Ein wenig war sie draußen umherspaziert und hatte sich Warschau angeschaut. Aber es war ihr hier viel zu kalt. Die Männer, die sich um sie kümmerten, fanden es nicht allzu gut, dass sie das Hotelzimmer verließ, aber sie hielten sie auch nicht auf.
«Entschuldigung, dürfte ich mal?», fragte eine recht gutaussehende junge Frau auf Englisch als Zuri gerade am Buffet war.
«Tut mir leid, ich verstehe Sie nicht!», erwiderte Zuri.
Die junge Frau schaute sie verdutzt an und versuchte es dann auf Deutsch: «Sprichst du Deutsch?»
«Tut mir leid, ich verstehe Sie wirklich nicht!», meinte Zuri erneut auf Wolof, einer Sprache, die in Senegal, Mauretanien und Gambia vom Volk des gleichnamigen Volkes Wolof gesprochen wurde. Zuri hatte nie eine Fremdsprache erlernt.
«Schau sie an, wie sie aussieht!», meinte eine andere Frau zu ihrer Freundin auf Italienisch: «Gerade so als wäre sie direkt aus Afrika. Wie kann sie sich das Hotel hier leisten?»
Die Angesprochene zuckte mit den Achseln: «Na ja, ist doch auch egal.»
Zuri verstand kein Wort, von dem was die beiden Italienerinnen sprachen. Sie hätte sich gerne mit ihnen unterhalten. Sie sahen eigentlich ganz nett aus. Und sie hätte gerne mit Jemanden mal gesprochen.
Nicht einmal die Männer verstanden sie. Keiner verstand sie.
Sie nahm sich Obst vom Teller und setzte sich an einen Tisch. Es gab hier alles umsonst. Alles lag einfach nur da, man musste es sich nur nehmen. Am Anfang hatte sie sich davor gescheut etwas zu nehmen, aber sie hatte die anderen Menschen beobachtet. Es war hier völlig normal, dass man an diese Theke ging und sich was holte.
Schweigend aß sie ihren Teller leer und ging dann wieder hinauf Richtung Zimmer. Auf dem Weg begegnete ihr Manson. Der Mann, der immer wieder nach ihr schaute.
«Wann ist es denn soweit und wir gehen auf das Schiff?», fragte sie den Mann mit der Baseballkappe. Er hatte immer dieses «Ding» auf.
Manson verstand kein Wort, von dem was Zuri sagte und es war ihm auch egal. Seit Tagen quatschte sie ihn in ihrer afrikanischen Sprache voll. Manchmal flehend, bittend oder bettelnd. Zumindest wirkte es so. Vielleicht war es aber auch einfach ihre schreckliche Art.
«Ich möchte ehrlich gesagt nach Hause. Wo ist denn meine Mama?»
«Gott, halt doch endlich den Mund!», sagte er: «Geh auf dein Zimmer. Schau fern oder was auch immer! Schalte den TV ein!»
Zulu verstand, was er meinte. Das Wort «TV» hatte sie in der Zwischenzeit gelernt. Und sie mochte diesen «TV» auch irgendwie. Aber auch das Interesse legte sich langsam. Am Anfang war sie begeistert von ihm gewesen, auch wenn sie kein Wort von dem verstand, was da gesprochen wurde. Weder die polnischen, noch die deutschen oder die englischen Sender verstand Zuri. Trotzdem hatte sie am Anfang zumindest sich die Bilder angeschaut. Vor allem Zeichentrickserien in denen ohnehin nichts gesprochen wurde, fand sie urkomisch.
Zuri entschied in die Badewanne zu gehen. So etwas hatte sie daheim nicht. Hier war sie jeden Tag in die Badewanne gegangen. Vor allem, weil es hier in Polen ganz schön kalt war.
Sie legte sich in die warme Wanne und streichelte ihre großen Brüste. In ihrem Dorf hatten die jungen Männer sie immer die «Milchkuh» genannt. Vor allem weil ihre großen Brüste so prall und fest waren. Wie prall gefüllte Euter. Am Anfang hatte sie diesen Spitznamen gehasst, aber irgendwann hatte sie sich daran gewöhnt. Vor allem war sie irgendwann mächtig stolz auf ihre Brüste gewesen ...
Einige Minuten später, während die junge Afrikanerin noch immer im Bad war, stand Manson, der menschgewordene Gorilla, in der Hotellobby.
«Wir brechen hier die Zelte ab!», sagte er zu seinen Männern. Er stand mit zwei von ihnen im Eingangsbereich. Das sogenannte Casting war so gut wie beendet. Es fehlte nur noch die Abstimmung.
«Wann fliegen wir zu den Seychellen?», fragte einer der Männer.
«Ich hoffe morgen!», sagte Manson: «Die Abstimmung war ja noch nicht. Die ist heute Abend. Sobald wir wissen wer von den Frauen mit kommt können wir aufbrechen.»
«Gut! Ich halte es hier nicht mehr aus. Wenn man weiß wie viel Grad es im Indischen Ozean hat, dann ist das hier wahrlich schrecklich!»
«So viel Geduld müsst ihr noch aufbringen!», sagte Manson: «Wir nehmen die kleine Afrikanerin gleich mit, damit wir hier im Hotel auschecken können!»
«In Ordnung!», sagte einer der Männer: «Ich hole sie!»
Zuri war froh, als sie zusammenpacken musste. Sie hatte sich gerade angezogen und war zum Bad raus, als die Tür aufging. Einer der Männer kam rein, legte ihren Koffer aufs Bett und zeigte auf ihre Sachen: «Räum alles zusammen, wir fahren!»
Sie verstand nicht, was er sagte, aber sehr wohl was er meinte. Brav packte sie ihre wenigen Klamotten zusammen. Sie hatte nicht viel dabei. Einige Hotelgäste hatten sie wegen ihrer komischen Kleider schon seltsam angeschaut.
Der Mann führte Zuri aus dem Hotel. Er nahm ihren Koffer, warf ihn in den Kofferraum und ließ die afrikanische junge Frau einsteigen.
Zuri schaute hinaus zum Hotel. Vermutlich sah sie dieses große Gebäude zum letzten Mal. Wahrscheinlich ging es nun wirklich los.
Gut eine Stunde fuhr das Auto und hielt schließlich vor einem großen Gebäudekomplex.
«Aussteigen!», sagte Manson.
«Ich dachte, ich soll auf ein Schiff gehen?», fragte Zuri auf Afrikanisch und schaute skeptisch auf das Gebäude vor sich: «Müssen wir nicht wieder in diesen großen Flieger einsteigen?»
Manson reagierte nicht. Erstens weil er sie nicht verstand und zweitens, weil er gar nicht darauf eingehen wollte. Vielleicht war es besser, dass er ihre Sprache nicht konnte.
Er führte Zuri in das polnische Gefängnis. Nach der ersten Frauenjagd hatte Pope die verrückte Idee gehabt eine ehemalige Vollzugsanstalt zu mieten um dort ein sogenanntes Casting durchzuführen. Neun Frauen hatte man dort vorgestellt. Alle bis auf die Chilenin Mariá waren freiwillig dabei. So auch Zuris Mutter Bia.
Im Eingangsbereich befahl er der jungen Afrikanerin sich auf eine der harten Bänke zu setzen.
«Wann geht es endlich los?», fragte sie: «Wo sind wir überhaupt hier?»
«Halt einfach die Schnauze!», sagte Manson genervt und meinte dann zu den Männern: «Wir warten bis wir den Befehl bekommen abzubauen. Dann muss es aber schnell gehen!»
«In Ordnung, Boss!»
«Und macht noch eine Runde durch den Gefängnistrakt. Ihr könnt den Frauen ruhig sagen, dass die Abstimmung gleich beginnt!», sagte Manson.
«Wo ist meine Mama?», fragte Zuri.
«Sei still!», antwortete Manson: «Herrgott noch mal. Ich muss mich konzentrieren.» Er öffnete sein Tablet, um die möglichen Abflugzeiten vom Warschauer Flughafen zu koordinieren!
«Ich möchte meine Mutter sehen!», sagte Zuri in ihrer Sprache.
»Siehst du das?», fragte Manson zornig und hielt das Tablet vor ihr Gesicht: «Das ist verdammt noch mal wichtig. Sonst sitzen wir in diesem Loch fest!»
Zuri war wütend. Keiner verstand sie, jeder redete immer nur auf sie ein. Schubste sie rum. Sie nahm ihm das Tablet weg und warf es zu Boden.
»Bist du wahnsinnig?», herrschte er sie an: «Du Göre drehst ja vollkommen durch, oder?»
Sie schrie auf, als er sie am Handgelenk packte. Sofort kamen zwei von Mansons Männer herein: «Alles okay, Boss?»
Manson war wütend: «Bringt sie in den Vorführraum. Zieht sie aus und fesselt sie an die Wand. Sie soll Respekt lernen!»
Unter lautem Protest brachten die Männer die junge Afrikanerin in den Vorraum.
Zur gleichen Zeit auf den Seychellen in der Jacht von Pope, bereitete man die Abstimmung vor. IT-Fachmann Maier schaute verdutzt auf den Bildschirm. Eigentlich war das Casting vorbei. Die Kamera im Vorführraum im polnischen Gefängnis lief jedoch noch. Er sah, wie zwei der Männer aus der Einheit die junge Afrikanerin reinbrachten und rief nach seinem Chef: «Mr. Pope. Was wird das? Warum bringt Manson die Afrikanerin in den Vorführraum?»
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