»Danke, für dein Mitgefühl, aber das ist nicht nötig«, gab Sentran schroff zurück.
Es ärgerte ihn, dass ausgerechnet Ketu ihn erspürt hatte. Ausgerechnet der Mann, der ihm von Anfang an so argwöhnisch gegenübergetreten war, weil er in der Trauer um seinen Bruder immer noch glaubte, Sentran würde als Sistras Nachfolger dessen Andenken schaden.
»Nein, das glaube ich nicht, nicht mehr. Du schadest Sistras Andenken nicht. Niemand kann das. Du schadest nicht, ganz im Gegenteil, denn wir brauchen dich als sechsten Mann, Sentran. Dessen bin ich mir bewusst. Mein Schmerz um den Tod meines Bruders hat nichts mit dir zu tun.«
»Wie kommt es zu dem Sinneswandel?«
»Wir sind Elfen. Zwischenelfische Eindrücke und Empfindungen entstehen bei uns nun mal häufig extrem schnell und kompromisslos, im Elfentempo halt. Soll heißen, ich kann meine freundschaftlichen Gefühle für dich nicht länger verhehlen.«
Sentran lächelte, als er bemerkte, dass Ketu eher zerknirscht denn froh über diese »freundschaftlichen Gefühle« dreinschaute.
»Also gut, das freut mich natürlich, denn mir geht es nicht anders. Ein Wort noch und dann sollten wir nie mehr darüber reden, Ketu: Ich habe deinen Bruder nicht gekannt, jedoch viel Gutes über ihn gehört. Wo und wann immer sich mir dir Gelegenheit bietet, werde ich ihm Ehre erweisen. Das verspreche ich dir.«
Ketus Blick blieb verschlossen. Sentran sah trotzdem seine Freude. »Danke, Sentran. Lass mich jetzt Pan weiter versorgen und geh du zu Lena.« Ketu nahm ihm den Striegel aus der Hand. »Ach, übrigens, ich habe Lenas Emotionen deutlich wahrgenommen. Sie und auch Anna werden vielleicht böse sein, weil ich es dir erzähle. Aber, ich denke, das ist wichtig. Ich habe es gesehen, Sentran. Lena begehrt dich genauso wie du sie. Geh zu ihr und trage sie in dein Bett. Deine Schicht ist schließlich seit ein paar Minuten vorbei.«
Für einen Moment schwieg Sentran, bevor er antwortete: »Ich weiß nicht, ob ich sie in mein Bett tragen werde, doch werde ich jetzt mit ihr sprechen. Auch ich danke.«
Sobald er den Stall verlassen hatte, raste Sentran mit Elfenschnelligkeit ins Schloss und erspürte Lenas Aufenthaltsort. Ohne anzuklopfen, betrat er die Bibliothek und sah Lena geradewegs in die Augen.
»Könnte ich dich sprechen, Lena? Bitte. Unter vier Augen.«
»Tja, ich geh dann mal.« Anna huschte schmunzelnd an ihm vorbei durch die Tür und schloss sie leise hinter sich.
Er schluckte schwer, versuchte, sich zu sammeln, um die richtigen Worte zu finden. Es half ihm nicht, dass Lenas Augen sich kurzzeitig weiteten. Dieser grüne Schimmer darin verriet ihm ihre ganze Aufregung und spiegelte damit seine eigene wieder. Doch er musste einfach mit ihr reden.
»Ich bin nun mal ein Elfe«, begann er. »Ich weiß nicht, was daraus werden wird. Aber ich weiß, dass du mir sehr viel bedeutest, Lena, sehr viel. Wirklich sehr viel.«
Sie ging ein paar Schritte auf ihn zu und er wich genau diese Schritte zurück.
»Lena, du musst wissen, wer, was und wie ich bin.«
Als Reaktion trat sie noch näher zu ihm. Nun konnte er nicht weiter zurückweichen, da er schon mit dem Rücken an der Tür stand.
»Du bist ein ziemlich großer Elfenmann, Sentran. Das sehe und das weiß ich. Mehr interessiert mich derzeit nicht.« Sie kam noch etwas näher. »Würdest du mich bitte noch einmal küssen, anstatt von wer, was und wie zu reden?« Jetzt stand sie so dicht vor ihm, dass sie sich berührten.
Erneut schluckte Sentran, dieses Mal so schwer und so laut, dass Lena es sehen und hören konnte. »Aber, Lena, ich … Ähm … Ich wollte eigentlich nur mit dir … Ich wollte dir nur erklären, dass …« Völlig aufgewühlt fuhr er sich mit den Händen durchs helle Haar. »Ach …« Endlich gab er sich einen Ruck. »Ach, was soll’s?«
Wie schon draußen im Park riss er sie an sich und verschmolz seine Lippen mit ihren. Seine Leidenschaft raubte Lena kurzzeitig die Sinne, sodass Sentran sie erschrocken wieder losließ.
»Nicht«, stieß sie keuchend aus. »Nicht aufhören. Bist du verrückt?«
Lächelnd nahm Sentran sie bei der Hand. »Doch, Lena, ganz kurz nur. Komm mit.«
***
Sentran brachte sie in sein Zimmer, einem spartanisch eingerichteten Raum mit einem Stuhl, einem Tisch und einem großen, breiten Bett. »Ich bin erst kurze Zeit hier. Es ist noch etwas ungemütlich«, entschuldigte er sich leise und schaute sie dabei an, als hätte er flüssiges Silber in den Augen.
Er hob ihre Hände an seine Lippen und küsste zärtlich ihre Fingerknöchel, wobei er ihr weiterhin derart tief in die Augen blickte, dass sie eine wunderbare Gänsehaut überlief. »Bist du dir sicher, Lena?«
»Nein, aber ich will es«, antwortete sie aufrichtig. »Ich halte es nicht mehr aus, Sentran. So etwas habe ich noch nie erlebt.« Seine Augen funkelten regelrecht. Lena stellte sich vor, wie sein Silber ihrem grünen Glanz begegnete
Sanft strich er ihr mit seinen Fingern durchs Haar. »So etwas habe ich auch noch nie erlebt.« Nun sah er verlegen aus. »Lena, ich kenne dich so gut wie gar nicht. Ähm, hast du schon mal …? Nimmst du irgendwas? Es tut mir leid, dass ich dich das frage, aber …«
Seine Verlegenheit milderte ihre eigene und ließ sie schmunzeln. »Ja, Sentran, ich habe schon mal und ich nehme die Pille. Außerdem es ist mit Sicherheit besser, vorher als nachher zu fragen. Nur wäre es mir lieb, wenn du jetzt mit den Fragen aufhören könntest. Schau mich auch bitte nicht so an, als wäre ich ein winziges, empfindliches Wesen, das du kaputtmachen könntest.«
Sentran lächelte. Sie konnte vielleicht doch sehen, was er dachte. Dennoch würde er behutsam sein, sehr behutsam.
Er trat an sie heran, ganz nah, ganz dicht und schaute zu ihr hinab, während sie erwartungsvoll zu ihm aufsah. Bewusst langsam öffnete er ihre Bluse, Knopf für Knopf, und schob sie sanft über ihre Schultern, bis sie zu Boden fiel. Er atmete tief durch, denn beim Anblick ihrer sanften Rundungen in dem Spitzen-BH musste er um Beherrschung ringen. Am liebsten hätte er das zartrosa Ding vor lauter Ungeduld von ihrem Wahnsinnkörper gerissen. Stattdessen strich er einmal über die weichen Spitzenbögen, griff danach hinter Lenas Rücken, öffnete behutsam den Verschluss und streifte die Träger ab, sodass auch dieses Kleidungstück zu Boden ging. Dann legte er seine Hand auf ihre Brust und spürte darunter ihr kräftig klopfendes Herz.
»Du bist aber nun mal klein, zart und zerbrechlich, Lena, und wunderschön.«
Er hob sie hoch, legte sie auf sein Bett. Ihr helles Haar ergoss sich wie ein Wasserfall auf dem dunkelblauen Kissen und weckte in ihm das verzweifelte Bedürfnis, sie einfach zu verschlingen. Wieder rief er sich ins Gedächtnis, achtsam mit ihr umzugehen. Also küsste er sie zunächst zärtlich.
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