Einem dauerhaft mies gelaunten Vampir mit mangelnder Selbstbeherrschung!
„Siehste, manchmal ist es auch von Nachteil so ein überdurchschnittliches Gebimmel unten hängen zu haben. Kann man nicht so gut verstecken, wenn du verstehst was ich meine.“ Mit schiefem Grinsen und eindeutigen Gesten spielte Jenna mit den Brauen. Am liebsten wäre Shana gleich sofort im Erdboden versunken und nie, niemals wieder aufgetaucht. Erneut lachte er und fuhr sich durch die blonden Haare. Dabei wanderte sein Blick zu ihr und sie fühlte sich mit einem Mal noch schrecklicher. „Vielen Dank für das großzügige Kompliment.“ In seine stahlblauen Augen hatte sich dasselbe Funkeln ausgebreitet wie noch vor ein paar Wochen. „Oh bitte nein! Wenn einer großzügig ist da…“ Hecktisch sprang Shana auf und stoppte Jenna noch mehr peinliches von sich zu geben. „Jenna!! Reiß dich bitte etwas mehr zusammen!“ Unter ihren Händen zappelte Jenna herum, gab ihr zu verstehen, dass sie verstanden hatte. In dem Moment traf ihr Blick Damons und ihr Herz blieb stehen und machte einen Satz – beides gleichzeitig. Vor lauter Scham ließ sie von der Hexe ab und setzte sich mit hochrotem Kopf wieder. „Was denn? Ich habe Damon doch nur ein Kompliment gemacht. Was ist daran denn so schlimm?“ Um nicht hochzusehen und wohlmöglich wieder ihn anzusehen kratzte sie sich an der Stirn. „Es ist es einfach, okay? Also lass es bitte gut sein Jenna!“ Natürlich verstand Jenna diese Art von Peinlichkeit nicht. Bisher war ihr – besonders in Punkto Männer – nie etwas peinlich gewesen. Shana hingegen hatte besonders da so ihre Probleme.
„Hö wieso? Ich finde nichts falsch daran zu wissen, wer aus unserem Umfeld gut bestückt ist. Das ist doch eine positive Visitenkarte für die Jungs, warum stellst du dich wegen so einem harmlosen Gespräch an?“ „Weil es nicht dein Ex ist, über dessen bestes Stück wir gerade in seiner Gegenwart sprechen! Also bitte Jenna halt einfach den Mund!“ Wütend knuffte Amy die Hexe in die Seite. Für einen kurzen Augenblick trafen sich wieder ihre Blicke und Shana wurde noch roter. Wie peinlich! „Mach dir keinen Kopf. Bei dieser Tratschtante kann man einfach nichts verstecken.“ Damons Stimme klang so weich, geschmeidig wie Honig. „Waas? Ich und eine Tratschtante, wie kommst du darauf?“ „Weil du definitiv eine bist.“ Amy konnte über Jennas Aufstand nur den Kopf schütteln. Sofort begannen die Zankereien der Beiden und schaukelten sich wieder unnötig hoch. Shana konnte nicht glauben, dass diese zwei sich tatsächlich nahestanden. Wie gebannt sah sie zu wie Damon versuchte die beiden Streithähne wieder zu beruhigen, bis er sich resignierend neben sie fallen ließ. Seine Nähe löste in ihr die verschiedensten Gefühlsregungen aus. Angst war dabei die größte von allen.
„Oh Mann, hätte ich geahnt, dass sie sich auch dieses Mal in den Haaren haben, wäre ich lieber an einem anderen Tag vorbeigekommen.“ Völlig gelassen stützte er seinen Kopf ab, bedachte sie mit einem liebevollen Lächeln. Shanas Blick wanderte zu ihm, das mintgrüne Shirt saß wie eine zweite Haut. „In letzter Zeit streiten sie sich ständig. Wenn wir zusammen unterwegs sind fängt entweder die eine oder die andere an mit dem Theater. Manchmal habe ich das Gefühl sie nehmen mich nur als neutraler Puffer mit.“ Sein Lachen war genauso geschmeidig, einfach Göttlich. Aber auch Götter haben Schwachstellen! „Klingt sehr nach einem Babysitter Job.“ „Genau so fühle ich mich manchmal auch! Seitdem feststeht, dass wir zusammen Urlaub machen, knallen sie häufiger aneinander. Jeden Tag treffen wir uns um alles planen zu können. Letztendlich findet alles Mögliche statt, nur keine Reiseplanung.“ Damon antwortete nicht, beobachtete sie nur. Die Stille zwischen ihnen war gegenwärtig aber nicht unangenehm. „Wie wärs dann mal mit einer Auszeit?“ Überrascht schaute sie zu ihm, doch sein Blick ließ nichts erkennen. „Was ist mit nächste Woche Samstag? Wir könnten etwas zusammen unternehmen wie Eis essen oder ins Kino. Du warst sicher schon länger nicht mehr ohne die Zwei unterwegs, oder?“ Stumm nickte sie.
Die Erinnerungen an ihr letztes Gespräch schwappten hoch. Immer noch fühlte sie sich schlecht Damon so lange benutzt zu haben. Als sie immer noch nicht antwortete, schob Damon beschwichtigend ein „als Freunde natürlich“ hinterher. Shana haderte mit sich, willigte letztendlich doch ein. Seine stahlblauen Augen leuchteten auf und ihr wurde warm ums Herz. „Gut dann sehen wir uns Samstag. Ist dir elf recht?“ Shana nickte und zwang sich zu einem Lächeln. Noch immer wusste sie nicht was er damit bezweckte. „Elf passt mir gut.“ Sein Lächeln ließ ihr Herz brennen. Die Tage ohne mit ihm zu sprechen fühlten sich falsch an. Vielleicht war es ja schon möglich, dass sie wieder Freunde werden konnten. „Gut dann um elf. Ich hole dich ab.“ Der Stuhl scharrte hinter ihm als er aufstand. Dabei wandte er seinen Blick nicht einmal von ihr ab. „Ich freu mich.“ „Ich mich auch.“ Leise beobachtete sie wie der gutaussehende Engel durch die Tür verschwand.
Ausgerechnet jetzt fühlte sie sich gar nicht gut. Vor ein paar Tagen hatte sie blauäugig Damon zugesagt, etwas mit ihm zu unternehmen und jetzt wo es soweit war fragte sie sich ob es das Richtige gewesen war. Unruhig saß sie im Wohnzimmer auf der Couch und wartete darauf, dass die Zeiger endlich elf schlugen. Was habe ich mir dabei gedacht? Erst mache ich Schluss mit ihm und springe dann aber sofort auf die erste seiner Annährungen wieder an! Was ist bloß los mit mir?! In dem Moment klingelte es an der Türe und sie sprang auf, schnappte sich ihre Tasche und rief ein paar Abschiedsworte durch das Haus. Es war in letzter Zeit so still hier, seit der größte Teil ihrer Brüder anderweitig unterwegs waren. Als sie schon in den Flur bog, stand Valentin bereits dort. Sofort bemerkte er sie und schenkte ihr sein ganz typisches Lächeln. „Deine Begleitung ist da. Schönen Tag euch zwei.“
Dabei zwinkerte er vielsagend und Shana wurde leicht rot. „Ah danke Val, ich bin dann mal weg.“ Um nicht noch mehr Peinlichkeiten zu riskieren huschte sie an ihm vorbei und schloss hinter sich die Türe. Dort angekommen empfing sie frische Sommerluft und ein umwerfender Engel. „Guten Morgen Sonnenschein.“ Wie jedes Mal, wenn er sie abholte lehnte er selbstsicher an der Beifahrertüre des blauen SUVs, die Hände vor der Brust verschränkt und mit einer neckischen Mimik auf den Lippen. Die Sonnenstrahlen sprenkelten sein Haar golden, ließen es schimmern wie Goldfäden. Noch immer völlig aufgekratzt ging sie auf ihn zu und umarmte ihn zur Begrüßung. Seine Berührungen waren so vertraut, dass es schmerzte. „Du bist aber früh dran.“ Sein Lachen an ihrem Ohr ließ sie schaudern. „Manchmal kommt das auch vor.“ So schnell wie sie zueinander gefunden hatten löste sich ihre Berührung auch und ganz Gentlemen öffnete er ihr die Türe. „Milady nach Ihnen.“ Ohne zu zögern stieg sie ein und kurz darauf machten sie sich auf den Weg zu ihrem Lieblings Café.
Im Khala-Fee angekommen setzten sie sich nach draußen an einem schattigen Außentisch, bestellten das Gebäck des Tages und einen großen Kaffee für jeden. Die Sonnenstrahlen wärmten angenehm auf ihrer Haut, der sachte Wind war eine angenehme Abkühlung. „Wir waren schon lange nicht mehr hier.“ Dabei wanderte sein Blick die Straße entlang und Shana hatte Zeit ihn unbemerkt anzuschauen. Damon sah weder verkrampft noch unglücklich aus, seine Augen leuchteten fast dauerhaft. Mit einem Mal fragte sie sich, ob er ihre Trennung schon überwunden hatte und bereits jemand anderen gefunden hatte. „Stimmt ist schon eine Weile her. Guck mal, der Florist da drüben ist aber neu, oder? Was war da vorher nochmal drin?“ Wortlos stellte die Bedienung ihre Bestellungen auf den Tisch und Damon nickte ihr aufmerksam zu. „Eine Boutique, glaube ich.“ Das junge Mädchen errötete bei seiner beiläufigen Nettigkeit und huschte wieder ins Café. „Da hat Jenna ihr erstes Kleid für den Maskenball gekauft. Schade, dass er daraus ist, ich wäre auch gerne mal dort schauen gegangen.“ Schlagartig wanderten ihre Gedanken ab und sie fragte sich, wie es wohl der alten Dame ging. Sie sah damals schon sehr schwach aus, ob ihr der Laden zu viel wurde? „Manchmal ist es schon erschreckend wie schnell Dinge enden können.“ Seine Worte waren mehr ein Gemurmel doch Shana hörte jedes Wort. Und fühlte sich deswegen hundeelend. Erst jetzt kam ihr in den Sinn, dass Damon sich vielleicht noch unwohler fühlte als sie.
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