Und zu Kurt Wohnung gewandt knurrt Max weiter: „Ich möchte sowieso mal wissen, wozu du so viel Strom benötigst.“
„Woran liegt das?“, fragt Kurt in seiner ruhigen Art, aber doch interessiert, dabei nicht auf die Anspielung von Max eingehend. Er ist der Älteste in der Runde und ist im Wesentlichen für die neuartige Technologie im und für den Lebensbereich verantwortlich.
„Aus Sicherheitsgründen will ich diese Fakten nicht über unser DigiCom laufen lassen und euch deshalb die Zahlen und Erklärungen mündlich vorbringen!“, antwortet Max.
Nun beginnt er mit viel Eifer die Daten und Fakten seines Bereiches der Energiegewinnung vorzutragen. Seine brummige Art ist vergessen. Alle spüren, dass dieses sein Element ist, das er mit Begeisterung bei der Sache ist. Ein Fachmann, der stolz ist, anderen sein Wissen vortragen zu dürfen.
Max endet seinen Vortrag mit dem Fazit: „Ich denke, dass ihr nachvollziehen könnt, dass wir eine Verbesserung in der Solartechnik brauchen, um die letztlich geforderte Energie liefern zu können!“
„Und? Habt ihr Hoffnungen?“, fragt Ann Feld-Ernte, die Landschaftsarchitektin und Ehefrau des Schafmeisters im Lebensbereich. Sie hat ebenso wie Daniel eine Vorliebe für schafwollene Hemden.
„Wenn ich ehrlich bin, nein! Wir warten auf ein Wunder!“, ist die kurze Antwort von Max.
Vera als Vorsitzende des Zukunftsteams ergreift nun wieder die Initiative: „Es ist wohl allen deutlich geworden, dass es erhebliche Probleme gibt, die unserem Ziel entgegen stehen würden. Und an das Datum des Zeitpunkts sind wir in gewisser Weise gebunden! Von der Zentralregierung würden sicherlich wieder neue Verhandlungen gefordert und alles Warten würde von vorn beginnen! Darum möchte ich an euch, an die Mitglieder des Zukunftsteams appellieren, den für uns schwierigen Stand in unserem Lebensbereich nicht an die Zentralregierung zu melden! Wir sind es unseren hier lebenden Mitmenschen schuldig, dass wir unser gemeinsames Ziel erreichen. Wir haben nicht nur das Vertrauen unserer Freunde und Kollegen, wir haben auch eine Verpflichtung ihnen gegenüber!“
„Kennen die denn da draußen unser Ziel...!“ Max kann sich diesen Zwischenruf nicht verkneifen.
Nun ist es an Vera, ihren Kollegen scharf anzuschauen: „Bei diesem Thema sollten wir immer ernst bleiben Max. Als unser Ziel ist gemeint: Wenn wir meinen, unsere Autonomie erreicht zu haben, dann müssen wir das 14 Tage zuvor der Zentralregierung melden. Mehr sollten wir zu diesem Thema niemals aussprechen.“
Nun schauen sich die sieben Personen am runden Tisch ernst an. Es wäre das erste Mal, dass eine vertraglich vereinbarte Meldung über Probleme nicht eingehalten würde. Zunächst einmal entsteht ein hektisches Gemurmel zwischen einzelnen Paaren. Jeder tauscht mit jedem der Teilnehmer der Versammlung seine Gedanken und Meinungen aus.
Als es langsam wieder ruhiger am Tisch wird, ergreift Vera abermals das Wort: „Ich denke, dass wir zur Abstimmung kommen können und ich bitte jeden von euch um ein Handzeichen, ob er mit meinem Vorschlag einverstanden ist!“ Ihre Stimme ist eindringlich.
Die Handzeichen ihrer sechs Kollegen sind schnell und eindeutig. Alle Hände signalisieren Zustimmung.
„Ich bin froh, dass wir in dieser Frage einstimmig sind! Denn uns Allen muss klar sein, dass unsere Probleme in der Stromgewinnung diesen Raum nicht verlassen dürfen. Niemand darf etwas erfahren! Auf keinen Fall die Zentralregierung. Dort haben wir nicht nur Freunde. Manche dort sind nicht gut auf uns zu sprechen und würden unseren Wunsch nach einem autonomen Lebensbereich nur zu gerne torpedieren. Und wenn Max wirklich keine Lösung findet, können wir immer noch Farbe bekennen!“
„Das ist doch klar …!“, kann sich Max seine Bemerkung nicht verkneifen.
„Gut, das wir dich haben!“, grinst Wil seinen Freund an.
„Deshalb, Max, geben wir dir 12 Wochen Zeit, deine Probleme zu lösen…!“, schließt Vera die Versammlung, „und auch wir gehen wieder an unsere Arbeit!“
Langsam löst sich die Versammlung auf und jeder strebt seinem Verantwortungsbereich zu.
Max nimmt seinen Freund und Kollegen zur Seite und flüstert ihm zu: „Wir sollten uns für die nächste Zeit noch enger zusammenschließen!“
„Ist doch klar, Max!“, grinst Wil zurück. „Als ob es noch eine engere Bindung zwischen uns geben könnte...!“
In der Hauptstadt des Landes tagt das Kabinett der Regierung. Trotz intensiver Anstrengungen vieler Länder war es nicht gelungen, dem gesamten Europa die Regierungsmacht zentral zu übertragen. Die europäische Gemeinschaft war zu groß geworden, als dass man alle Länder wirklich unter einen Hut bringen konnte.
Die zunehmenden Probleme aus dem Klimawandel taten ein Übriges dazu. Auch die zunehmende Islamisierung, verbunden mit einer Klimabedingten Völkerwanderung, verhinderte ein weiteres Zusammenwachsen im europäischen Bereich.
„So, meine Damen, meine Herren. Noch ein wenig Geduld!“, sagt die Kanzlerin am Ende der Versammlung. „Bevor ich unsere heutige Sitzung schließe, habe ich noch einige Fragen zu diesem Kibbuz 2083.“
Die Kanzlerin, Frau Hertha Feiler, schaut ihre Kabinettsmitglieder in ihrer bekannten, ruhigen Art an und ihre Blicke verweilen dabei auf ihre Kollegen Heiner Brandt als Minister für Wirtschaft und Energie, Fritz Schmid, dem Innenminister und Karl Schober, den Minister für Landwirtschaft und Versorgung.
„Aber im Grunde brauche ich nur diese drei Herren!“, dabei auf die genannten Personen zeigend.
Die meisten der Kabinettsmitglieder nehmen diese Feststellung als Aufforderung, den kleinen Saal zu verlassen. Es fällt auf, dass der Verteidigungs- und der Außenminister in Uniform erschienen sind. Auf eine entsprechende Frage seitens der Kollegen meinten sie: „Im Grunde wissen wir nicht ob ein Krieg angefangen hat oder ob der schon wieder vorbei ist. Die Zeiten sind vorbei, dass sich Länder den Krieg erklärt haben. Man lässt terroristische Gruppen für sich den Krieg führen. Vertreterkriege sozusagen. Dabei braucht doch jedes Land ihre Soldaten dazu, um den Unwetterschäden Herr zu werden.“
„Das sehen wir auch so. Als ob wir nicht bereits Probleme genug hätten, mit dem Wetter, bzw. dem Klimawandel!“, war die Antwort gewesen.
Nachdem die meisten der Kabinettsmitglieder den Raum verlassen haben, wendet sich die Kanzlerin zunächst an Heiner Brandt.
„Heiner, meinst du, dass dieser Kibbuz zur festgelegten Zeit sein Ziel, eine Autonomie, erreichen kann?“
„Mir liegen keine gegenteiligen Informationen vor. Wenn die dort meinen, autonom leben zu können, also ihr so genanntes Ziel erreicht zu haben, besteht Meldepflicht! Man muss uns ja benachrichtigen! Und wir wissen eben nur, was man uns gemeldet hat.“
„Gut Heiner. Da bin ich für die nächste Zeit sehr gespannt. Bei Änderungen erwarte ich Informationen!“
„Wie sollen wir denn an Informationen kommen. Wir haben weder Möglichkeiten an ihr Intranet zu kommen, noch stellen sie irgendwelche Begebenheiten aus dem Kibbuz ins Internet.“
Die Kanzlerin wendet sich nun ihrem Innenminister zu: „Fritz, gibt es etwas zur Sicherheit des Kibbuz zu sagen?“
„Im Grunde eine ganze Menge. Aber das meiste ist ja bekannt. Dieser Kibbuz wird in der nächsten Zeit offensichtlich sein Ziel erreicht haben. Die Arbeiten zur Sicherung nach Außen – also zu uns - sind dort weit fortgeschritten. Verbrechen sind so gut wie keine bekannt. Es ist kaum mehr möglich, diesen Kibbuz einfach so zu betreten. Im Gegensatz zu den Kibbuzim, die noch nicht so weit sind und auf die immer wieder Überfälle von der Bevölkerung verübt werden. Mir macht nur eines Sorge: Die Muslimen drängen mit immer schärferer Form darauf, diesen Lebensbereiche betreten zu dürfen.“
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