Tristan runzelte die Stirn, sah Leilani fragend an.
„Ohne ihn hätten wir uns nie kennen gelernt, Tris.“
Tristan lächelte nach ein paar Sekunden. „Du verzeihst aber, dass ich ihm keinen Blumenstrauß als Dankeschön schicke.“
Leilani lachte leise. „Schon klar. Gibst du mir bitte ein paar Minuten für mich allein?“
„Natürlich, Geliebte.“ Tristan richtete sich auf und hauchte ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn. Dann gesellte er sich wieder zu den anderen.
Leilani beobachtete ihren neuen Freundeskreis, ihre neue Familie. Und sie stellte fest, dass alles um sie herum einen Hauch von Normalität ausstrahlte.
Vampire? - Unbedeutend.
Darius? - Abgehakt.
Gefahren? - Verdrängt.
Der Moment zählte. Und sie war glücklich. So glücklich wie schon seit Jahren nicht mehr.
Leilani sah, wie Lyssa, die sich offensichtlich mit einigen Kindern ihrer zukünftigen Nachbarschaft angefreundet hatte, versuchte eine Frisbee-Scheibe zu fangen. Der Junge, der ihr die zugeworfen hatte, war etwa drei Jahre älter und hatte den Schwung und den Winkel nicht richtig bemessen. Und so landete das Wurfgeschoss in einem Walnussbaum. Lyssa wollte gerade ihren Stiefvater rufen, aber Leilani handelte einfach.
Geschmeidig wie eine Katze und flink wie ein Affe kletterte sie auf den Walnussbaum. Sie ergriff die Scheibe, klemmte sie sich zwischen die Zähne und sprang einfach von dem Ast, der sich in etwa drei Metern Höhe befand, herunter. Federnd landete sie auf ihre Füße und gab Lyssa die Frisbee-Scheibe.
„Wow!“, sagte die Kleine und starrte Leilani bewundernd an.
„Aber nicht nachmachen, Lyssa. Ohne Aufsicht schon gar nicht.“
„Okay!“, sagte das Kind und himmelte Leilani jetzt regelrecht an.
Leilani sah in die Gesichter der anderen. Zwischen Bewunderung, Verwunderung und Verblüffung war so ziemlich alles dabei.
Nur Tristan sah sie mit unverhohlenem Stolz an.
Kapitel 3: Eine unvergessliche Nacht
„Sie lieben dich“, sagte Tristan, als er die Haustür seiner Villa abschloss und die Alarmanlage neu einstellte.
Leilani antwortete nicht, sondern zog ihre Sandalen aus, warf sie einfach in eine Ecke und ging in die Küche. Ihr war kalt und sie wollte jetzt unbedingt eine Tasse heißen Tee.
„Was ist los? Du warst so schweigsam im Auto.“ Tristan war ihr in die Küche gefolgt und mit verschränkten Armen an der Tür stehen geblieben.
„Ich muss doch nicht die ganze Zeit reden“, sagte sie und lächelte ihn über ihre Schulter an. „Mir ist kalt und ich mache mir einen Tee. Möchtest du auch einen?“
„Nein, danke. Tee ist einfach nicht mein Ding.“ Er trat hinter sie und legte seine Hände um ihre Taille. Eine leichte Gänsehaut zog sich über ihre Haut und sie zitterte etwas. „Meine Güte, du bist total durchgefroren! Warum hast du denn nichts gesagt?“
Leilani steckte den Teebeutel in die Tasse, während der Wasserkocher auf Hochtouren lief. „Es war mir nicht bewusst, dass mir kalt war. Bis wir im Auto saßen. Frierst du denn nie?“
„Doch. Ich kann auch frieren. Aber wir Vampire stecken Temperaturschwankungen ganz gut weg. Es müssen schon erhebliche Minusgrade sein, bis ich wirklich friere.“
„Und schwitzen?“
Tristan überlegte. „Direkte Wüstensonne oder, was ich noch viel schlimmer finde, tropisches Klima. Feuchtwarm. Mehr als 90% Luftfeuchtigkeit sind einfach eklig.“
Der Wasserkocher ging aus und Leilani goss sich das heiße Wasser in die Tasse.
„Ich habe eine Idee“, sagte Tristan und rieb seine Nase sanft an ihrer Ohrmuschel.
„Lass hören?“ Leilani war neugierig. Die kleinen Gesten, die Tristan manchmal machte, reizten sie ungemein. Sie musste sich ein Seufzen unterdrücken, als seine Nase an ihrer Ohrmuschel entlang strich.
„Was hältst du davon, wenn du mit deiner Tasse Tee zu mir ins Bett kommst und ich dich zusätzlich wärme. Sozusagen von innen der Tee und ich von außen.“
Leilanis Herz klopfte plötzlich wie wild. Trotzdem riss sie sich zusammen. „Das klingt wahrlich verlockend.“
„Heißt das ja?“ Tristan hörte den erhöhten Herzschlag, ihre schnelle Atmung. Das erregte ihn und er war sich nicht sicher, ob er nicht zu weit gegangen war.
Leilani spürte den heißen Atem in ihrem Nacken. Sein Griff um ihre Taille hatte sich kaum merklich verstärkt. „Das heißt ja.“
Tristan presste seine Lippen auf Leilanis Nacken und seufzte leise. Der blumige Duft, der von ihrer Haut ausging, berauschte ihn inzwischen mehr als ihr Blut. Wortlos nahm er sie auf seine Arme und sie schnappte sich ihre Teetasse, hielt sie vorsichtig fest. Sie barg ihren Kopf an seinem Hals, schloss kurz die Augen.
Er spürte, wie entspannt sie in seinen Armen lag, und das machte ihn glücklich.
Langsam stieg er die Treppe hinauf und trug sie in sein Zimmer. Er machte kein Licht an, setzte sie vorsichtig auf sein Bett ab.
„Ich hole nur noch eine zusätzliche Decke für dich, falls ich es nicht schaffen sollte, dich zu wärmen“, sagte er sanft und küsste sie auf die Stirn.
Leilani horchte in sich hinein und lächelte.
Keine Angst mehr.
Keine Anspannung.
Keine Verunsicherung
Gewissheit!
Ein klares Verlangen.
Und Bedürfnisse.
Nicht nur für sich selbst. Sie wollte auch Tristans Bedürfnisse befriedigen, ihn mit Zärtlichkeiten überhäufen.
>Das wird eine lange Nacht. Egal, wie sie endet, ich will es! <
Leilani machte die Nachttischlampe an und stellte die Teetasse ab, nachdem sie einige Schlucke getrunken hatte. Dann stand sie auf, zog ihre Hose und das T-Shirt aus und schlüpfte, nur mit ihrem Slip bekleidet, unter Tristans Bettdecke.
Ein Blitz erhellte den Nachthimmel wie ein kleines Leuchtfeuer und einige Sekunden später war ein entferntes, langgezogenes Grollen zu hören.
„Ich habe noch einmal alle Fenster überprüft wegen dem herannahenden Gewitter.“ Tristan kam gedankenverloren in das Zimmer, schloss die Tür und sah dann zu dem Bett. „Oh.“
Wie Leilani so in seinem Bett saß und ihn mit großen Augen und roten Wangen ansah, war das ein Anblick, wie er ihn niemals vergessen würde. Die Decke war unter ihren Achseln eingeklemmt, aber ihre nackten Schultern waren ein deutliches Anzeichen dafür, dass sie unter der Decke nackt sein würde. Sie hatte ihre Beine angezogen und ihre Arme darum geschlungen.
„Willst du da Wurzeln schlagen oder nicht doch lieber zu mir kommen?“ Ihre Stimme klang etwas nervös.
Tristan schmunzelte etwas. „Was soll ich nur davon halten?“, sagte er lauernd und warf die Wolldecke auf das Fußende des Bettes. Dann streifte er seine Schuhe ab und kletterte auf sein Bett, kniete neben sie. Seine Lippen berührten kaum ihre Wange, ihre Lider, ihre Lippen. Zart wie ein Schmetterlingsflügel strich er über diese Stellen. Dann wanderten seine Lippen weiter, über ihre Ohrmuscheln, das Ohrläppchen, den Unterkieferknochen entlang, am Hals hinunter. Als er ihre Schulter erreichte, übte er ein wenig mehr Druck aus, küsste die nackte Haut, stupste sie mit seiner Zunge.
Leilani stöhnte leise auf, ließ ihn gewähren. Sie genoss diese kleinen Zärtlichkeiten. Seine Hand strich nun über ihrem nackten Rücken. Leilani hatte das Gefühl, dass dort, wo er sie berührte, die Haut in Flammen aufging. Aber es war ein wunderbares Feuer, so rein, so wohltuend. Sie griff nach seinem Leinenhemd, krallte sich zuerst hinein, atmete heftig, keuchte, als er aufreizend mit seinen scharfen Schneidezähnen über ihre Haut an der Schulter schabte. Zitternd glitt ihre Hand in das Hemd, das wie immer bis zum Brustbein offen war und die makellose, beinahe haarlose Brust zeigte. Sie streichelte diese warme, wunderschöne Haut, spürte die Muskeln darunter.
„Bitte, Tris. Zieh dich aus.“ Ihre Stimme war nur ein zartes Flüstern, mehr nicht.
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