt man mit mir nicht um, so nicht!“ Im Grunde wusste ich schon, dass er recht hat. Ich trank zu viel, aber Alkoholiker bin ich nicht! Ich nicht! Jeder zweite Kümmeltürke am Straßenrand vielleicht, aber ich nicht! Als ich zuhause ankam, wartete schon meine Freundin auf mich: „Da ist ein Inserat in der Zeitung, die Firma, die hier aufgemacht hat, sucht Mitarbeiter. Wäre das nichts für dich?“
Ich nahm die Zeitung, las das Inserat und war zunächst nicht sehr begeistert. Schichtarbeit! Drei Schichten! Das heißt letztendlich Tag und Nacht arbeiten. Zwar nur acht Stunden jeweils, aber drei Schichten. Für mich war das der reinste Horror. Genau das war einer der Gründe, warum ich nicht zu dem Autohersteller in Ingolstadt wollte. Ich hätte das machen können, ohne Weiteres hätte ich dort eine Lehre machen können. Aber dann? Schichtarbeit? Nein, danke! Um meiner Freundin einen Gefallen zu tun und vielleicht auch meine Ruhe zu haben, bewarb ich mich. Prompt wurde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, zu dem ich auch ging.
Ich wurde genommen und kurz darauf bekam ich auch meinen Arbeitsvertrag. Ich konnte nun gutes Geld verdienen, aber – es kam, wie es kommen musste. Ich soff weiter. Ich nahm sogar zur Arbeit in meiner Tasche diese kleinen grünen Kräuterlikörfläschchen mit und trank sie heimlich auf der Toilette. Ich war der Meinung, dass niemand etwas bemerkte. Eines Tages wurde ich in das Personalbüro gebeten und der Personalchef fragte mich, ob ich ein Alkoholproblem hätte. Wenn ja, dann würde man einen Entzug unterstützen und meinen Arbeitsplatz für mich frei halten.
Ich war entsetzt, nicht nur darüber, dass mein Personalchef so über mich dachte, sondern auch darüber, dass er mich in eine Entzugsklinik schicken wollte. Ich, ich in eine Suchtklinik! Ich bestritt natürlich, dass ich während der Arbeit Alkohol zu mir nehmen würde, so etwas käme für mich nicht infrage. Der Personalchef akzeptierte meine Aussage, so meinte ich wenigstens. Ein paar Tage lang soff ich weiter, dann kam die fristlose Kündigung. Wieder suchte ich Arbeit als Lkw-Fahrer. Eigentlich absurd, denn ich wusste, dass ich bei dieser Arbeit nichts saufen durfte.
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