Spätsommerkarussell
Jeder kann den »Moonwalk«-Gang lernen –
in nur sieben kurzen Lektionen!
Besonderen Dank an Maryla Takoyaki, nicht nur für ihre Hilfe und Geduld ...
1. Auflage, Juni 2018.
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Texte: © Copyright by E. M. Obszarski (Herausgeber)
Umschlag und Layout: © Copyright by E. M. Obszarski (Design)
Lektorat: Thirza K. Albert, Stuttgart
Titel-Font auf dem Umschlag: »Circo«, mit freundlicher Genehmigung Tano Veron
Internet-Seite zum Buch: www.sommerkarussell.de
Programmierung der Internet-Seite zum Buch: Malte Köhrer, www.netzkomplex.de, Hamburg
Verlag: E. M. Obszarski
Am Herrengarten 77
53229 Bonn
e.m.obszarski@t-online.de
Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1: Dienstag Kapitel 1: Dienstag Für einen Dichter wäre es die Zeit der Morgenröte gewesen, die Zeit, der nachgesagt wird, dass sie aufblüht, während die Engel des Tages ihre Flügel entfalten … Die gesegnete Zeit der vollkommenen Stille, in der die Vögel das Schweigen bewahren, die Gezeiten verstummen und der Atem des Universums anhält. Ein wahrlich magischer Moment, in dem der schüchterne Tag noch nicht auszubrechen wagt und der verträumte Vorhang der Nacht dem Gesetz des ewigen Zyklus nur widerwillig nachgeht … Für mich war es die Zeit, um die mich gewöhnlich der Krach der ersten Mülltonne, die unser übereifriger Hausmeister auf die Straße schob, aus dem Schlaf riss: Es war halb vier Uhr morgens. Doch in dieser Nacht hatte ich gar nicht geschlafen und der Moment war alles andere als magisch. Mit einem Pappbecher in der Hand stand ich am Fenster der kleinen Krankenhaus-Cafeteria. Die dunkle Flüssigkeit, die der Automat für fünfzig Cent als Cappuccino verkaufte, machte ihrem Namen alle Ehre und schmeckte, als ob man sie nach einer langen Pilgerfahrt aus einer Mönchskutte ausgewrungen hätte. In dem gegenüberliegenden Gebäudeflügel kämpfte eine Nachtschwester gegen die Müdigkeit: Sie streckte sich langsam vor der Fensterbank. Ihre Bewegungen waren monoton und abwesend, sie wirkten wie ein Ritual, das den Körper von seiner Zeitrhythmusstörung ablenken sollte. Elli schlief auf einem der Sitzplätze in der Ecke und ihrem ruhigen Gesicht sah man nicht mehr an, wie sehr sie der heftige Streit um Mitternacht mitgenommen hatte. Auf dem Boden lagen die Teile des Telefons, seine gelbe Schale war zersplittert, als Elli es in die Ecke geschmissen hatte. Elli hatte recht. Ich war viel zu weit gegangen. Ich hatte den Hilferuf eines Noch-Kindes missverstanden. In meiner Arroganz hatte ich mir eingebildet, dass ich einem Jungen, der wegen seiner Krankheit vom Alltag abgeschottet war, mein kleines, skurriles und eindimensionales Leben als Ersatz anbieten durfte. Er sehnte sich verzweifelt nach dem echten Leben und ich hatte ihm das meine als die große Welt untergejubelt. Ein Scheinleben im Schnellgang. Es hatte nicht funktioniert. Natürlich hatte es nicht funktioniert. Und schlimmer noch: Ich hatte bei anderen Schaden angerichtet und war am Ende auch noch der Einzige, der von all den Geschehnissen profitierte.
Kapitel 2: Dienstag, eine Woche vorher
Kapitel 3: Mittwoch
Kapitel 4: Donnerstag
Kapitel 5: Freitag
Kapitel 6: Samstag
Kapitel 7: Sonntag
Kapitel 8: Montag
Kapitel 9: Dienstag
Die feuchte Spirale der Anmut – Hugo Rosporecks Weg zum Ruhm
Ausgewählte Rezensionen
Für einen Dichter wäre es die Zeit der Morgenröte gewesen, die Zeit, der nachgesagt wird, dass sie aufblüht, während die Engel des Tages ihre Flügel entfalten … Die gesegnete Zeit der vollkommenen Stille, in der die Vögel das Schweigen bewahren, die Gezeiten verstummen und der Atem des Universums anhält. Ein wahrlich magischer Moment, in dem der schüchterne Tag noch nicht auszubrechen wagt und der verträumte Vorhang der Nacht dem Gesetz des ewigen Zyklus nur widerwillig nachgeht … Für mich war es die Zeit, um die mich gewöhnlich der Krach der ersten Mülltonne, die unser übereifriger Hausmeister auf die Straße schob, aus dem Schlaf riss: Es war halb vier Uhr morgens.
Doch in dieser Nacht hatte ich gar nicht geschlafen und der Moment war alles andere als magisch. Mit einem Pappbecher in der Hand stand ich am Fenster der kleinen Krankenhaus-Cafeteria. Die dunkle Flüssigkeit, die der Automat für fünfzig Cent als Cappuccino verkaufte, machte ihrem Namen alle Ehre und schmeckte, als ob man sie nach einer langen Pilgerfahrt aus einer Mönchskutte ausgewrungen hätte. In dem gegenüberliegenden Gebäudeflügel kämpfte eine Nachtschwester gegen die Müdigkeit: Sie streckte sich langsam vor der Fensterbank. Ihre Bewegungen waren monoton und abwesend, sie wirkten wie ein Ritual, das den Körper von seiner Zeitrhythmusstörung ablenken sollte. Elli schlief auf einem der Sitzplätze in der Ecke und ihrem ruhigen Gesicht sah man nicht mehr an, wie sehr sie der heftige Streit um Mitternacht mitgenommen hatte. Auf dem Boden lagen die Teile des Telefons, seine gelbe Schale war zersplittert, als Elli es in die Ecke geschmissen hatte.
Elli hatte recht. Ich war viel zu weit gegangen. Ich hatte den Hilferuf eines Noch-Kindes missverstanden. In meiner Arroganz hatte ich mir eingebildet, dass ich einem Jungen, der wegen seiner Krankheit vom Alltag abgeschottet war, mein kleines, skurriles und eindimensionales Leben als Ersatz anbieten durfte. Er sehnte sich verzweifelt nach dem echten Leben und ich hatte ihm das meine als die große Welt untergejubelt. Ein Scheinleben im Schnellgang. Es hatte nicht funktioniert. Natürlich hatte es nicht funktioniert. Und schlimmer noch: Ich hatte bei anderen Schaden angerichtet und war am Ende auch noch der Einzige, der von all den Geschehnissen profitierte.
Kapitel 2: Dienstag, eine Woche vorher
Die rechteckige, weiße Fläche der grundierten Leinwand war gar nicht leer – sie stellte nur die Leere dar, die ich jedes Mal empfand, wenn es mir nicht gelang, mit einem Stück Kohle oder gleich mit dem Pinsel die Stille vor dem Bild zu stören. Egal wie oft ich schon solche weißen, leeren, stillen Flächen vor mir gehabt hatte, am Anfang war ich immer schüchtern – bis zum ersten Pinselstrich. Über das, was danach geschah und was die anderen später Gemälde oder Kitsch nennen würden, hatte ich wenig Kontrolle. Am Anfang aber spürte ich das, was vor sich ging, so klar und deutlich, als ob jemand neben mir stünde und laufend kommentierte:
» Schon wieder daneben, das wird ja nichts! «
Oder:
» Ja, oh ja, mach weiter, du bist der Größte! «
Dazwischen lag nichts – es wurde ein Bild oder es wurde ... kein Bild.
An diesem Morgen saß ich auf dem wackeligen Drehhocker, bekleidet mit der alten Bermudahose und meinem zu großen T-Shirt mit der Aufschrift Will Fuck for Beer , die ich beim Urlaubseinkauf für witzig gehalten hatte. Ein Typ in Key West, Florida, hatte es mir angedreht. Er selber hatte ein seidenes Gianni-Versace -Hemd mit passender Hose angehabt. Und vermutlich Victoria’s-Secret -Damenunterwäsche darunter. Sein kleiner Laden war neben einer Kneipe gelegen, auf deren Eingang eine Messingplatte einen berühmten Gast zitierte: » Halte dich fern von diesem Platz. Ernest Hemingway «. Ich hatte den Rat missachtet und einige überteuerte Drinks später war ich bereit gewesen, das ebenso überteuerte T-Shirt zu kaufen. Es hätte auch schlimmer ausgehen können: Auf der anderen Straßenseite war ein Tattoostudio.
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