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Katharina Der letzte Winter mit Wölfen und Bären im Buchenland
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1. Ausgabe (11/19)
Der Autorin bezieht sich in ihrem Roman
auf Erzählungen ihrer Eltern, Geschwister und auf Aussagen von Zeitzeugen. Sie macht auf diese Weise auf die Geschehnisse einer vergessenen deutschen Volksgruppe aufmerksam .
Zum Verständnis der historischen Zusammenhänge beginnt die Autorin mit der Erzählung:
Das Märchen vom Buchenland
für Erwachsene und Kinder
Es war einmal eine Kaiserin, die erwarb vor vielen, vielen Jahren auf Anraten ihres Sohnes und Mitregenten vom Sultan in Konstantinopel ein Stück Land. Es war nicht sehr groß, aber es war ein wunderschönes Stück Erde mit Bergen und Wäldern. Wenige Menschen lebten dort in Armut. Nur eine Religionsgemeinschaft hatte größere Besitztümer angehäuft. Die Kaiserin und ihr Sohn waren der Meinung, dass dieses Land es wert war mehr daraus zu machen. Sie baten ihre Generäle, sich um das Land zu kümmern. Es waren kluge Köpfe, die sehr schnell erkannten, dass es hier große Buchenwälder gab und viele Schätze in der Erde begraben lagen.
Sie überlegten, was sich die Kaiserin und ihr Sohn wohl gedacht hatten, als sie in den Besitz dieses Landes kamen. Sie kamen auf den Gedanken fleißige Menschen in das Land zu holen, die es aufbauen sollten. Das Land wurde vermessen und man schmiedete Pläne. Da in dieser Zeit viele arme und verzweifelte Menschen in den Ländern drum herum lebten, war es nicht schwer, diese zu bitten, gemeinsam diese große Aufgabe anzupacken. Jeder der kam erhielt ein Stück Land, eine Kuh, einen Pflug und Handwerkzeug. Und sie kamen von überall her. Mit ihren Beamten und Handwerkern baute die Kaiserin und ihr Sohn Straßen, auf denen die Menschen in das Land kamen.
Diese Menschen waren Siedler, die sich mit ihren Familien hier niederließen. Sie nahmen große Strapazen auf sich, um für ihre Familien eine neue Zukunft aufzubauen. Was sie aber nicht wussten war, dass es noch kein freies Land gab. Sie mussten erst Bäume roden um darauf Platz für ihre Hütten und für ihre Äcker zu schaffen. Es war ein sehr mühsames und arbeitsreiches Leben. Später entstanden aus den Hütten Häuser, die zu Dörfern und Städten zusammenwuchsen. Es kamen Handwerker, Glasmacher, Bergleute und Kaufleute aus vielen Ländern. Auch vertriebene Gläubige ließen sich nieder.
Erst die dritte Generation konnte die Früchte dieser harten Arbeit ernten. Nachdem die Kaiserin und ihr Sohn verstarben, übernahmen nachfolgende Kaiser diese Aufgaben. Sie kümmerten sich mit ihren Beamten weiter um das Land und nahmen ihre Pflichten sehr ernst. Das Kaiserreich wuchs und wuchs, auch an anderer Stelle. Die Menschen wünschten sich mehr Freiheit. Ein neuer Kaiser nahm diesen Wunsch auf. Das Buchenland blühte unter seiner Herrschaft auf und wurde ein Herzogtum. Er ließ Schulen bauen. Im Norden des Landes entstand eine moderne Hauptstadt, der er eine Universität schenkte. Mit seinem Geschick und seiner Toleranz förderte er die Entstehung des Vorläufermodells eines vereinten Europas. Viele Völker mit unterschiedlichen Religionen lebten friedlich zusammen. In den Städten entwickelten sich Kultur und Kunst. Auf dem Lande lebten fleißige Bürger im gegenseitigen Respekt friedlich miteinander. Glaube, gegenseitige Hilfe und Bescheidenheit waren wichtige Tugenden. Das Leben bescherte ihnen neben anstrengender Arbeit eine schöne Natur, die ihnen mit mitgebrachten Traditionen den Alltag lebenswert machte. Neid und Hass waren ihnen fremd. Als der vorhandene Raum zu eng wurde, wanderten einige Buchenländer nach Übersee aus.
Eines Tages sollte sich aber die Welt verändern. Ein großer Krieg brach herein und brachte Leid und Sorgen in diese stille Landschaft. Vor Gram starb der beliebte Kaiser. Nach einer kurzen Regentschaft musste der nachfolgende letzte Kaiser das Land abgeben, denn neue Herrscher übernahmen die Regierung. Danach war es für die Menschen nicht mehr so wie es einmal war. Der neue Herrscher war ein König, der das Land geschenkt bekam. Er veränderte es in seinem Sinne. Beamte und Handwerker, die das Land aufgebaut hatten, verließen es wieder. Die farbige Vielfalt entwickelte sich zur Einseitigkeit. Den Buchenländern, die dort blieben, ging es zunehmend schlechter. Ihre Sprache und ihr Lebensraum wurden eingeschränkt. Trotzdem lebten sie friedfertig und hilfsbereit weiter, bis sich eines Tages abermals die Welt veränderte. Die Menschen wussten nicht, ob es Donner oder ein Silberstreif am Horizont war, was aus der Ferne auf sie zukam. Die Lage spitzte sich zu. Eine ganz andere Herrschaft aus einem fernen Land gab vor, einen Großteil der Menschen aus dieser Situation zu befreien. Im Blick standen allerdings eigene Interessen, für die diese Menschen herhalten sollten. Sie konnten sich zwischen Pest und Cholera entscheiden. Sie haben sich für die Freiheit entschieden, obwohl es am Ende doch die Pest war. In großen Transporten verließen sie die einmal liebgewordene Heimat in unbekannte Richtung. Während die alten Menschen traurig waren, schöpften die Jungen Hoffnung. Eine unsichere Zeit mit einer ungewissen Zukunft brach über diese Menschen herein. Viele junge Männer wurden in einem sinnlosen Krieg verheizt. Die Familien bekamen ein neues Zuhause, das man anderen weggenommen hatte. Am Ende war alles vergebens, weil Krieg, Not und Elend über alle hereinbrach. Sie mussten flüchten oder wurden in die verlorene Heimat zurück geschickt, wo viele wegen ihres deutschen Namen nach Sibirien deportiert wurden. Erst nach vielen Jahren bekamen die Überlebenden wieder festen Boden unter die Füße. Ihre alte Heimat haben sie bis heute nicht vergessen. Heute leben Buchenländer in vielen Teilen der Welt.
Erläuterungen zum Märchen
Bei der Kaiserin handelte es sich um Maria Theresia von Österreich (1717-1780), die nach dem österreichischen Herrscher und deutschen Kaiser Karl VI. im Jahre 1740 die Herrschaft über die österreichische Monarchie übernahm. Ihr Sohn und Mitregent war Joseph II., Erzherzog im Erzherzogtum Österreich und gleichzeitig deutscher König und ab 1765 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Durch die erste Teilung Polens und den Anschluss Galiziens an Österreich bekam die spätere Bukowina eine besondere Bedeutung für Österreich. Besonders Kaiser Joseph II. war daran interessiert, dieses Durchgangsland für Österreich zu sichern. Neben der militärischen Bedeutung kam später die wirtschaftliche hinzu.
Glückliche Umstände erlaubten den Österreichern 1774 die militärische Besetzung der Nördlichen Moldau und die Vereinbarung der Übernahme von den Osmanen. Hier lebten damals ca. 60.000 Einwohner, überwiegend landlose Bauern, Hirten, Nomaden und arme Menschen, die auf Pachtland der Bojaren sowie der Kirchen und Klöster angewiesen waren.
Damit begann in den östlichen Waldkarpaten eine neue Ära für das Deutschtum und die römisch-katholische Kirche.
Die Generäle Gabriel Freiherr von Splény (1774-1778) und Karl Freiherr von Enzenberg (1778-1786) übernahmen die
Entwicklung der Bukowina als Landesteil Österreichs, die im Verlauf der nachfolgenden Jahrzehnte ein Musterland der Monarchie wurde. Mit ordentlicher wirtschaftlicher Versorgung, einem ausgefeilten Verwaltungs- und Schulsystem, einem blühenden Kultur- und Vereinsleben, einem breitgefächerten Pressewesen sowie einem Landtag mit einem Nationalitätenparlament, das dem Kronland den Bukowiner Ausgleich erarbeitete. Kurz gesagt, ein Europa im Kleinformat.
Unter Kaiser Franz Joseph I., der die Bukowina liebte, bekam sie den Status eines autonomen Kronlandes mit dem Titel eines Herzogtums zugesprochen. 1875 schenkte er der Hauptstadt Czernowitz die östlichste deutschsprachige Universität, die er ursprünglich in Salzburg errichten lassen wollte.
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