Ab 1937, die ersten Neubauten waren zu den übernommenen vier Schiffen hinzugekommen, firmierte der Jungreeder Emil Offen sein Unternehmen unter den Namen: Hanseatische Reederei Emil Offen & Co., und ein schwarzes Hanseatenkreuz auf rotem Untergrund wurde damals seine Kontorflagge.
Fünf große und vier kleinere Frachter waren unter dem Hanseatenkreuz in der weltweiten Trampschifffahrt beschäftigt, als der 2. Weltkrieg ausbrach. Natürlich fuhren sie jetzt dienstverpflichtet im Auftrage der deutschen Reichsmarine als Nachschub- und Truppentransporter.
Dampfer HEIN HOYER, Baujahr 1937
Der Dampfer „HEIN HOYER“ war einer der Flotte, der unter der Hakenkreuzflagge des Dritten Reiches kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges im Hamburger Hafen an den Pfählen lag und auf seinen Einsatz wartete.
Chiefingenieur Willi Hoffmann: Der Dampfer HEIN HOYER, welcher, als Truppentransporter eingesetzt worden war und während der deutschen Invasion in Norwegen eine volle Ladung Gebirgsjäger aus der Ostmark (Österreich) samt deren Packpferde in den Zwischendecks an Bord hatte, wurde im Oslo-Fjord an der engsten Stelle von einer norwegischen Küsten-Torpedo-Batterie durch zwei Torpedos getroffen und versenkt. Chiefingenieur Hoffmann hatte diese Katastrophe als junger Schiffsmaschineningenieur miterlebt, auch selbst gesehen, wie die Gebirgsjäger ohne Schwimmwesten mit Stahlhelm, Tornister, Munition und Gewehr über Bord sprangen, um an Land zu schwimmen - und wie die Ratten im eiskalten Fjordwasser ertranken. Er hatte miterlebt, wie die zu Tode verängstigten Packpferde sich nicht aus den Zwischendecks befreien konnten und hilflos grausam schreiend ertranken. Diese Schreie konnte er sein Leben lang nicht vergessen. Seiner Meinung nach waren Menschen, die sich solche perversen Vernichtungstechniken ausgedacht hatten, eigentlich sehr kranke Kreaturen.
Auf jeden Fall wurde die gesamte Emil-Offen-Flotte in diesen von Hitler angezettelten Kriegswirren versenkt oder nach Kriegsende von den Alliierten beschlagnahmt. Die HEIN HOYER wurde nach dem Krieg im Oslo Fjord gehoben, zurück nach den Nordseewerken Emden GmbH transportiert, dort auf der Werft nach einer umfangreichen Reparatur wieder hergestellt, auf Ölfeuerung umgestellt und an die Hanseatische Reederei Emil Offen & Co. zurück geliefert. Diese Mitteilung wurde in der ZEIT am 19.02.1953 veröffentlicht.
1945 war Emil Offen von den britischen Besatzungsbehörden mit der Einrichtung und Leitung einer zentralen Verwaltungsstelle für Seeverkehrsaufgaben betraut worden. Diese neu gegründete Stelle nannte sich „Seehäfen-Generaldirektion“. Seinem Engagement und seinen guten Beziehungen zu den Besatzungsmächten war es unter anderem mit zu verdanken, dass die bundesdeutsche Seeschifffahrt 1950 wieder langsam in Fahrt kam.
Meine Reisen auf MS KARPFANGER im Jahr 1959
Nachdem ich am 5. Januar 1959 von der „USAMBARA“ abgemustert war, hatte ich aus Vorsichtsgründen eine Art ‚Türklinkenputzen’ bei verschiedenen Hamburger Reedereien an der Küste unternommen, unter anderem bei der Hanseatischen Reederei Emil Offen & Co. am Ballindamm Nr.8. Ich wollte unter allen Umständen vermeiden, dass ich nach meinem Aufenthalt in Cuxhaven mit leeren Händen und ohne eine neue Anstellung dastehen würde, denn Arbeitslosengeld oder irgendeine finanzielle Überbrückung durch das Arbeitsamt gab es zu Adenauers Zeit für Seeleute nicht.
Ich hatte Glück mit der Adresse Ballindamm 8, als ich mit dem Paternoster in die achte Etage fuhr, also mit einem offenen Aufzug, der ununterbrochen in eine Richtung fuhr, fahren musste. Ein Kapitän Röhling, der Personalinspektor, empfing mich, kontrollierte mein Seefahrtsbuch, stellte zwischendurch Fragen zu meinen verbogenen Fahrzeiten und notierte sich meine Cuxhavener Adresse. „Ja, wir kommen auf Sie zurück, die „KARPFANGER“ kommt von der Westküste USA, und dort brauchen wir einen Ablöser für den 3. Offizier, der demnächst sein A6-Patent machen will.“ Ich freute mich über die Zusage und verschwand ans „Ende der Welt“ zwischen Elbe und Weser nach Cuxhaven, dort, wo die Uhren alle etwas anders gehen als in Hamburg. Für die Allgemeinbildung machte ich eine so genannte Bildungsreise nach Koblenz, wo ich bei Verwandten unterschlüpfen und mir die Kulturstätten der Vergangenheit ansehen konnte und selbstverständlich die Weine der Umgebung ausprobieren durfte. Sie wissen, lieber Leser, wir Norddeutschen waren 1959 auf dem Sektor vergorener Traubensäfte und anderer alkoholische Getränke noch ziemlich unbeleckt. Zurück in Cuxhaven wurde das Sturmgepäck wieder gepackt, ich meine jetzt den Koffer, der Seesack gehörte inzwischen der Vergangenheit an, war nicht mehr „up to date“.
Reisen auf MS KARPFANGERim Jahr 1959nach US-Westküste, British Columbiaund HawaiianIslands
Und dann flatterte das heiß erwartete Telegramm endlich ins Haus:
DIENSTANTRITT ALS 3. OFFIZIER MS KARPFANGER DIENSTAG FRUEH 20.1. BREMEN = HANSEREEDE +
Die Agenturanschrift und den Liegeplatz des Schiffes ließ ich mir telefonisch von Kapitän Röhling geben.
MS KARPFANGER passiert die Spannbrücke über die Hafenbucht von Vancouver / British Columbia. – Quelle: Archiv der Reederei Claus-Peter Offen.
Eine Kurzbiographie des Schiffes KARPFANGER
Quelle: Archiv der Reederei Claus-Peter Offen
Die KARPFANGER, ein Flender-Werft-Neubau, der am 23.05.1958 an die Hanseatische Reederei Emil Offen & Co. abgeliefert worden war, hatte gerade einmal acht Monate auf dem Buckel, als ich am 20.01.1959 in Bremen als 3. Nautischer Offizier anmusterte, war also ein eingefahrener Neubau. Unser Kapitän hieß Herbst, und er hatte den Körperumfang eines kampferprobten und gutproportionierten Sumoringers. Er war ein Ex-Woermannfahrer aus der Vorkriegszeit, war damals bei Ausbruch des Krieges mit seinem Schiff an der westafrikanischen Küste von der Royal Navy aufgebracht und mit seiner Besatzung interniert worden. Als junger Ladungsoffizier hatte er beim ‚logs loading’ (Baumstämmeladen) einen schweren Betriebsunfall gehabt. Seine Nase war dadurch verunstaltet worden. Sie war gespalten, was ihm nach der Operation ein etwas abstoßendes Aussehen verlieh. Er war ein Gemütsmensch, konnte aber auch, wenn an Deck irgendetwas faul lief, den verantwortlichen Wachoffizier fürchterlich zur Sau machen.
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