Irgendwann fragte sie ihn liebevoll lächelnd ansehend „Wenn ich zu dir ‚Mein Süßer’ sagen darf, wie würdest du mich denn nennen?“ Da entstand jetzt für Minuten fast eine etwas brenzlige Situation. Er wusste im ersten Moment gar nicht, was er dazu sagen sollte, so viele zärtliche Bezeichnungen hatten sich zwischenzeitlich für sie in ihm angesammelt. Nach langen Sekunden sagte er schließlich „Ich glaube, ja, ich bin überzeugt, dass ich schon sehr bald zu dir nur noch, nur noch … etwas ganz Bestimmtes sagen werde.“ Er machte es spannend und Corazon drängelte „Was denn, bitte, bitte sag es mir, bitte, Wolfgang, sag es mir …!“ Er nahm ihre Hände und sagte „Ziemlich sicher werde ich zu dir, nur zu dir, nie mehr zu einer anderen Frau, ‚Mein Liebling’ oder ‚Meine Liebste’ sagen dürfen. Was meinst du? Morgen müssten wir doch diesem Moment, wo ich das machen darf, vielleicht schon ein großes Stück näher sein? Schließlich kennen wir uns dann ja schon ein paar Stunden und recht gut. Meinst du, dass ich das morgen schon sagen darf?“ Mit feuchten Augen sagte sie leise „Auch das hat noch niemand zu mir gesagt, ist aber das Schönste, was ich mir vorstellen kann, und so sehr wünsche, in jeder Beziehung, allerdings nur, wenn es aus deinem Mund kommt. Bitte sag es doch heute schon zu mir, bitte, bitte, sag es. Findest du das gut, dass ich das auch so sage, mein … mein Lieb … mein Liebling … mein Liebster? Darf ich das auch zu dir immer sagen?“ worauf er meinte „Ja, ich hab es bisher auch noch nie verwendet. Bei dir ist mir jetzt nichts Besseres, meine Gefühle Treffenderes und noch Schöneres eingefallen. Hat bisher auch noch niemand, hörst du, niemand, zu mir gesagt. Ich glaub, das drückt wirklich alles aus, was wir für einander empfinden und uns immer wieder sagen wollen, ist es nicht so, mein Liebling … meine Liebste?“
Corazon sah ihn nur liebevoll lächelnd an und sagte leise „Ja, das ist wunderschön. Ich fühle mich so unbeschreiblich glücklich und möchte dich ganz, ganz glücklich machen, dir alles geben, was ich dir geben kann. Lass mir noch ein klein wenig Zeit, mein Liebster. Du bist so ein wunderbarer Mann, ein Traummann und so verständnisvoll.“ Er sah, wie ihr dabei die Freudentränen über die Backen rannen.
Unter ‚normalen Umständen’, wenn sie nicht so total gefühlsgeladen auf ihn fixiert gewesen wäre, hätte sie ihn vielleicht spätestens zwei Stunden nach dem Betreten des Appartements vernascht. Gelegenheiten dazu ergaben sich vielfach, einfach in seine Arme zu sinken, ihn zu küssen und an der Hand mit ihm sogleich im Schlafzimmer zu verschwinden. Bei Wolfgang musste, wie angedeutet, alles ganz anders laufen. Erst im Laufe der Stunden kapierte sie, warum sie beide dazu unbewusst die gleiche Haltung hatten. Der Grund dafür ist ganz simpel: Wenn Liebe mit im Spiel ist, ist am Anfang der Sex auch für den Mann nicht so wichtig. Nur Gefühle, die sehr tief wurzeln und umfassend sind, geben eine gute Chance, dass sie mehr oder weniger lang oder gar für immer überleben. Wolfgang gefiel der Corazon unbeschreiblich gut. Er war nicht nur hübsch, groß und stark, ein gestandenes Mannsbild. In seinem ganzen Wesen, seiner Art, seinen Augen und seiner Stimme war etwas, das ihr immer wieder Schauer über den Rücken laufen ließ und im Bauch ein Gefühl verursachte, das sie noch nie gefühlt hatte. Das konnte der Mann sein, nach dem sich jede Frau sehr sehnte, der fürs Leben. So hatte sie einen Mann auf jeden Fall noch nie empfunden. Bei Wolfgang war eben alles irgendwie anders. Er war in ihren Augen in jeder Beziehung makellos und das berühmte, genau passende Gegenstück zu ihr.
Die Zeit war beim angeregten Reden über ihre Lebensläufe, die Arbeit und die Lebensverhältnisse, am meisten natürlich über die Inseln, sehr schnell vergangen. Ehe sie sich versehen hatten, war es schon nach 3 Uhr geworden und Corazon bat Wolfgang, sich langsam auf den Weg zu machen, damit für ihn die Nacht nicht zu kurz wurde. Schließlich musste er bereits um acht Uhr wieder für ein paar Stunden Dienst antreten. Lange dauerten die zärtlichen Küsse, die sie einander gaben. Beide hatten sie es beim Abschied nicht mehr verhindern können, dass sie einander auf einmal in die Arme fielen und minutenlang nicht mehr losließen. Leise hatte dabei Corazon mit Tränen in den Augen gesagt „Ich möchte dir alles schenken, dir geben, mein Liebster, für dich tun, was ich nur tun kann und was du dir wünscht. Ich liebe dich, du toller Mann du“ worauf Wolfgang leise sagte „Ich liebe dich auch. Meine Liebste ist eine gefährliche Diebin. Sie hat mir in den wenigen Stunden mein Herz, meinen Verstand und meine ganzen Gefühle komplett weggenommen. Und ich fürchte sehr, dass sie mir das alles nicht mehr zurückgeben wird. Ich würde es mir wünschen, mein geliebtes Schokomäuschen. Wie nennt man denn das, wenn wir beide jetzt so eine ganz kleines Schokomäuschen hätten?“ Weinend sagte die völlig aufgewühlte Corazon „Weiß ich nicht“ worauf er lachend meinte „Schokokrümel, jaaa, ein süßer, kleiner Schokokrümel. Und ich liebe Schokokrümel über alles und vor allem alle nur mit meinem Schokomäuschen selbst gemacht.“ Corazon konnte dazu vor Freude nichts mehr sagen, drückte ihn nur heulend fest an sich und schluchzte „Ich liebe dich so sehr, ich liebe dich so sehr. Schokokrümel, die will ich doch auch, ganz viele, aber nur von meinem Liebsten, nur von meinem Liebsten, von dir, von dir, bitte, mein Liebster.“ Hätte er sie gefragt, ob er bei ihr schlafen durfte, hätte sie ihn jetzt selbstverständlich sofort an der Hand genommen, wäre wortlos mit ihm unter die Decke gekrochen und es wäre noch zu heftigen Vereinigungen gekommen, weil sie beide total aufgeheizt waren. Es war nicht sinnvoll, weil er früh am Morgen wieder für eine dienstliche Sache, die bis Mittag dauern sollte, fit sein musste.
Am folgenden Nachmittag kam Wolfgang pünktlich. Corazon erwartete ihn schon sehnsüchtig und hatte sich ihr schönstes, ein weißes Sommerkleid, bereit gelegt. Bei Maricel hatte sie sich sogar noch eine hübsche Küchenschürze ausgeliehen. Die hatte dabei furchtbar zum Lästern angefangen und einen gekünstelten Lachkrampf bekommen. Maricel wirkte fast etwas verärgert und musste dem natürlich Ausdruck verleihen „Holla, holla, ich lach mich krank, eine Küchenschürze. Cora, wie süß, das brave Hausmütterchen. Du hast doch was vor, gib es zu. Ist das dein neuer Kampfanzug? Du bist ja noch raffinierter als ich gedacht hab. Ich glaub, der ist für ihn genau richtig, ideal. Und ich hab mal wieder gepennt. Auf die Idee mit dem Höschen hätte ich ja auch kommen können. Ich hab Wolfgang schon öfter im Auge gehabt, während du mit anderen herumgeschäkert hast. Was bist du nur für ein raffiniertes Luder. Du hast ja gelogen, dass sich die Balken gebogen haben. Deine Schleimerei war ja so was von widerlich, wie du ihn eingewickelt hast. Also nein, Cora, da fehlen mir die Worte. Hast ihn ja ganz schön clever gleich voll in Beschlag genommen, eine drei Viertelte Stunde ununterbrochen getanzt. Was heißt getanzt. Ihr habt da halt so auf der Tanzfläche herumgeschoben und einander fest gehalten, sonst nichts. Wenn ihr nichts angehabt hättet, hätte man denken können, dass er ihn bei dir drinnen hat. Anschließend hast du ihn, ganz unabsichtlich natürlich, total abgeschottet und Schauermärchen erzählt. Ist ja klar, Klein-Cora musste sich besonders interessant machen. ‚Mein Süßer, mein Süßer, du allmächtiger, gottähnlicher Mann du, ich knie vor dir’ und lauter solchen Schrott hast du ihm serviert. Widerlich, so, wie du dem Honig um den Bart geschmiert hast, unglaublich, das war direkt peinlich. Ist ja logisch.“ Corazon grinste sie nur an. „Wenn diese Nichtsnutze so von einer Frau bewundert, regelrecht angebetet werden, müssen sie ja den Kopf verlieren, größenwahnsinnig werden. Der schaute dabei ja nur noch wie hypnotisiert, furchtbar, ja, wie unter Hypnose. Du hast den total blöd geredet. Schließlich bist du blitzschnell abgeschoben und hast ihn bei dir zuerst stundenlang voll gelabert, weiter total hypnotisiert und noch bis morgens weggesperrt, damit ich nicht mehr an ihn rankam. Das war ganz schön unfair, Cora. Weißt du, ich hätte auch gerne noch mit ihm getanzt, wo er doch so toll tanzen kann. Und unterhalten hätte ich mich auch noch gerne mit ihm“ worauf Corazon lachend sagte „Hihihi, tanzen und unterhalten, süß, und die kleine Maricel würde sich jetzt statt meiner diese Schürze umbinden und wäre ein braves Hausmütterchen. Tröste dich, mir steht sie besser.“ Neugierig fragte Maricel „Duuu, Cora, er ist ja erst nach drei gegangen, hab ich genau gehört, weil ich zufällig noch wach war. Bisschen spät, findest du nicht, habt ihr denn noch …? Natürlich habt ihr noch.“ Corazon lachte schallend „Vielleicht, ich glaub so fünf, sechs Mal, hab nicht mit gezählt. Es war wunderschön. Und heute geht es gleich weiter. Quatsch, nichts ist passiert. Wir haben uns nett unterhalten, sonst nichts. War einfach schön und heute backen wir jetzt einen Kuchen.“
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