Flupp!
Abenteuer mit der Flupppuppe
von Annette Kautt
Betrüger-Schorschi lachte über alle, die geglaubt hatten, die Flupppuppe sei nur eine erfundene Comic-Figur. Von wegen Comic! Die Flupppuppe war echt! So echt wie der Ballonkorb, in dem er saß! Er hatte Suppe gekocht und die Puppe war ihm zugeflogen! Die Flupppuppe war bei ihm, hier und jetzt. Gemeinsam würden sie ins Blaue Gebirge fliegen und dort reich und berühmt werden!
Ein fantastischer Roman über Vertrauen und Verantwortung, Betrug und Verrat, vor allem aber über menschliche Sehnsüchte.
Copyright 2011 Annette Kautt
published at epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-0358-5
Mehr zu Betrüger-Schorschi und der Flupppuppe gibt’s in dem Roman Anna Pop in der Elefantenhaut und dem Comic Abenteuer mit der Flupppuppe unter www.rossipotti.de.
Teil 1
Glück
Tante Pim
Das Blaue Gebirge
Der Torwart
Baby
Betrug
Emily
Diät
Ruhm
Kesselberg
Herzblut
Krise
Üpsilon
Die Geizige Geisel
Die Flupppuppe
Der Blaue Diamant
Sprich Wörter
Suppe
Teil 2
Urban
X-TV
Mr. Mango
Hotel Juilong
Arif Machmaal
Spirou
Camcau
Schwarz
Minky Pinky
Grün
Der junge Hubel
Ausbruch
Mountain-Channel
Reich und berühmt
Frei
„Endlich frei“, lachte Betrüger-Schorschi und sah auf die immer kleiner werdenden Häuser unter sich.
Die flugfähigen Plastik-Beine der Flupppuppe wurden prall und zogen den Korb, in dem er saß, noch ein Stückchen höher.
„Habe ich das nicht toll gemacht, Flupppuppe? Die ganze alberne Gesellschaft mit dir zu überraschen? Keiner davon hat an dich geglaubt. Nur ich wusste, dass es dich wirklich gibt! Es musste dich einfach geben. Denn wäre ich sonst entkommen?
Unvorstellbar, als Arzt noch länger bei der Familie Pop fest zu sitzen und meine Zeit mit dem Heilen einer absurden Krankheit zu verplempern! Seite an Seite dieses grässlichen Angeber-Luzis.
Aber jetzt, Flupppuppe, jetzt werden wir miteinander die Welt erobern! Wir werden Länder entdecken, die noch keiner gesehen hat, und Taten vollbringen, die die Naturgesetze widerlegen.
Wir werden reich und berühmt! Noch in tausend Jahren wird man sich an uns erinnern!“
Betrüger-Schorschi stieß ein freudiges Triumphgeheul aus.
‚Wenn ich mich beeile’, dachte er, ‚komme ich noch vor Nachteinbruch bei Tante Pim an. Wenn ich nett zu ihr bin, hat sie sicher nichts dagegen, dass ich meinen Ballonkorb in ihrem Garten abstelle. Und wenn ich sehr nett bin, gibt sie mir morgen sogar eine große Tüte Proviant mit. Wer weiß, wann ich das nächste Mal wieder etwas zu essen bekomme?! Im Blauen Gebirge wahrscheinlich nicht. Denn wenn es stimmt, was man sich darüber erzählt, sind die Menschen im Blauen Gebirge alles andere als gastfreundlich. Da landet man schnell in einem Kochtopf oder fällt wie durch Zufall in eine Felsspalte.
Aber genau deshalb wollen wir ja dort hin, Flupppuppe! Denn berühmt wird man nicht durch Zusammensitzen bei Keksen und Tee, sondern durch das Bezwingen von Gefahren!’
Glücklich und überaus zufrieden mit sich selbst schaute Betrüger-Schorschi auf die Welt hinab. Er sah klein parzellierte Äcker und Wiesen, Obstbaumplantagen, Häuser und Straßen, die sich durch die Landschaft fraßen.
Als er die beiden Kühltürme von Benning entdeckte, wusste er, dass er sich weiter südlich halten musste. Er öffnete eine Klappe im Bein der Flupppuppe und ließ ein wenig Gas ab. Die Puppenbeine sanken, bis er von einem Luftstrom, der Richtung Süden wehte, getragen wurde.
Betrüger-Schorschi pfiff das Lied der Flupppuppe. Die Puppe sang es immer, wenn sie im Radio auf Sendung war. Sie hatte nämlich eine eigene Radio-Show!
Die Show war einmalig, obwohl sie eigentlich immer gleich ablief: Am Sonntag streckte die Flupppuppe ihre Plastik-Beine durch das Fenster eines Zuhörers, dann gab es Suppe und alles wurde wieder gut.
Das Lied der Flupppuppe hatte folgenden Text:
Ich bin die tolle Puppe,
nur mit mir gibt’s Suppe.
Bist du mal alleine,
dann rufe meine Beine:
Meine zarten, schlanken
prallen Hinterpranken
Zick zack zong
ohne Gong!
Ich bin die tolle Puppe
Nur mit mir gibt’s Suppe.
Ich helfe immer allen,
den Menschen und den Quallen.
Doch wenn du meine Beine stichst,
dann helfe ich dir nicht.
Denn ohne Beine,
bin ich keine.
Ich bin die tolle Puppe
Nur mit mir gibt’s Suppe.
Bist du in großer Not,
ich bring’ es dir ins Lot:
Mit meinen zarten, schlanken
flugsichren Hinterpranken
Zick zack zong
ohne Gong!
Betrüger-Schorschi durchströmte ein unglaubliches Glücksgefühl. Eigentlich war es unfassbar, dass er hier und jetzt mit der Flupppuppe Richtung Süden fahren durfte! Es war unvorstellbar, dass die Puppe mit dem fremden Herzen ihn unter Tausenden von Zuhörern auserwählt hatte, ihm zu helfen!
Andererseits, so dachte Betrüger-Schorschi, andererseits war es auch mehr als verständlich, dass die zauberhafte Puppe gerade ihm zugeflogen war. Denn hatte er ihr nicht eine unglaublich gute Suppe gekocht? Hatte er nicht eine Suppe geschaffen, die alle bisherigen Geschmackserlebnisse sprengte und auf der Zunge eine unerträgliche Sehnsucht nach mehr Suppe hinterließ? Und war es unter diesen Umständen nicht beinahe zwingend, dass die Puppe zu ihm gekommen war?
Betrüger-Schorschi lachte über alle, die geglaubt hatten, die Flupppuppe sei nur eine erfundene Figur.
„Die Flupppuppe ist doch nur die Heldin eines Comics!“ hatte Angeber-Luzi zu ihm gesagt.
„Warum kann man sie dann im Radio hören?“ hatte Betrüger-Schorschi geantwortet.
„Weil ihr eine Sprecherin ihre Stimme leiht!“
„Genau!“ hatte auch die vorwitzige Tochter der Pops gemeint: „Die Sendung ist nur eine Vertonung des Comics!“
Quatsch! Von wegen Vertonung eines Comics! Die Flupppuppe war echt! So echt wie der Ballonkorb, in dem er saß!
Und deshalb hatte er auch Recht behalten! Er hatte Suppe gekocht und die Puppe war ihm zugeflogen!
Dass sie aus nichts weiter als zwei aufgeblähten Plastikbeinen bestand, hatte ihn anfangs zwar etwas verwundert, aber eigentlich spielte das keine Rolle. Die Puppe war bei ihm, hier und jetzt, und gemeinsam würden sie reich und berühmt werden!
„Es regnet nicht, und wir haben Nordwind!“ lachte Betrüger-Schorschi. „Wir müssen also nichts anderes machen, als abzuwarten, bis uns der Wind direkt in Tante Pims Garten bläst!“
Pfeifend setzte er sich auf den Korbboden und packte sein Vesper aus. Es war ein exquisites Vesper, denn er war nicht nur ein vorzüglicher Arzt, sondern auch ein erfinderischer Koch. Und so hatte er sich trotz der Eile vorhin noch ein Fischkompott und gefüllte Maronen zubereitet.
Nach dem Essen rülpste er ausgiebig und streckte sich auf dem Boden aus. Über ihm schwangen die aufgeblähten Puppenbeine auf und ab, auf und ab und auf und ab ...
Er sah noch, wie ein paar Vögel den blauen Himmel durchschnitten, dann war er eingeschlafen.
Im Traum befand er sich mit der Flupppuppe hoch über dem Blauen Gebirge. Ein Adler flog über ihnen und ließ ein riesiges goldenes Ei in den Korb fallen. Der Korb verformte sich zum Thron. Auf seinem Kopf war ein Häuptlingsschmuck und ein kleiner Mensch krümmte sich vor ihm auf der Erde. Doch die Flupppuppe riss ihn vom Thron weg, flog mit ihm übers Meer und auf einen großen Fels zu. Auf dem Fels war ein Nest, in dem wieder der Adler saß. Der Adler schraubte seinen Hals wie ein Teleskop auf sie zu. Seine Augen funkelten gefährlich und seine Federn spreizten sich senkrecht. Gerade wollte er mit seinem Schnabel die Beine der Flupppuppe zerhacken, da bekam der Korb einen kräftigen Stoß, etwas plumpste auf seinen Boden und Betrüger-Schorschi fuhr erschrocken in die Höhe.
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