Aber die Kinder waren auf engen Kontakt aus; sie konnten nur lieben, was sich anfassen und seine Wärme spüren ließ. Später erst, als Grauer sich als mutiger Kämpfer erwies, achteten und bewunderten sie ihn wie einen fernen Freund.
Bunte war dem Grauen eine zärtliche und aufmerksame Mutter. Ihre ganze Zeit wandte sie auf für seine Pflege und Erziehung. Lange ließ sie ihn saugen, sie hatte Milch für vier, und sieben Wochen nach des Grauen Geburt schleppte sie ihm Wald- und Erdmäuse heran. Nun lehrte sie ihn im Spiel das Lauern, Schleichen, Springen und Töten. Sie ließ die noch lebendigen Mäuse aus ihrem Fang, und Grauer musste an ihnen seine Flinkheit, seine Krallen und seinen Biss ausprobieren. Er begriff schnell und spielte nicht lange mit der Beute. Als sein Sprung und Zugriff sicher war, tötete er die Mäuse sofort.
Der Mutter ließ er keine Ruhe. Wenn er nicht schlief, suchte er die Balgerei mit ihr. Bunte, die sich schon oft hatte ihrer Haut wehren müssen, zeigte ihm viele Tricks im Kampf, mit denen der Gegner einzuschüchtern und zu überwinden war, Drohgebärden, Scheinangriffe, gezielte Tatzenhiebe und vor allem den Nackenbiss.
Es dauerte nicht lange, und Bunte hatte alle Mühe, sich der klugen und gewandten Angriffe ihres Sohnes zu erwehren. Manchmal sprang sie ein paar Sätze davon, erschreckt von seiner Wildheit. Dann drückte Grauer schnurrend seinen Kopf in ihre Weichen, warf sich vor ihr auf den Rücken und streckte seine Tatzen nach ihr aus.
Mutterliebe verzeiht alles, und Bunte nahm ihren Sohn mit aus dem Hof hinaus. Sie zeigte ihm das Dorf, zuerst alle Gefahrenstellen, Häuser und Höfe, in denen es Hunde gab, die sich als wütende Feinde der Katzen erwiesen hatten. Andere Feinde hatten die Katzen in Leuta nicht. Hin und wieder, in einem strengen Winter, wenn die Raubvögel in den Dörfern nach Atzung suchten, hieß es Deckung suchen. Die Scheune der Genossenschaft bekam Grauer zu sehen, die Kuhställe, den Feuerwehrteich und das Haus der alten Baumann, das so anziehend nach Baldrian und Medikamenten roch.
Und Bunte dehnte ihre Ausflüge weiter aus, in Wiesen und Felder, in den Wald und zwischen die Felsen. Sie erbeuteten eine flügellahme Meise, Heuschrecken und Käfer, und gemeinsam stellten sie einem Wildkaninchen nach, das in seinem Bau verschwand.
Auch nachts waren sie unterwegs auf leisen Sohlen. Grauer lernte viele Artgenossen kennen, die sich nicht zu nahe aufs Fell rückten und so gut miteinander auskamen. In der Stille waren viele Laute zu hören, die das Nachtleben so lebendig und anziehend machten. Grauer bekam Gehör für die Bewegung der Nager, die er nun schon mit sicherem Sprung zu fassen und zu töten wusste.
Sein Mut war groß, Jugend neigt zur Selbstüberschätzung, und so kam es, dass er sich an eine alte Ratte wagte, der selbst eine erfahrene Kätzin wie die Bunte besser nicht zu nahe kam. Die Ratte lebte schon lange in der Klärgrube unter Mexikaners Hof. Bisher war sie weder mit ausgelegtem Gift noch mit einer Falle zu erwischen gewesen. Als Grauer sie angriff, wurde er durch ihre wütenden Bisse verletzt. Unter Buntes Pflege heilten seine Wunden bald. Mexikaner, der dem Kampf zugesehen hatte, ließ von nun an nichts mehr auf den Kater kommen.
„Ich sage euch, unser Grauer erwischt dieses Biest noch“, prophezeite er stolz. „Urgroßmutter hat die Wahrheit gesagt. Er hat den Wildkater zum Vater. Er ist einer von den Starken.“
Die Leutaer lachten und sagten: „Dein Grauer rührt keine Ratte wieder an. Eine Katze macht schnell ihre Erfahrungen.
Mexikaner pfiff laut. Dann sagte er: „Wartet ab, Leute. Was sein muss, muss sein.
„Noch zweimal griff Grauer die Ratte, die sich vor ihm sicher fühlte, an und musste sich geschlagen zurückziehen.
Die Leutaer schüttelten die Köpfe. Mexikaner pfiff vielsagend.
Eines Morgens lagen beide auf dem Hof. Die Ratte war tot, und im Grauen war nicht mehr viel Leben. Doch seine Natur war stark. Bunte, Mexikaner und die Kinder päppelten ihn hoch. Von dem Tag an, wo er wieder auf eigenen Beinen stand, trennte er sich von der Mutter und ging seiner Wege.
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