»Hey Marc, richtig? Ja danke, wie du hörst, bin ich gut nach Hause gekommen. Ich kann mich gar nicht erinnern, dass ich dir meine Nummer gegeben habe.« Ich muss mich selbst beruhigen, denn das ist mal wieder so typisch für mich.
»Ok, ich wollte dich eigentlich fragen, ob du heute Abend schon was vorhast? Wir könnten etwas trinken gehen.« Kurze Stille, ich habe nicht vor, etwas darauf zu erwidern.
»Ich fand den Abend so schön und du gehst mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich habe noch keine Frau kennengelernt, die so gut küsst wie du.« Ich höre ein unsicheres Lachen.
Puh, ich hätte es wissen müssen. Ich könnte mich wirklich in den Arsch beißen. Das hat man nun davon, wenn man einfach mal Spaß hat. Am liebsten würde ich sofort Lizzie anrufen, sie ist schließlich dafür verantwortlich. Da liegt sie mir seit Wochen in den Ohren, ich muss unbedingt mal wieder unter Leute, mich amüsieren, und dann hör ich endlich auf sie und tu genau das. Und jetzt krieg ich den Typen nicht mehr los. Das ist übrigens schon Nummer zwei in den letzten 6 Wochen. Wie wimmle ich den Typ jetzt ab? Ich fand es ja auch ganz nett, einen Abend lang zu genießen, sich begehrenswert fühlen, Komplimente einfahren und knutschen, was das Zeug hält.
»Ne sorry, das geht leider nicht. Heut Abend bin ich mit meinen Mädels verabredet. Da kann ich nicht einfach absagen.« Ich hoffe, damit hat sich das jetzt erst einmal erledigt.
»Na das ist doch auch schön. Was macht ihr denn Schönes?«
Höre ich da Spott in seiner Stimme? Na warte.
»Du, das steht noch nicht fest, das machen wir immer spontan. Wir treffen uns bei einer Freundin und irgendwann sind wir uns dann einig, was wir tun.«
So, und mehr geht ihn wirklich nichts an. Aber der Junge ist wirklich nicht leicht abzuschütteln, denn er macht einfach den nächsten Vorschlag.
»Und wie wäre es morgen zum Brunch? Ich lade dich ein, dann können wir uns mal richtig kennenlernen und nebenbei gleich Frühstück und Mittagessen erledigen.« Hoffnungsvoll setzt er noch hinzu: »Komm schon, da kannst du fast nicht Nein sagen, das ist doch echt harmlos.«
Herrje, damit mag er ja recht haben, aber ich möchte mich nicht mit ihm treffen. Nicht zum Brunch und nicht abends und überhaupt nicht mehr, nirgends.
»Nein, das geht nicht. Erstens weiß ich gar nicht, wann ich nach Hause komme und morgen bin ich bei meiner Mutter zum Essen.« Ich kann meinen Unmut langsam nicht mehr verbergen, möchte ihn aber nicht anschnauzen, das hat der arme Kerl einfach nicht verdient. Wo bleibt meine Schlagfertigkeit, herrje. »Weißt du was, jetzt lassen wir erst mal das Wochenende vorbeigehen und im Laufe der nächsten Woche kannst du dich ja wieder melden. Also eher so Richtung Freitag, ich bin unter der Woche nicht oft zu Hause.« Man, jetzt muss ich auch noch lügen. Warum kann ich nicht einfach sagen, dass ich es zwar auch toll fand, aber nie damit bezweckt hatte, ihn gleich zu daten. Wieder fällt mir Liz ein. Echt komisch, bei ihr funktioniert das immer. Sie hat Spaß, knutscht mit den Typen rum, lässt sich einladen und kann den Abend auch noch danach genießen, denn die Typen melden sich nie wieder bei ihr und umgekehrt genauso. Warum also ist das bei mir nicht so? Warum wollen mir die Typen immer gleich einen Heiratsantrag machen? Ich finde das so unangenehm und beschließe hier und jetzt, das nie wieder zu tun. Lieber sitze ich gelangweilt vor der Glotze und heul mir bei Armageddon die Augen aus dem Kopf, als jedes Mal in so eine unangenehme Situation zu kommen und die Typen abwimmeln zu müssen. Wenn ich doch wenigstens nicht jedes Mal Mitleid mit ihnen hätte. Zum Glück ist der Typ nicht ganz schwer von Begriff und stimmt meinem Vorschlag halbherzig zu. Wir wünschen uns ein schönes Wochenende und dann kann ich endlich auflegen. Man, man, das ist doch wirklich nicht zu fassen. Da macht der Typ sich wirklich die Mühe, meine Nummer ausfindig zu machen, nachdem ich ihn am Vorabend schon habe abblitzen lassen, als er meine Handynummer wollte. Ich muss meinem Unmut jetzt Luft machen, und wer würde sich da besser eignen als die Dame, die mit Schuld hat an diesem Schlamassel? Nach dem dritten Tuten geht sie ran. «Hey Süße, was gibt’s? Du ich habe nicht viel Zeit, ich bin auf dem Sprung zum Friseur. Ist doch heute mal wieder soweit. Ich kann mich aber echt nicht entscheiden, ob ich mal eine andere Frisur machen lasse. Du kennst doch meine doofen Haare. Da geh ich mit einem Bild rein und sag, genauso will ich aussehen, und raus komm ich mit einem Wischmopp à la Whitney Houston zu ihren schlechten Zeiten.» «Liiiiiizzzzziiiiiiiiie, kannst du jetzt mal bitte Luft holen und mich auch sprechen lassen, ja?» Ich bin echt etwas verstimmt und wünsche mir nur einmal, dass sie nicht pausenlos drauflos quatscht. «Ich bin echt sauer auf dich, nur damit du Bescheid weißt.» Ich schmolle leise vor mich hin. «Auf mich? Warum? Was habe ich denn getan? Habe ich was verpasst?», kommt die verwunderte Stimme aus dem Hörer. «Nein Schätzchen, du hast nichts verpasst, aber rate mal, wer mich soeben angerufen hat. Und nach einem Date gefragt hat. Und dabei ziemlich penetrant war. Und der im Übrigen findet, dass ich toll küssen kann.» Sie kann es nicht lassen, sie kann sich das Lachen nicht verkneifen und prustet, für mich völlig unverständlich, los. Noch bevor ich mit ihr schimpfen kann, fängt sie sich. Ihr mitleidig-amüsierter Tonfall nervt mich echt. «Oh je, ach nein, nicht schon wieder. Das tut mir echt leid. Ich meine, langsam frag ich mich, was du mit den Typen machst. Das ist schon Nummer Zwei, der dich heiraten will», ihr Lachen wird leiser. «Warum passiert mir das nie? Die Typen wollen meine Nummer nicht, manche nicht einmal meinen Namen.» «Darf ich dich daran erinnern, dass ich dem Typen, er heißt übrigens Mark, meine Nummer gar nicht gegeben habe gestern? Er hat mich auf dem Festnetz angerufen, auf dem Festnetz! Also muss er irgendwie meinen Nachnamen rausgekriegt haben und hat dann im Örtlichen geschaut.» Meiner Empörung Luft zu machen, tut gut. «Und warum genau bist du jetzt sauer auf mich? Ich habe dem Typen bestimmt nicht deine Nummer gegeben oder ihm gesagt wie du heißt.» Liz ist beleidigt, aber das ist mir egal. «Na so einfach ist das nicht, meine Liebe», erwidere ich, eine extra Spur Groll in die Stimme legend. «Wer liegt mir denn ständig in den Ohren, ich müsste mich ablenken, ich müsste unter Leute und mich amüsieren usw. Und ich sag dir jedes Mal, dass ich das nicht möchte. Und wenn ich dann doch nachgebe, dann habe ich den Kerl aber sowas von an der Backe.» Puh, jetzt geht’s mir besser. «Und jetzt schwing gefälligst deinen Arsch hier her und hilf mir, einen Plan zurechtzulegen, mit dem ich diesen Typ loswerde. Und zwar ohne dass ich ihn großartig verletze, oder gar beleidige.» «Ich kann ja verstehen, dass dich das nervt, ehrlich. Aber warum sagst du das nicht einfach am Telefon? Du hättest doch einfach nur zu sagen brauchen, dass es für dich auch schön war, du aber kein Interesse an einer Beziehung hast, von mir aus, weil du gerade eine hinter dir hast.» Oh man Liz, ich hasse dich. Ich hasse es, wenn sie recht hat, aber das nützt mir jetzt auch nichts mehr. «Weil ich nicht so schlagfertig und abgebrüht bin wie du, meine Liebe», hört sich ernster an, als ich es wirklich meine. Ich schlage einen versöhnlichen Tonfall an. «Also du Nuss, kannst du jetzt nicht einfach mal Mitleid mit mir haben, dich ins Auto setzen und einfach zu mir kommen?» «Schätzelein», hör ich sie zwitschern, «ich hatte sowieso vor, heut Abend zu dir zu kommen, wie du weißt, haben wir etwas vor. Also wirst du dich jetzt noch etwas gedulden müssen. Trink einen starken Kaffee oder von mir aus auch einen Schnaps und beruhig dich mal.» «Ok, ist ja gut, ich habe es kapiert. Also dann bis Später. Übrigens, ICH habe dich auch lieb.»
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