Andreas Zenner
GMO
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Inhaltsverzeichnis
Titel Andreas Zenner GMO Dieses eBook wurde erstellt bei
Vorwort Vorwort Denn das wissen wir: Die Erde gehört nicht den Menschen Der Mensch gehört zur Erde. Das wissen wir Alles ist miteinander verbunden, wie das Blut, das eine Familie vereint. Alles ist verbunden. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne und Töchter der Erde. Der Mensch schuf nicht das Gewebe des Lebens, er ist darin nur eine Faser. Was immer ihr dem Gewebe antut, das tut ihr euch selber an. Zugeschrieben dem indianischen Häuptling Seattle (1855)
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Impressum
Vorwort
Denn das wissen wir:
Die Erde gehört nicht den Menschen
Der Mensch gehört zur Erde.
Das wissen wir
Alles ist miteinander verbunden, wie
das Blut, das eine Familie vereint.
Alles ist verbunden.
Was die Erde befällt, befällt auch die
Söhne und Töchter der Erde. Der Mensch
schuf nicht das Gewebe des Lebens, er
ist darin nur eine Faser.
Was immer ihr dem Gewebe antut, das
tut ihr euch selber an.
Zugeschrieben dem indianischen Häuptling Seattle (1855)
Coronado
„Eigentlich“, sinnierte Heinrich, „sollte ich glücklich sein, eigentlich.“ Die Kühle der Nacht wehte durch das offene Fenster, draußen dämmerte ein klarer Tag herauf. Die Luft noch still, nicht erfüllt vom Lärm des Tages und den Abgasen der endlosen Autoschlangen, die sich jedes Wochenende über die Coronado Brücke an den Silver Strand schoben. Von der Bay klang gedämpft das Heulen einer Schiffssirene herüber. Auf der Straße vor dem Haus klirrten die Flaschen des Milchmannes, der wie jeden Morgen, auch samstags, seine Kunden belieferte.
„In einer halben Stunde radelt der Zeitungsjunge vorbei“, dachte Heinrich. Er lag entspannt auf dem Rücken; die Augen halb offen blinzelte er zur Decke, wo der Ventilator müde herumhing, bevor er gegen Mittag, wenn die Hitze wie heißer Atem durch die Stadt fuhr, mit seiner Arbeit beginnen würde. Neben ihm, von einem dünnen Laken kaum verhüllt, zeichneten sich die Konturen seiner Frau ab. Sie wirkte jung, zart, und zerbrechlich. Ihre schwarzen Haare kringelten sich auf dem Kopfkissen. Einen Arm unter das Kissen geschoben, ruhte sie halb auf der Seite und schlief. Sie atmete leicht und gleichmäßig, wirkte ein wenig erschöpft von den Anstrengungen der Nacht. Erste fahle Lichtstrahlen tasteten sich durch das Schlafzimmer, schemenhaft schwammen die Möbel im Halbdunkel. Er wagte nicht sich zu rühren, auf keinen Fall wollte er sie wecken. Sein Blick schweifte ziellos durch den Raum, blieb am achtlos über den Stuhl geworfenen Kleid, ihrer Unterwäsche hängen.
Sie bewohnten ein schönes, geräumiges Haus mit einem großen Garten, hatten gute Jobs, in der Garage parkten zwei Wagen und sie konnten es sich leisten, die Straße hinunter zu bummeln, um bei ihrem Lieblingsmexikaner zu essen, wann immer sie Lust dazu hatten. Scharfe Tortillas, oder mit Fleisch gefüllte Tamales. Eine sanfte Meeresbrise bauschte die Vorhänge und schüttete einen Hauch kühle Luft ins Schlafzimmer. Heinrich fröstelte um die Schultern und er zog sein Laken höher. Die leichte Bewegung genügte, Cielo wach zu machen. Sie öffnete die Augen einen Spalt, forschte in seinem Gesicht, schob ihre kleine Hand unter sein Laken und suchte die seine.
„Kannst du nicht schlafen?“ Er nickte. Sie sahen sich unverwandt an, zu ermattet um zu reden. Ein wohliges Gähnen huschte über ihr Gesicht. Dankbar spürte er der Nähe zwischen sich und seiner Frau nach, genoss die stille Zärtlichkeit des erwachenden Morgens. Er räkelte sich ein wenig im Glück wortlosen Vertrauens.
„Komm“, flüsterte sie und hob ihr Laken leicht an. Er schlüpfte zu ihr. Sie schmiegten sich träge aneinander und er fühlte ihre schlaftrunkene Wärme auf seiner Haut.
„Es ist schön mit dir“, lächelte er. Er küsste zärtlich ihre Lider, strich über ihr schwarzes Haar, folgte der Wölbung ihres Nackens, ihres Rückens. Sie ließ es geschehen, lag da, matt und schnurrend wie eine Katze in der Morgensonne. Er liebkoste ihren Po, ihre Oberschenkel. Ein leichter Schauer huschte über ihren Körper.
„Schon wieder“, wisperte sie und zog belustigt die Augenbrauen hoch. Statt zu antworten küsste er ihren Mund, fuhr mit der Zunge zwischen ihre Zähne. Er liebte es morgens mit ihr zu schlafen. Es fühlte sich anders an als nachts, sanfter, zärtlicher. Kein wilder Trieb drängte sie zueinander, kein lustvolles Ringen, keine verzehrende Leidenschaft. Es glich eher – er suchte nach einem Vergleich – es glich den sanften Wellen des Meeres, die über seinen Körper plätscherten, wenn er am Strand in der Sonne lag. Sie kamen und gingen, streichelten die Haut, umspülten alles bis tief ins Herz hinein. Der Leib gab sich dem Rieseln des Sandes hin, den Strahlen der Sonne. Kein Gedanke mehr an die Arbeit, an den ständigen Ärger mit seinen Auftraggebern. Sich lautlos treiben lassen, eins werden mit dem Meer, der Sonne, dem Sand und ihr. Er tauchte ein in ihre Weichheit, ihre Wärme, ihre Liebe. Tiefe Freude durchflutete ihn, er hätte laut jauchzen können, so glücklich kam er sich vor.
„Ist es gut?“, hauchte sie. Sie roch seine Haare, die immer eine Spur nach Meer dufteten und schmeckte seine leicht salzige Haut.
„Ich liebe dich, ich liebe dich, mehr als alles auf der Welt.“
Sie streichelte ihm das Gesicht und er wurde gewahr wie eine Träne aus ihrem Augenwinkel über die Schläfe in das schwarze Haar rann. Behutsam, ohne sich von ihr zu lösen, küsste er sie weg.
„Es wird schon“, raunte er ihr tröstend zu. „Wir haben so viel Zeit.“
Sie wusste, er hatte recht – und doch. Eine bange Ahnung zog wie ein grauer hässlicher Schatten durch ihr Herz.
„Denk nicht daran, nicht jetzt.“
Sie schloss die Augen, so konnte er ihre Tränen nicht sehen. Und doch waren sie da. Er liebte sie ganz sanft, voller Inbrunst, als glitten sie, ineinander verschlungen durch das stille Wasser eines Sees, im gleichen Rhythmus, im gleichen Atem. Fast unmerklich kam es ihm und er genoss es anders, inniger, zärtlicher als im Dunkel der Nacht. Lange hielten sie sich im Arm, lagen eng aneinander geschmiegt, als müssten sie sich wärmen.
„Das war schön“, hauchte sie ihm ins Ohr, „lass uns noch ein wenig schlafen.“
Behutsam löste er sich von ihr, wickelte sich in sein Laken und schlief gleich einem Kind sofort ein. Cielo regte sich nicht. Lautlos liefen die Tränen über ihr Gesicht, tropften auf das Kopfkissen, bildeten einen feuchten Fleck. Sie wollte das nicht, wusste nicht einmal zu sagen, warum ihr gerade jetzt die Tränen kamen. Allein sie konnte sich nicht dagegen wehren. Sie spürte den Kloß in ihrer Kehle, versuchte ihn hinunter zu schlucken, vergeblich.
„Ich bin doch glücklich, ich habe den liebsten Mann der Welt“, sprach sie sich in Gedanken Mut zu. Möglicherweise hatte er recht, vielleicht müssten sie sich nur gedulden; sie war noch jung, knappe 32 Jahre. Woher also kam diese dunkle Ahnung, die sie von Zeit zu Zeit heimsuchte? Sie bemühte sich, die trüben Gedanken zu verscheuchen, versuchte an etwas Schönes, Heiteres zu denken. Die ersten Sonnenstrahlen hüpften ins Schlafzimmer, malten lustige Kringel an die Decke, sprangen auf ihr rotes Kleid, ließen die Farben für einen Augenblick hell aufblitzen. Dann fielen ihr die Augen zu und sie sank in einen unruhigen Schlaf.
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