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paar Reitstunden geben!", konterte Falco und Satorius sprang auf. „Von so einem Bauernlümmel wie Euch, bestimmt nicht!“, blaffte er zurück. „Schluss jetzt! Setzt Euch wieder!", befahl Henry, „und Ihr, Hauptmann Falco, dürft Euch zurückziehen!", raunte er genervt, Falco schlug mit dem Arm gegen seine Brust, deutete eine Verbeugung an, drehte sich um und ging, begleitet von Satorius` hämischem Gelächter. ´Und mit dir, hatte ich Mitleid!`, dachte Falco noch wütend und riss sich zusammen.
Amanoue war fix und fertig. Erst hatte er Eimerweise Wasser vom Fluss geholt, um die Pferde zu tränken und jetzt sollte er sie auch noch putzen. Seine ´Kameraden` saßen im Gras und sahen ihm amüsiert dabei zu. Amanoue versuchte zum wiederholten Male, den Huf eines Pferdes zu heben. Wieder nicht. Er ließ sich entmutigt neben dem Tier auf den Boden nieder. „Warum tust du das?", fragte er und schlug mit der Hand gegen das Bein des Wallachs. Der drehte seinen Kopf zu ihm und biss ihn in die Schulter. „Au! Ich will nicht mehr! Ich kann nicht mehr!", rief er und schlug mit der Faust, auf den Boden. Alecto stand auf und ging zu ihm. „Pass auf", sagte er, fuhr mit der Hand am Bein des Pferdes entlang, klopfte kurz auf die Fessel und das Pferd hob den Huf. Amanoue stellte sich neben ihn, strich am Bein des Tieres entlang und, nichts. Er richtete sich auf und sah die Soldaten resignierend an. „Sagt dem Hauptmann, dass er gewonnen hat! Er hat recht! Ich bin eine Hure und kein Pferdeknecht!", sagte er und obwohl sein Akzent wie immer klang, lachte dieses Mal keiner. In seiner Stimme lag echte Verbitterung. Er drehte sich um, wollte gehen, doch Falco stand hinter ihm und Amanoue sah ihn wütend an. „Ihr habt gehört, was ich gesagt habe? Gut, dann wisst Ihr ja jetzt Bescheid! Ich hasse Euch und werde Euch nicht mehr zur Last fallen!", sagte er bitter und stapfte davon. Falco schloss kurz die Augen. Es war, als hätte ihn ein Stich, mitten ins Herz getroffen. Als Amanoue zum Zelt des Königs kam, es war mittlerweile stockdunkle Nacht, versperrten ihm die Wachen, diesmal waren es Brac und Finn, wieder den Weg. „Scheiße, Mann", sagte Finn leise, „wir dürfen dich nicht durchlassen. Seine Majestät, will nicht mehr gestört werden!“ Amanoue stand völlig verunsichert da, lief ein paarmal verstört hin und her, ging dann an den Rand des Zeltes und legte sich hin. Zusammengerollt wie ein kleiner Hund, blieb er einfach liegen. Als Wachablösung war, weit nach Mitternacht, kamen Brac und Finn zu ihm. Brac ging neben ihm in die Hocke und berührte ihn vorsichtig an der Schulter. „Komm, Kleiner, hier kannst du nicht bleiben", sagte er mitfühlend, „du bist ja schon eiskalt. Komm doch mit, zum Feuer." Amanoue sah kaum auf und schüttelte nur matt den Kopf. „Ich gehöre nicht zu euch! Ich gehöre zu niemandem", antwortete er bitter und rollte sich wieder zusammen. Brac erhob sich seufzend und folgte Finn zu ihren Zelten. Am frühen Morgen, kurz vor Sonnenaufgang, verließ Satorius wieder das königliche Zelt. Er
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sah Amanoue am Boden zusammengekauert liegen und beugte sich zu ihm hinab. „Amanoue", sagte er leise und streichelte seinen Rücken. „Meine Güte, Ihr seid eiskalt!“, stellte er fest, hob ihn auf und trug ihn ins Zelt, zum Bett des Königs. Satorius setzte ein Knie auf, legte Amanoue neben Henry und der König blickte fragend auf. „Er lag draußen, vor dem Zelt und ist ziemlich durchgefroren. Ich glaube, er braucht jetzt ein bisschen Wärme“, flüsterte er sanft. „Danke, Satory", antwortete Henry, Satorius nickte nur und ging. Henry nahm Amanoue fest in seine Arme und streichelte ihn zärtlich. „Du bist wirklich eiskalt, warum bist du nicht zu den Dienern gegangen, du dummes Ding", raunte er ihm ins Ohr. Amanoue drehte sich zu ihm und kuschelte sich an ihn. „Warum seid Ihr nackt?", fragte er leise, sah Henry dabei in die Augen und der blickte weg. Amanoue schluchzte leise auf und weinte sich dann an Henrys Brust, in den Schlaf. Wenig später kam Sebastian, doch Henry schickte ihn wieder fort. „Sag den Offizieren, ich möchte sie in zwei Stunden sprechen", flüsterte er. Eine Stunde später stand er auf, wusch sich und machte sich fertig. Amanoue schlief noch, als Henrys Leute kamen. „Gut", sagte er, „ich weiß, dass wir spät dran sind! Wann erreichen wir die Furt?" „Wenn wir in einer Stunde aufbrechen, könnten wir bis zum Nachmittag dort sein. Vorausgesetzt, uns hält nichts auf!", antwortete der General und blickte dabei auf Amanoue. Henry schmunzelte und schüttelte den Kopf. „Amanoue wird dieses Mal sicher keinen Ärger machen, nicht wahr Hauptmann?", erwiderte er, sah Falco eindringlich an und der nickte gequält. „Ich werde selbst auf ihn aufpassen, Eure Majestät, er wird die ganze Zeit über, neben mir reiten! Ihr könnt Euch, auf mich verlassen!" „Das tue ich", antwortete Henry, „gut, dann also, bis später!" In der Zwischenzeit weckte Sebastian Amanoue. Dunkle Schatten lagen unter dessen Augen und er war sogar sichtlich blasser, als sonst. Weil er noch komplett angezogen war, ging er zur Waschschüssel und wusch sich nur sein Gesicht. Er spülte seinen Mund mehrmals aus, kam dann zum Tisch und nahm sich etwas von dem übrigen Frühstück, sah dabei aber Henry nicht an, der nun allein am Tisch saß. „Was ist?", fragte Henry. Amanoue zuckte mit den Schultern. „Nichts", antwortete er kalt. „Dann ist ja alles in Ordnung! Beeile dich, die Wache wartet schon auf dich!" „Ich reite nicht mehr mit ihnen!", antwortete Amanoue, steckte sich ein Stück Brot in den Mund und sah Henry noch immer nicht an. Der König atmete hörbar aus. „Hör zu, Amanoue, das mit letzter Nacht, tut mir leid! Ich sagte dir, dass du mich nicht warten lassen sollst, aber du bist nicht gekommen, also bin ich zu Bett
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gegangen! Außerdem dachte ich, du wärst so schlau und würdest bei den Dienern im Zelt schlafen!" „Ja, richtig! Ich bin ja nur, ein dummer Sklave und außerdem, ist es mir auch völlig gleich, wen Ihr in Euer Bett holt!", fuhr der ihn plötzlich an. Henry hob eine Augenbraue. „Amanoue, es reicht jetzt! Aber du hast recht, es geht dich nichts an, wer in meinem Bett liegt!", meinte er, stand auf, ging zu ihm und zog ihn in seine Arme. „Aber am liebsten, habe ich dich, in meinem Bett", sagte er sanft und küsste ihn zärtlich. „Es wird nicht mehr vorkommen!" „Wirklich?", fragte Amanoue und sah ihn von unten herauf an. Henry nickte. „Wirklich! Und jetzt geh, sonst tragen uns die Diener auch noch hinaus!", raunte er, doch Amanoue schüttelte den Kopf. „Amanoue!" „Dieser Dreckskerl, Falco, ist immer nur gemein zu mir! Er hat mich gestern geschlagen und dann musste ich die ganzen Pferde versorgen, ganz alleine! Ich hasse ihn!" „Das geht zu weit, da gebe ich dir recht! ich werde mit ihm reden, ja?", erwiderte Henry und lächelte ihn an. „Aber du gehst trotzdem! Weil ich es will und keine Widerrede! Jetzt geh, marsch!" Amanoue sah ihn enttäuscht an, sagte aber nichts mehr. Zusammen verließen sie das Zelt und Amanoue stampfte wütend davon. Die Soldaten der Garde warteten schon. Ohne ein Wort, nahm er Finn die Zügel aus der Hand, schwang sich elegant in den Sattel und Falco hob eine Augenbraue. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass der besser reiten kann, als wir alle denken", meinte Mati zu ihm und Falco warf ihm einen überraschten Blick zu. „Aufsitzen!", befahl der recht mürrisch dem Rest und lenkte sein Pferd direkt neben Amanoue. „Ihr werdet heute neben mir reiten!" „Nein!", erwiderte Amanoue und sah ihn herausfordernd an. „Das ist ein Befehl!" „Ihr habt mir gar nichts, zu befehlen! Ich reite nur deshalb wieder mit, weil es mir mein Herr befohlen hat!", sagte Amanoue ihm kalt ins Gesicht, wendete die Stute lässig mit einer Hand und trabte mit ihr nach hinten, zu Brac. „Hast du das gesehen?", fragte Mati, „das hättest selbst du, nicht besser gekonnt!" Falco kniff kurz die Augen zusammen. „Ja", brummte er nur und gab das Zeichen, zum Aufbruch. „Äh, Amanoue, ich weiß nicht, ob ich das heute nochmal vertrag! Lass dir doch heute `was Anderes einfallen, ja?", raunte Ravio, als Amanoue sich vor ihm einreihte. „Meine Schulter schmerzt noch immer!" Amanoue drehte sich zu ihm um. „Nicht einmal ich, bin so blöd!", sagte er schnippisch. Ravio
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