Die US-Navy schickten 1891 ein Kriegsschiff von der Westküste rund um Cap Horn in die Karibik. Die Reise dauerte ganze 67 Tage. Das warf im US-Senat erneut die Frage auf, ob man nicht doch eine künstliche Wasserstraße durch die Landenge vom heutigen Panama bauen könnte. Damals gehörte dieser Landteil noch zu Kolumbien. Der US-Senat entschied sich mit einer knappen Abstimmung für den Bau des Kanals. Doch noch hatten die Kolumbianer das Sagen über dieses Territorium, also der engsten Stelle zwischen Atlantik und Pazifik. Mit unfairen Tricks wurde zunächst der künstliche Staat Panama gegründet, der 1903 mit amerikanischer Hilfe die Unabhängigkeit von Kolumbien erzwang. Dafür räumte die Regierung des neu gegründeten Staates Panama den USA einen Vertrag mit den vorteilhaftesten Konditionen ein. Jetzt konnte Präsident Roosevelt dem französischen Kanalbauunternehmen die Bauruine samt Maschinen und allen Rechten für 40 Millionen abkaufen. Ab 1905 wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen. Für diese gefährlichen Arbeiten wurden nur ehemalige Sklaven aus Afrika, die jetzt in Panama lebten, angestellt, die, wie Amerikaner glaubten, für das Dschungelklima am ehesten geeignet waren. Deren Löhne lagen bei 20 Cent die Stunde.
Der Panamakanal aus der Vogelperspektive. Die diversen Speicherseen haben gewaltige Ausmaße und ein großes Fassungsvermögen an Ausgleichwasser für die Schleusenkammerversorgung. – Quelle: Wikipedia
Doch auch von ihnen starben Hunderte an Gelbfieber und an Malaria, welche durch Moskitos übertragen wurde. Dank amerikanischer Medizinwissenschaftler, die nach Panama gekommen waren, konnte die tödliche Epidemie erfolgreich bekämpft werden. Sieben Jahre dauerte die Bauzeit, es kam immer wieder zu unerwarteten Erdrutschen und tödlichen Unfällen. Zeitweilig schufteten bis zu 50.000 Schwarze vor Ort. 200 Millionen Kubikmeter Erdreich wurden bewegt und wegtransportiert. Am 15. August 1914 war der Kanal fertig. Das Territorium außerhalb des Kanals wurde mit Genehmigung der Regierung Panamas bis zu acht Meilen zu beiden Seiten als Kanalzone unter den Schutz der US-Regierung gestellt. Fast alle schwarzen Arbeiter wurden entlassen und in den Armenviertel von Panama City einquartiert.
Am 15. August 1914 machte das amerikanische Dampfschiff „ANCON“ seine erste offizielle Durchfahrt von der Karibik zur Pazifikseite. Dieser Kanal war bis dato das teuerste und größte Bauwerk der amerikanischen Regierung. Der Kanal ist 81,6 km lang. Mit drei gewaltigen Schleusenanlagen wird ein Höhenunterschied von 26 Metern überwunden, obwohl der Wasserspiegel des Pazifiks im Bereich des Kanals nur ganze 26 cm höher liegt als der Wasserspiegel des Karibik, also auf der Atlantikseite. Die Durchfahrtszeit beträgt in der Regel 10 bis 12 Stunden. Der erste Kanalabschnitt vom Atlantik kommend, beträgt mit 12,4 km Länge, also die kürzeste Strecke und führt als reiner Niveaukanal durch eine unregelmäßige Hügellandschaft von Cristobal nach Gatun. Eine zügige und sichere Durchfahrt durch alle drei Schleusenanlagen wird durch beidseitig auf den Schleusenanlagen eingerichtete Zahnradlokomotiven, die elektrisch betrieben werden, gewährleistet. Zum Abschluss dieses Exkurses: Der anschließend kommende 77 km lange Kanal wird durch Zuflüsse aus 17 künstlichen Stauseen versorgt und der Verlust des Süßwasseraustausches bei den Aktivitäten aller drei Schleusenanlagen pro Tag ist dreimal höher als der Trinkwasserverbrauch der kalifornischen Metropole Los Angeles!
Eine geplante Erweiterung des Panamakanals würde den Wasserverbrauch zusätzlich noch erhöhen. In den letzten Jahren musste der Kanal bereits wegen Wasserknappheit mehrfach tagelang geschlossen bleiben. In Zukunft drohen laut vorsichtiger Vorhersagen der Klimaforscher weltweit ausgedehnte Dürren. Ein zusätzlich verstärktes Auftreten des El-Nino-Phänomens auf allen Ozeanen könnte die Süßwasservorräte weiterhin verknappen lassen. Dieses Ereignis würde unvorstellbare Auswirkungen auf den weltweiten Seeschiffsverkehr und besonders auf die Wirtschaft Panamas nach sich ziehen. Ob deutsche Reeder sich darüber schon einmal Gedanken gemacht haben? Was passiert, wenn die zur Zeit hoch favorisierten 10.000-TEU-Containerneubauten eines Tages wegen Wasserknappheit gar nicht mehr durch den Panamakanal hindurch kommen?
Meine erste Panamakanalpassage mit der KARPFANGER im Jahr 1959
Unsere Anmarschreise zum Panamakanal dauerte knapp 48 Stunden. Natürlich hatte der Funkoffizier uns rechtzeitig über Funktelegraphie zum 23. Februar bei der Kanalbehörde, beim Lotsen und natürlich bei der Shipping Agency angemeldet. Das Wetter war ausgezeichnet, als wir endlich in die Bucht von Cristobal einliefen und mit Lotsenhilfe zunächst einen Ankerplatz aufsuchen mussten. Nachdem der Lotse uns entlassen hatte, dauerte es nicht lange, bis ein Speedboat mit einer Gruppe Hafenbürokraten, also Port Health, der Hafenarzt, Immigration und Custom längsseits kam und diese Heuschrecken den Kapitän in seiner Kabine heimsuchten. Die „immigration officers“ interessierten sich hauptsächlich für die Musterrolle des Schiffes und die Seefahrtsbücher. Im Anschluss daran musste die gesamte Mannschaft zur Gesichtskontrolle antanzen. Unter den „immigration officers“ befanden sich auch zwei Herren, die sich nur für die Ladungspapiere interessierten. Also Wirtschaftsspionage ganz legal.
Hier auf der Luftaufnahme erkennt man die Einfahrt zur Gatun-Schleusenanlage. – Quelle: Google; der Panamakanal
Und die „custom people“ und ein „agriculture inspector“ kamen eigentlich immer nur zum Abstauben an Bord. Natürlich musste dieser Mensch den Fleisch- und der Gemüsekühlraum versiegeln, doch das war aus meiner Sicht nur ein Vorwand, um sich anschließend die Taschen mit Zigaretten und Whiskey aufzufüllen. Alles legal, oder was dachten Sie lieber Leser! Wenn eine Abstaubergang 15 Schiffe für die Kanaldurchfahrt einklarierte, dann kamen am Tagesende zwischen 200 bis 250 Stangen Zigaretten zusammen. Von den alkoholischen Getränken habe ich noch nicht gesprochen. Der Hafenarzt kontrollierte die Impfpässe nach ihrer Gültigkeit der letzten Impfungen. Das war in diesem Fall wichtig für das Fahrtgebiet, denn schon beim Bau dieses Kanals hatten sich viele Arbeiter an Gelbfieber und Malaria angesteckt und waren daran gestorben. Diese Einklarierungszeremonie dauerte einige Stunden. Der Chiefsteward musste den Herren des Kanals schon etliche Flaschen kalten Gerstensafts servieren. Die US-Behörden ließen gegenüber jedem durchblicken, wer die Herren im Kanal waren.
Einfahrt zur Vorschleuse in die erste Schleusenkammer der Gatunschleuse. Jedes Schleusentor soll allein ein Gewicht von 730 to haben.
Quelle: Wikipedia
Links und rechts auf der Schleusenanlage erkennt man deutlich die Gleisanlagen der Zahnradlokomotiven, welche die Schiffe an ihren Trossen von einer Kammer in die andere bugsieren und während des Wasseraustausches in Position festhalten, damit das Schiff nicht ausbrechen kann.
Endlich war es soweit, die Vertreter der Bürokratie verließen zufrieden unser Schiff, und wir bekamen grünes Licht, um den Kanal zu passieren. Wenig später erschien ein neues Speedboat mit dem Lotsen, der uns jetzt den Befehl gab, den Anker zu hieven, damit wir anschließend mit langsamer Fahrt auf die erste Gatun-Schleusenanlage zusteuerten.
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