Auch die anderen Elitekämpfer des Einsatzkommandos hatten fassungslos gesehen wie schwer der Generalsekretär verstümmelt worden war. Vier von ihnen hielten diesen schockierenden Anblick nicht länger aus und rannten in Panik aus dem Haus. Die zwei, die noch bei Frank Dietrich geblieben waren, arbeiteten sich jetzt schrittweise an den geschundenen Mann heran. Dieser bewegte sich plötzlich wieder etwas und versuchte offensichtlich auf die Beine zu kommen. Das gelang ihm auch, und mit nach vorn ausgestreckten Händen bewegte er sich mühevoll auf die Elitekämpfer zu. Diese konnten jetzt ganz klar erkennen, dass auch die Handinnenseiten des Mannes vollkommen rot waren, ganz offensichtliche Folterspuren. Dietrich und seine bei ihm verbliebenen Leute waren unfähig sich zu bewegen. Als der Generalsekretär knapp einen Meter vor Frank Dietrich stand, waren dessen Kraftreserven wohl vollkommen aufgebraucht, denn er kippte nach vorn, direkt gegen den Körper des Leiters des Einsatzkommandos. Dabei hauchte er dem Elitesoldaten eine ganz üble Schnapsfahne ins Gesicht und schmierte seine schleimigen Hände an Dietrichs Kampfanzug ab. Dietrich konnte den Generalsekretär nicht einfach zu Boden fallen lassen und umklammerte Frieder Bergmann, so gut wie es eben ging. Dessen Körper war aber durch die an ihm haftenden verschiedenen Substanzen so glitschig, dass er Bergmann nicht festhalten konnte. Dieser prallte jetzt recht heftig auf dem Boden auf und blieb dann schwer atmend mit geschlossenen Augen dort liegen.
„Schnell, einen Notarzt“ herrschte Dietrich einen seiner Männer an.
„Und du“ befahl er dem anderen „hole eine Decke oder was Ähnliches, wir müssen ihn aufwärmen.“
Die beiden verschwanden.
Frank Dietrich betrachtete den vor ihm liegenden Generalsekretär mit irrlichternden Blicken. Dann sah er aber, dass die scheinbaren Verwundungen lediglich Überbleibsel verschiedener Lebensmittel waren. Jetzt geriet er vollkommen aus der Fassung, denn in ihm stieg ein furchtbarer Verdacht auf. Konnte es sein, dass der UNO Generalsekretär Frieder Bergmann irgendein dunkles Geheimnis mit sich herumtrug? Einen Fetisch oder etwas Ähnliches? Als sein Kollege mit einer Bettdecke zurückkam wurde er aus diesen Gedanken gerissen. Vier Minuten später erschien der Notarzt zusammen mit zwei Rettungssanitätern und begann sofort mit der Untersuchung von Frieder Bergmann.
„Hm, ne ganz ordentliche Schnapsfahne“ sagte der Mann „leichte Unterkühlung, Kreislaufkollaps. Tragen Sie ihn mal in das Badezimmer. Der muss erst mal gesäubert werden. Ist mir vollkommen unklar, was das mit den Lebensmittelresten auf sich hat. Na gut, ist ja nicht mein Problem.“
Dietrichs Männer schleppten Frieder Bergmann in das Badezimmer und bugsierten ihn in die Wanne.
„Abspülen und festhalten“ sagte der Arzt.
Während Dietrichs Männer Frieder Bergmann festhielten, spülte der Leiter des Einsatzkommandos ihn ab. Davon wurde Bergmann munter und stammelte unverständliche Worte.
„Ist ja gut“ beruhigte ihn der Notarzt „der Onkel Doktor ist schon da und kümmert sich um Sie. Wir machen Sie jetzt schön sauber, und dann geht es zum Schlafen in die Heia.“
Bergmann wurde abgetrocknet und ins Bett verfrachtet.
Nach einer Minute war er laut schnarchend eingeschlafen.
„Was machen wir jetzt“ fragte Frank Dietrich den Arzt.
„Ich sehe ihn mir noch einmal an und bleibe noch eine halbe Stunde hier. Glaube aber nicht, dass er ins Krankenhaus muss. Hat wahrscheinlich nur einen mörderischen über den Durst getrunken. Dürfte dann mit einem gewaltigen Brummschädel aufwachen. Hab‘ gehört, dass seine Frau Ärztin ist. Die kann sich dann um ihn kümmern.“
2 Uhr 13 erschien Petra Bergmann und war mehr als verwundert, dass drei Männer in martialischen Uniformen sowie ein Mann in Notarztkleidung und zwei Rettungssanitäter sich am Bett ihres Mannes aufhielten.
„Dr. Neumann“ stellte sich der Mann vor „diensthabender Notarzt. Bin zu Ihrem Mann gerufen worden. Sieht nach ner deftigen Alkoholvergiftung aus. Keine Ahnung, wie das alles passiert ist.“
„Wir sind hierher wegen einem Alarm im Haus ausgerückt“ erklärte Frank Dietrich „nach Lage der Dinge war der Generalsekretär in höchster Gefahr. Als wir hier waren stellte sich die Sache aber als Fehlalarm heraus. Was genau vorgefallen ist, wird wohl nur Ihr Mann selbst erklären können. Wir rücken jetzt wieder ab.“
„Dann können wir ja auch gehen, Frau Kollegin, oder“ fragte der Notarzt.
„Natürlich.“
Frieder Bergmann wurde mit bohrenden Kopfschmerzen munter. Seine Frau lag nicht neben ihm. Er mühte sich hoch und ging auf unsicheren Beinen in die Küche. Dort fand er einen Zettel vor.
„Ich bin zum Dienst und erwarte von dir, wenn ich wieder da bin, eine Erklärung, was vorgefallen ist. Eins steht aber fest: du warst gestern so blau, dass ich mich riesig für dich geschämt habe. Ich will nur hoffen, dass die Leute, die dich so erlebt haben, das nicht rumerzählen. Und ich erwarte von dir, dass du dein Verhalten ab sofort grundlegend änderst!“
Frieder Bergmann sah dem Eintreffen seiner Frau mit sehr gemischten Gefühlen entgegen. Zur Aufklärung des Zwischenfalls würde er aber nicht viel beitragen können, denn er hatte einen kompletten Filmriss erlitten.
Die digitale Offensive kommt in Gang
Deng Peng Kläng war von Frieder Bergmann in sein Anwesen eingeladen worden, um gemeinsam die Sache mit der digitalen Arbeitsweise der UNO zu beraten. Der Chinese zeigte sich durchaus von Bergmanns Haus beeindruckt.
„Schön hast du es hier Frieder“ sagte er, als die beiden hinter der Glasfront auf einer gemütlichen Couch saßen.
„Ein herrlicher Blick, aber wer so hart arbeitet wie du, der soll die wenigen freien Momente auch genießen dürfen. Der Kamin gefällt mir übrigens auch sehr gut.“
„Weißt du Deng“ antwortete Frieder Bergmann den Erschöpften mimend „ich habe mich meiner Arbeit mit Haut und Haaren verschrieben, ohne höchsten Einsatz ist das gar nicht zu schaffen. Du hast Recht: die paar Stunden, die mir für mich bleiben, nutze ich lediglich für die Regeneration meiner Kräfte. Golf ist ein gutes Mittel dafür. Vielleicht können wir noch eine Partie spielen. Der Platz hier ist wirklich toll.“
„Später Frieder, wir müssen noch einiges klären. Wann kommen die anderen?“
„Ich hole sie jetzt.“
Als Claudia Bergmann, Herbert Büchsenschuss sowie Chang Jang Diang dann zu den beiden stießen fragte Deng Peng Kläng Frieder Bergmann lächelnd:
„Hat dich Chang schon auf den Weg der Weisheit gebracht? So wie ich es weiß ist er ein großer Lehrmeister.“
„Ich schätze Chang sehr“ war Bergmanns Antwort gewesen „er ist ein hervorragender Analytiker und seine Empfehlungen für mich waren immer Gold wert.“
„Fliedel ist fül mich wie ein Bludel gewolden“ fuhr Chang Jang Diang fort „el ist tapfel, klug und scheut nicht die Gefahl. Wil haben viel ellebt im letzten Ullaub. Manchmal ist el zu unvolsichtig, abel el hat den Mut eines Tigels, die Willensklaft eines Bälen und die Güte einel Taube. Mich wundelt nicht, dass Fliedel jetzt gewolden ist del Hellschel del Welt. El sich das hat wilklich veldient! Dalauf sollten tlinken wil Mao Tai.“
„Vielleicht sollten wir erst einmal über das Konzept der digitalen Arbeit der UNO reden“ schlug Herbert Büchsenschuss vor „für den Mao Tai bleibt immer noch genug Zeit. Claudia hat ja schon einiges zu Papier gebracht und ich denke, ihr Konzept ist sehr überzeugend. Besonders raffiniert erscheint mir die Idee, dass jeder, außer Frieder als Generalsekretär, vor einem Computer sitzen wird, der die Bewegungsmuster des Nutzers registriert.“
„Was soll das bedeuten“ fragte Deng Peng Kläng.
„Das heißt ganz einfach, dass über einen Sensor sowohl die Tastenanschläge aufgezeichnet werden als auch über die eingebaute Kamera das Verhalten des Nutzers protokolliert wird. Damit ist es dann vorbei mit der Drückebergerei. Wer also nur so tut, als würde er arbeiten, wird schnell auffliegen, da Claudia bereits ein Auswertungsprogramm geschrieben hat. Durch diese Software wird sich bald herausstellen wer fleißig ist, und wer Arbeit nur simuliert. Außerdem wird die Software alle Dokumente nach verdächtigen Begriffen oder Wortgruppen durchsuchen und entsprechende Auswertungen generieren.“
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