1 ...7 8 9 11 12 13 ...23 »Ja, es wäre sehr nett, wenn Sie die Uniformierten abziehen, der Kurator ist sicherlich schon schweißgebadet. Wir versprachen ihm einen reibungslosen Museumsbetrieb. Auf Wiedersehen.«
Als sich der Commissaire eine Kippe in den Mund steckte und diese auch noch anzünden ließ, wusste ich überhaupt nicht mehr, was ich sagen sollte. Er rauchte in einem Museum! Wenn das der Kurator erfuhr, bekäme er doch noch einen Herzinfarkt. Leicht verwundert zeigte ich auf die Zigarette. »Monsieur, hier herrscht totales Rauchverbot!«
Ein Uniformierter kam in den Ausstellungsraum: »Bonjour, ich wollte nochmal nachfragen, ob der Koleos dort draußen wirklich abgeschleppt werden soll.«
Als ich das hörte, flippte ich beinahe aus. »Nein, er wird nicht abgeschleppt! Wir sind mit einem SUV Renault Koleos hier her gekommen. Der Parkausweis liegt hinter der Windschutzscheibe! Sind sie nicht nur blond, sondern auch noch blöd? Und wieso fragen Sie nochmal ?«
***
Nun hatten es Bruno und sein Kollege ziemlich eilig. Sie verabschiedeten sich zügig und waren froh, diese Idioten erst einmal hinter sich zu lassen. Weniger froh waren sie darüber, dass Lucas Perrier ihnen eine mehr als gepfefferte Predigt halten würde.
»Sag mal, Etienne, was ist nur in dich gefahren? Du legst dich nicht nur mit unserem Boss, sondern auch noch mit Interpol an?«, fragte Vincent mehr als irritiert.
»Weißt du, was es mit Statistiken auf sich hat? Die Statistik sagt, dass man Augenzeugen nur bedingt Glauben schenken kann. Unsere Augenzeugin war sich nicht sicher, ob der Kerl mit Hut und Mantel, die Dame die Treppenstufen hinunter gestoßen hat, oder nur durch Zufall gerade vor Ort war«, erklärte Bruno.
»Ja, und was hat das jetzt mit den Agenten zu tun? Obwohl ich zugeben muss, dass mir beide mehr als verdächtig erscheinen. Vor allem der große Kerl, mit der Verbrechervisage«, sagte Vincent, der den Ausführungen seines Partners nicht ganz folgen konnte.
»Na, ist doch ganz einfach! Wenn es sich um einen Unfall handeln würde, wären nicht die Typen von Interpol gekommen und hätten einen Zwergenaufstand veranstaltet. Jetzt wissen wir, dass es eindeutig ein Mord, oder zumindest grobe Absicht war, Madame Tornier zu töten. Und glaube mir, da steckt noch weitaus mehr dahinter. Entweder handelt es sich um etwas Unheimliches, oder es ist eine politische Verschwörung. Wir sollten unbedingt die Sache ein wenig im Auge behalten.«
Vincent war schwer beeindruckt von seinem Kollegen. Es leuchtete ihm ein und er nickte. »Okay, kann nicht schaden ein wenig im Mithaufen zu stochern, aber zuerst sollten wir in der Präfektur unseren Anschiss abholen. Ach ja, deinen Sohnemann Pierre haben wir auch gefunden, er ist auf dem Weg nach Hause. Rate mal, wo er war.«
Bruno zuckte mit den Schultern. »Seitdem er Schulferien hat, geht er seine eigenen Wege. Wenn er so weiter macht, steht bald das Jugendamt vor der Tür. Wo war er und woher sollte ich das wissen?«
Legrand grinste.
»Und so etwas will Polizist sein. Na, wo war er wohl? Hier im Louvre!«
***
Der überstürzte Abgang der beiden Kommissare machte mich schon etwas misstrauisch. Im wilden Schweins-Galopp verließen sie uns. Mein Kollege trat an meine Seite und wollte gerade seinen frisch ergatterten Kaugummi auspacken und meinte: »Menschen sind wirklich schrecklich manipulativ, findest du nicht auch? Aber scheinbar habe ich jetzt die Pointe nicht verstanden.«
Schnell entriss ich ihm, trotz seines Protestes, den Streifen Kaugummi und gab ihm damit einen gezielten Schlag auf seine Igel-Frisur. »Den bekommst du heute Abend wieder, wenn du in deiner Freizeit Brocken lachen willst, bitte, aber nicht hier! Wir haben zu tun!«, entgegnete ich leicht gereizt. Schnell war der Streifen Kaugummi in meiner Tasche verschwunden. Außerdem trat ich ans Fenster und vergewisserte mich, dass mein Wagen nicht abgeschleppt wurde. Verdammt! Wieso meinte jeder Krethi und Plethi, sich an meinen Autos vergreifen zu müssen? Zum Glück hat mein Smartphone eine neue Application. Sie heißt SWIMA und bedeutet soviel wie: SCHEIßE, WO IST MEIN AUTO?
Es ist allerdings ärgerlich, wenn man sie in Anspruch nehmen muss. Es ist eine Prozedur der langen Wege. Denn dann ist das Auto auch schon eindeutig weg. Nun, in diesem Fall hatte ich das Schlimmste verhindert und schließlich stand mein Wagen immer noch an seinem angestammten Platz.
Nun zum Maulaffen feil halten hatten wir keine Zeit, die Arbeit rief.
*
Wo rohe Kräfte sinnlos walten...
(Schiller, Lied von der Glocke)
Für die geheime Organisation "Salomons Ring" arbeiten nicht nur Hominiden. Wo man die Gattung der Orks nun genau einordnen kann, wird wahrscheinlich nicht einmal die seriöse Wissenschaft zu erklären wissen. Zumal diese der Meinung ist, so etwas wie ein Ork, entstamme lediglich einer anderen Geschichte, als der von Salomons Ring. Da die anerkannte Wissenschaft die Existenz von Orks leugnet, wissen wahrscheinlich nur die Orks selbst, zu welcher Gattung der Evolution sie zählen. Im Grunde ist es ihnen auch egal, denn diese Spezies hat wenig für Wissenschaft und Evolution übrig. Sie sind geistig eher simpel gestrickt und ihre Stärken liegen vielmehr auf dem Gebiet der körperlichen Arbeit, anstatt sich um Geisteswissenschaften zu scheren. Und wenn sie schon mit dem Kopf arbeiten, dann nur, um ihn als Rammbock für verschlossene Türen zu benutzen. Kopfarbeit der anderen Art, aber bei Gebrauch, sehr effektiv. Im Grunde sind die Orks des Rings recht arriviert. Sie beherrschen die menschliche Sprache, das menschliche Verhalten und essen sogar menschliche Speisen. Auch wenn die Gabel eher einer Mistforke gleicht, so essen sie wenigstens nicht mit den bloßen Fingern. Auch sind sie so gut erzogen, dass sie wissen: Man reißt niemanden den Kopf ab, nur weil er beim Kartenspielen schummelt. Ansonsten sind sie ganz normale Orks, wie sie im Buche stehen. Da der Ring international tätig ist, sind in Paris ebenfalls Ringmitglieder stationiert. In einer geheimen Filiale laufen alle Fäden zusammen und von dort werden die Einsätze in Paris und Umgebung koordiniert.
Und nun kommen die Orks ins Spiel. Größtenteils werden sie als Stoßtrupps und Antiterroreinheit eingesetzt. Oder bei Einsätzen, die zu gefährlich für die schwache Konstitution des Menschen sind. Eigentlich könnte man sie auch als Problemlöser betrachten. Wo ein Ork auftaucht, laufen die Probleme, solange sie noch dazu in der Lage sind, davon. Und wer nicht schnell genug läuft, hat bald keine Probleme mehr und wird auch nie wieder zu einem werden. Nie wieder. Pranke drauf!
Knorkim, Gurum, Trrrizzz und Bellum trieben sich in dem unterirdischen Liniennetz der Pariser Metro herum. Sie freuten sich wie immer darauf, die hundsgroßen Metro-Ratten zu jagen. Wenn ein Ork sich freut, will das schon etwas bedeuten. Immer wieder, in unbeobachteten Momenten, verschleppten die Metro-Ratten einen Fahrgast vom Bahnsteig, und ließen ihn auf nimmer wiedersehen verschwinden. Dieser Umstand macht die Jagd auf dieses raffinierte Wesen für die Orks gleich dreifach interessant. Zum Ersten, weil diese Monsterratten verdammt schwer aufzustöbern sind; zum Zweiten, weil sie ganz hervorragend schmecken und drittens, weil sie beim Erlegen einen dissonanten Quietsch-Laut von sich geben, der in den Ohren der Orks eher dem Klang einer Symphonie zuzuordnen ist. Und wenn sie sie in schneller Reihenfolge kurz hintereinander erlegten, kam sogar ein kleines Liedchen dabei heraus. Also sozusagen Ratto-Phone für Orks ... Und eine gute Tat am Menschen war dabei auch vollbracht.
Das Rattenräumungskommando war schon tagelang im 215 km langen U-Bahn-Netz der Pariser Metro unterwegs. Und das ohne an die Oberfläche zu müssen, denn sie hatten bei der erfolgreichen Jagd gleich Proviant dabei. Um nicht völlig für ihre Arbeitgeber unauffindbar zu sein, waren sie mit einem GPS Sender ausgestattet, der es der Zentrale erlaubte, jederzeit über den Verbleib des Quartetts Bescheid zu wissen. Auch hatte man sie mit Sprechfunk ausgestattet, der es ihnen ermöglichte, sich untereinander zu verständigen, ohne dass das Echo, welches ihr Gebrüll sonst auslösen würde, die Beute auf ihren Aufenthaltsort aufmerksam zu machen. So bewegten sie sich unauffällig zwischen den 301 Stationen der Metro, um dem Ungeziefer, das die Menschheit bedroht, den Garaus zu machen. Natürlich ist dieser Job nicht gänzlich ungefährlich, doch Orks lieben die Herausforderung, die diese Unternehmung bietet. Sie sind und bleiben Jäger. Außerdem wird das U-Bahn-Netz, im Abstand von 500 m, von der nächsten Haltestelle unterbrochen. Was die Metro keinesfalls in einen völlig finsteren Ort verwandelt. Um nicht in voller Montur durch die leicht panisch werdende Menschenmenge zu waten, nahmen sie vor jeder Station den Wartungszugang, um die Haltestellen zu umgehen; damit sie anschließend dezent hinter der Station wieder auftauchten, und ihre Beute auf dem Geleis weiterzuverfolgen.
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