Der zweite Behemoth hatte den Tod seines Gefährten offensichtlich gar nicht zur Kenntnis genommen, er stürmte unbeeindruckt auf Rrordrak los.
Plötzlich verdunkelte sich für einen Moment die Sonne, dann war der Behemoth von einem Flammenmeer eingehüllt.
Ein ohrenbetäubendes Brüllen erklang, aus den Flammen taumelte das brennende, blicklos um sich schlagende Monster.
Der Schatten senkte sich herab und ein gigantischer schwarzer Drache landete mit ausgefahrenen Klauen auf dem brennenden Ungeheuer.
Ein mahlender Biss und das Brüllen verstummte. Stille herrschte auf der Lichtung, nur das leise Knistern der Flammen im Fell des Behemoth war zu hören.
Langsam und majestätisch hob der Drache den Kopf und sah Rrordrak aus wenigen Schritt Entfernung mit seinen schwefelgelben Augen an.
Rrordrak schluckte. Selbst im Vollbesitz seiner magischen Kräfte hätte er gegen diesen Gegner keine Chance. Ihm blieb nichts anderes als abzuwarten, was geschah.
Er sah dem Drachen fest in die Augen und konzentrierte sich auf das Flackern in den gelben Augen.
Minutenlang bewegte sich keiner der beiden Protagonisten, sogar die Natur schien zu schweigen. Kein Ton durchbrach die Stille. Dann ein Zucken, das doppelte Lid des Drachen schloss sich. Ein geistiger Funke schien zu einem Feuer aufzulodern, ein Kreis schien sich zu schließen, zwei finstere Wesen fanden ihre Bestimmung.
Der Drache wandte den Kopf ab, wie eine Geste der Scham, dass er in dem schweigenden Wettkampf der beiden düsteren Seelen unterlegen war.
Mit festen Schritten trat Rrordrak vor und legte dem Drachen die Hand auf die stahlharten Schuppen der Schnauze. Der Drache zuckte und stieß eine kurze Rauchwolke aus.
Rrordrak blieb unbeeindruckt und rieb mit der Hand fest an einer weichen Stelle am Nasenloch.
Der Drache blieb bewegungslos sitzen, dann stieß er ein kurzes zufriedenes Grunzen aus.
Lange streichelte Rrordrak den Drachen, während dieser die Behandlung genüsslich über sich ergehen ließ.
Dann wandte der neue Schwarzdruide sich ab und ging einige Schritte in die Richtung aus der er auf die Lichtung gekommen war.
Sofort richtete der Drache sich auf und sah ihm nach, dann folgte er dem Mann mit langen schweren Schritten, wie ein Hund.
In dieser Nacht tötete Rrordrak Farzorn und alle anderen Schwarzdruiden im Lager.
Er erschlug seinen Lehrmeister mit dem knorrigen Blutdornstock, ein wuchtiger Schlag zertrümmerte Farzorn den Schädel.
Dann schleppte er den Leichnam des Anführers der Schwarzdruiden auf den Platz zwischen den Höhlen.
Ein kurzer Spruch, ein Vorstoßen des Stocks, und aus dessen Spitze schlug ein Blitz in den Monolithen und ließ den hohen Stein und den Altar bersten.
Rrordrak spürte dabei eine enge Verbundenheit zu dem schwarzen Drachen, die seine magischen Fähigkeiten in bisher ungeahnte Höhen steigen ließ.
Aus den umliegenden Höhlen rannten die Schwarzdruiden auf den Platz und sahen sich verwirrt um. Rrordrak gab ein Zeichen mit seinem Stock und aus dem Dunkel schälte sich die riesenhafte Gestalt des Drachen.
Bevor einer der Männer reagieren konnte ließ der Drache eine verheerenden Feuerstoß aufflammen, der den wehrlosen Männer in Sekundenbruchteilen die Haut vom Körper schälte, das Fleisch schmelzen ließ und die Knochen zu feiner Asche verbrannte.
Die unglaubliche Hitze ließ den Sand des Platzes wie geschmolzenes Glas blubbern.
Rrordrak hatte sich in den Schutz des Eingangs von Farzorns Höhle zurückgezogen.
Zwei Nachzügler, die mit offenem Mund staunend auf das furchtbare Geschehen starrten, tötete Rrordrak mit blau flirrenden Blitzen aus dem Stock.
Er blickte hinab auf die kleinen Aschewolken, die von einem leichten Windstoß über den Platz getrieben wurden und Tränen des Stolzes und der Freude liefen über seine eingefallenen Wangen.
Rrordrak der Verbrecher war nicht mehr, das Wissen um diesen Mann war mit den eingeäscherten Schwarzdruiden gestorben.
Ab jetzt gab es nur noch Rrordrak den Schwarzdruiden und Herrn des Drachen.
Und so begann sein Zug zur Eroberung der Fernen Insel.
Ihm war klar, dass selbst die Macht seiner finsteren Magie und die Stärke seines Drachen nicht ausreichen würden, um die Insel zu beherrschen.
Er war weiterhin sterblich, genau wie sein Drache, solange er keinen Weg gefunden hatte, diese Sterblichkeit hinter sich zu lassen.
Was er jetzt brauchte, waren eine Armee, die ihm folgte, eine Basis, die leicht zu verteidigen sein würde, aber gleichzeitig Ausgangspunkt für weitere Angriffe auf den Rest der Insel sein konnte und eine Möglichkeit die Zufuhr weiterer unerwünschter Gäste aus der Alten Welt zu unterbinden.
Der Weg nach Arkadien begann.
Rrordrak verspürte erneut einen stechenden Schmerz im Kopf, ein dünner Blutfaden sickerte aus seiner Nase.
Dann war die Pein vorbei.
Er wischte sich das Blut aus dem Gesicht und setzte sich auf einen schmutzigen Stuhl, stützte den Kopf in die Hände und starrte dumpf brütend in die Dunkelheit.
Das also waren Sie , die Nebelinseln.
Natürlich hatte Nat unzählige Geschichten über die Nebelinseln gehört, natürlich hatte er auch in der Alten Welt viele Male Nebel erlebt, aber das hier war etwas anderes.
Dieser Nebel lag über dem Wasser wie eine Wand. An den Rändern zerfaserte der Nebel nicht, er bildete eine kompakte Masse, die scheinbar wie mit dem Messer geschnitten endete.
Seit mehreren Stunden war der Nebel am Horizont zu erkennen und jetzt waren die sylthanischen Schiffe nur noch etwa fünfzig Schiffslängen entfernt.
Voraus war eine große hölzerne Insel erkennbar, hier hatten die Länder der Alten Welt eine gemeinsame Station eingerichtet, die den Verkehr zwischen der Alten Welt und der Fernen Insel überwachte.
Auf dieser Station waren immer etwa zehn Soldaten, die alle Schiffe registrierten, die in den Nebel hinein fuhren oder den Nebel verließen.
Der Schiffsverkehr wurde direkt per Luftpost an den sylthanischen König gemeldet. Hierzu waren auf der Station luftige Käfige mit Habichten und Feennymphen aufgestellt.
Die Soldaten schrieben ihre Nachrichten auf kleine Schriftrollen, gaben sie den winzigen Feennymphen in die Hand, die dann auf den Habichten zum Königshaus flogen und die Nachricht dort ablieferten.
Die Station markierte auch für die anfahrenden Schiffe die Einfahrt in die Strömung, die durch den Ring der Nebelinseln in das Meer der Fernen Insel führte.
Die drei sylthanischen Schiffe kamen kurz nach der Mittagssonne an der Einfahrt zum Strudel an. Mit den Flaggen wurden vom Führungsschiff, auf dem Nat und Jargo sich befanden, die Anweisungen für die Formation zur Durchfahrt gegeben.
Die Portalia , die den Konvoi bisher an der Steuerbordseite begleitet hatte, schwenkte als erste ein und fuhr direkt auf eine hohe Boje zu, die etwa eine Schiffslänge vor der Nebelwand verankert war.
Ihr folgte die Katalanya , ehe als letzte die Lysitana die schwimmende Station passierte.
Die Soldaten von der Station winkten herüber und riefen freundliche Grüße über das Meer.
Die Matrosen der Katalanya ließen ein vorbereitetes Floß über die Bordwand herunter, das von der leichten Strömung zu den Soldaten der Station getragen werden würde.
Hierauf waren Nahrung und Getränke, aber auch Geräte und Werkzeug, das die Soldaten für die Instandhaltung der Station angefordert hatten.
Da in letzter Zeit immer weniger Schiffe den Weg in den Nebel nahmen, wurde es auch schwieriger die Versorgung der Soldaten sicher zu stellen. Und was die Feennymphen auf ihren Botenflügen mitführen konnten, hätte für einen ausgewachsenen Mann nicht einmal für eine Mahlzeit gereicht.
Mit langen Staken zogen die Soldaten das Floß an die Station
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