Etwa 14 Tage später erhielt ich dann die gewünschte Einladung mit dem Kreisaufseher und der Ältestenschaft meiner Versammlung, nahm zu dem Termin wiederum alle Unterlagen mit. Was dann passierte, war schlichtweg unglaublich: anstelle einer Diskussion stellte sich der Kreisaufseher vor mich auf und sagte, es gäbe hierüber keinerlei Diskussion. Die Gesellschaft der Zeugen hätte schon entschieden. Entweder ich verließe den Katastrophenschutz innerhalb von 6 Monaten oder es käme zu einem Ausschluss. Ich solle hier und jetzt, an Ort und Stelle, bekennen, dass ich den Katastrophenschutz verlassen werde, ansonsten wolle er mich sofort ausschließen. Er dulde keinen Widerspruch. Ich schaute die Ältestenschaft an: keine Reaktion. Nicht einmal der Versuch. Nur betretendes Schweigen. Niemand hat mich mit meinem Leben bedroht, nur damit, dass ich nicht in das verheißene Paradies käme und all meiner Freunde in der Gemeinschaft beraubt wäre.
Dann habe ich nachgegeben. Heldenhaft war dies sicher nicht.
Ich habe mein Entlassungschreiben der zuständigen Bearbeiterin beim DRK selbst vorbeigebracht. Wir kannten uns gut, da wir in der Vergangenheit gemeinsam eine ganze Reihe von Übungen für den Katastrophenschutz vorbereitet hatten. Sie konnte nicht glauben, was ich ihr vortrug, und dies war nicht viel: nur, dass ich den Katastrophenschutz wegen Neutralitätsverletzung verlassen müsse. Sie brachte die gleichen Argumente vor, wie ich sie der Ältestenschaft vortrug – ich konnte nichts darauf erwidern. Es war demütigend, dass ich ganz offenbar etwas entgegen meiner eigenen Überzeugung tat. Und dennoch ...
Dies war zweifellos der erste gravierende Einschnitt in meiner Einstellung zu den Zeugen, da war viel Vertrauen auf Schlag zerstört worden. Dennoch war der Glaube noch immer so groß, dass ich klein beigab, nur um nicht ausgeschlossen zu werden, nicht weil ich von der Richtigkeit überzeugt gewesen wäre.
Nach meinem Ausscheiden aus dem Katastrophenschutz musste ich befürchten, mein Studium aufgeben zu müssen: es drohte die unmittelbare Einberufung zum Zivildienst, den ich auch nicht machen konnte. Damit musste ich befürchten, ein Verfahren wegen Fahnenflucht mit sechs Monate Gefängnis zu bekommen mit der Konsequenz, als Vorbestrafter mein Studium nicht mehr weiterführen zu können. Ich war in entsetzlichen Schwierigkeiten und schrieb einen verzweifelten Brief an das Bundesamt für den Zivildienst. Ich erklärte meine Situation und bat darum, mein Studium beenden zu dürfen. Jemand musste meine Not dort verstanden haben und es wurde vereinbart, die Angelegenheit auf die Zeit nach meinem Studium zu klären. Die größte Bedrohung war zunächst abgewendet! Auch hier kann ich nur sagen, dass ich unglaubliches Glück gehabt habe – meine gesamte Existenz hätte zerstört werden können. Wegen Nichts! Es war nicht mein Verdienst, dass diese Angelegenheit so glimpflich ausgegangen ist, und ich sollte in den folgenden Jahren diese Erfahrung noch des Öfteren machen.
Im Rückblick darauf kann ich nur feststellen, dass es mir in jenen Jahren noch deutlich an Persönlichkeit und Standhaftigkeit gefehlt hat. Zu anderen Zeiten – und das ist eine sehr bittere Erkenntnis – hätte man "wer-weiß-was" aus mir machen können. Bei manchen Diskussionen um die Mitwirkung herausgestellter Persönlichkeiten im Dritten Reich obliegt mir sicher kein Urteil mehr.
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