Cassandra ließ ihm heute Nacht nicht viel Zeit zum Ausruhen. Er hatte die Löwin in ihr geweckt, die ihn nun mit Haut und Haaren verzehrte. Er genoss es und empfand eine tiefe Verbundenheit mit ihr. Ihre Nähe, Wärme und Zuneigung war noch immer der Teil ihrer Liebe den er am meisten brauchte. Der lustvolle und sehr sinnliche Sex war der andere Teil, der untrennbar damit verbunden war. Er brauchte beides von ihr und sie ganz offensichtlich auch von ihm. Denn auch Cassandra empfand in dieser langen Nacht vor dem Kamin mit René eine innige Liebe zu ihm, die sie einerseits durch ihre intensive Sinnlichkeit auslebte und andererseits durch ein tiefempfundenes Gefühl von Liebe zu ihm bestätigt sah.
Als René sie am frühen Morgen in ihr Ehebett trug, sie sanft küsste und liebevoll zudeckte, bevor er sich zu ihr legte, wusste sie, dass sie beide eine Liebesbeziehung hatten, die durch nichts erschüttert werden konnte. So tief und innig war sie in all den Jahren geworden, in denen sie viele Irrrungen und Wirrungen hatte ertragen müssen.
Eine weitreichende Entscheidung
Draußen tobte der Schnee durch die Luft. Es war bitter kalt in diesem Winter in der Stadt und es würde noch ein paar Wochen kalt bleiben, da es erst Ende Januar war. Als René das Haus, indem die Wohnung seiner Familie lag, durch einen heftigen neuen Schneefall erreichte, klopfte er sich erst einmal weiteren Schnee vom Mantel, bevor er das Haus und danach den Fahrstuhl betrat. Oben angekommen öffnete er die Wohnungstür und wurde von einem leckeren Duft nach frischem Brot empfangen.
„Hallo Rene, schön das Du schon zu Hause bist“, sagte Cassandra während sie glücklich strahlend auf ihn zuging. Er küsste sie, noch immer mit seinem Wintermantel bekleidet und gab unwillkürlich die kalte Wintertemperatur, die er noch an sich hatte an sie weiter. „Huhu, mir wird kalt“, fröstelte daraufhin Cassandra und bestand darauf, dass er sofort seinen Mantel auszog.
„Ich mache Dir einen heißen Tee. Damit kannst Du Dich aufwärmen“, erklärte sie ihm nun und verschwand schnell in der Küche, bevor er ihr noch einen kalten Kuss geben konnte. René grinste. So gern seine Frau sich auch von ihm küssen ließ, die Kälte des Winters verjagte sie jedes Mal.
„Hier ist ein heißer Tee für Dich“. Cassandra kam mit einem dampfenden Becher in der einen Hand und einem Teller in der anderen Hand aus der Küche zurück. Beides stellte sie auf den Eßzimmertisch zu René. „Das hier ist eine Scheibe von dem Brot, das ich gebacken habe. Butter habe ich schon darauf geschmiert. Du musst also nur noch essen.“ Sie lächelte ihm fröhlich zu und setzte sich neben ihn an den Eßzimmertisch.
„Danke“, sagte René und küsste sie zärtlich. Dann biss er von der Brotscheibe ab. „Mmm, lecker“, war seine erstaunte Antwort. Cassandra grinste zufrieden. Sie backte gern und Brot backen war ihr neuestes Hobby.
„Wo sind die Kinder?“, fragte René nun. „Die machen Schularbeiten und Henri nimmt gerade ein heißes Bad“, antwortete Cassandra ihm wahrheitsgemäß. „Gut“, bemerkte René nachdem er die Brotscheibe aufgegessen und von seinem heißen Tee genippt hatte. „Dann haben wir ja einen Moment Zeit, damit ich Dir etwas ganz wichtiges mitteilen kann.“
Gespannt sah Cassandra ihn an. „Worum geht es?“, fragte sie dann neugierig. „Es geht um meine berufliche Zukunft. Die Bank hat mir nach all den Jahren wieder ein Angebot gemacht für einen längeren Aufenthalt im Ausland.“ Er stoppte und wartete eine erste Reaktion von ihr ab. Sie nickte erwartungsvoll.
„Nun“, sprach er vorsichtig weiter. „Die Kinder sind jetzt alt genug, um mit uns im Ausland zu leben.“ Sie nickte erneut. „Isabella kann, wenn sie möchte hier in Hamburg bleiben und weiter an der Uni studieren. Denn sie will sicherlich Ben nicht verlassen. So verliebt wie die beiden sind.“ Er musste grinsen. Sie grinste auch und nickte zustimmend.
„Ja, die Liebe hat unsere älteste Tochter heftig erwischt. Es heißt jetzt nur noch Ben hier und Ben dort. Aber was soll es. Wenn sie glücklich ist, dann bleibt sie eben hier in Hamburg. Vielleicht bleibt Henri bei ihr.“ Cassandra war sofort am planen, obwohl sie noch gar nicht wusste wann es losging und wohin.
René lächelte. „Du freust Dich also für mich. Du bist mir nicht böse, weil ich noch einmal meine Karriere fördern möchte?“, ein wenig zweifelnd sah er sie an. Sie lächelte sanft und nahm seine Hände in ihre Hände. „Aber René. Ich bin glücklich mit Dir und wenn Du noch einmal ins Ausland gehen möchtest, dann komme ich natürlich mit. Ich liebe Dich und folge Dir wo immer Du hingehst.“ Glücklich lächelte sie ihn an. Sehr erfreut nahm er sie in seine Arme und küsste sie. Er hatte auf genau diese Reaktion von ihr gehofft.
Dennoch gab er zu bedenken. „Aber Du weißt doch gar nicht wo die Bank mich hinschicken will?“ Sie lächelte amüsiert. Konnte er sein Glück über ihre bedingungslose Zustimmung nicht fassen, oder gab es noch einen Haken an der Sache? „Also, wohin geht der Auslandsaufenthalt?“, fragte sie daher jetzt verunsichert.
Er lächelte selbstsicher und sagte mit Zufriedenheit in der Stimme. „Sie haben mir den Posten eines General Managers angeboten. Ich bin für gleich mehrere Abteilungen zuständig. Wir bekommen ein eigenes Haus, einen Chauffeur, eine Köchin, eine Putzfrau und einen Gärtner.“ „Klingt traumhaft, aber wo fahren wir hin?“, fragte sie nun doch etwas besorgt.
Er sah den besorgten Blick in ihrem Gesicht und wusste, dass er ihr nun endlich den Ort und das Land nennen musste, in das er mit ihr und den Kindern ziehen wollte. Plötzlich angespannt holte er tief Luft und sagte. „Mexiko Wir werden für fünf Jahre in Mexiko-Stadt leben.“ Dann sah er sie aufmerksam an.
Die anfängliche Freude war aus ihrem Gesicht gewichen. Entsetzt und irritiert sah sie ihn nun an. „Mexiko?“, fragte sie nun zögernd und deutlich hörbar enttäuscht. Er nickte freudig. „Du kannst Michael und Maria regelmäßig sehen und Deine Neffen und Deine Nichten natürlich auch.“ Er hoffte sie mit dieser Bemerkung aufzumuntern. Doch er verfehlte sein Ziel.
„Mexiko? Wieso ausgerechnet Mexiko?“, fragte Cassandra verzweifelt. Ihr Herz schlug plötzlicher schneller und sie zupfte nervös eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Denn sie ahnte sofort, dass José nicht von ihrer Seite weichen würde, sobald sie wieder in seinem Land war. Er liebte sie zu sehr um diese Gelegenheit, bei ihr sein zu können, nicht zu nutzen. Zudem befürchtete sie rückfällig zu werden. Ihre Leidenschaft und Liebe für José war gerade durch Renés ständige Aufmerksamkeit, Zuneigung und Liebe in den Hintergrund gedrängt worden. Doch nun würde alles wieder aufleben und sie in ein Chaos stürzen.
Mit schmerzverzehrtem Gesicht fragte sie erneut. „Wieso ausgerechnet Mexiko? Hätten sie Dich nicht nach Brasilien, Argentinien, Chile oder nach Panama schicken können. Costa Rica ist auch ein interessantes Land. Wieso Mexiko?“ Verständnisvoll sah René sie nun an und nahm die kalten, leicht zitternden Hände seiner Frau in seine großen und inzwischen wieder warmen Hände.
Mit beruhigender, sanfter Stimme versuchte er ihr nun die Sachlage zu erklären. „Sie schicken mich nach Mexiko, weil ich damals in New York sehr erfolgreich gearbeitet habe. Der New Yorker Teil der Bank hat traditionell eine starke Verbindung zu Mexiko-Stadt. Außerdem spreche ich fließend Englisch und Spanisch. Diese Eigenschaften findet man nicht bei so vielen Managern.“ Er lächelte stolz und war froh, in der Vergangenheit auf Cassandra gehört zu haben, die ihm immer wieder klar gemacht hatte wie wichtig Fremdsprachenkenntnisse waren.
Cassandra hingegen seufzte und bedauerte jetzt, dass René Spanisch sprach. Anderseits wusste sie genau, dass nicht vorhandene Sprachkenntnisse kein wirkliches Hindernis für seinen Karrieresprung gewesen wären. Schließlich gab es Sprachkurse für Manager.
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