Selbstverständlich vereinfache ich daher die wirkliche komplizierte Arbeit die dahintersteckt...“
Ein Offizier mittleren Alters unterbrach Johann, ohne darauf zu warten bis dieser geendet hatte.
„...Wenn ich sie recht verstanden habe, so behaupten Sie, den Menschen oder Tiere so manipulieren zu können, dass sein ursprünglicher Zweck entfällt. Seine vorgegebene Funktion wird durch eine andere ersetzt. Ein Insekt, dessen einziger Lebenszweck sein wird, von Drogen angezogen zu werden... ohne Nahrung- und Geschlechtstrieb? Ein Mensch wäre nach ihrer Behandlung kein von Gott geschaffenes Individuum mehr, sondern nur noch ein... ein... eine Fleisch und Knochenmasse...? Warum dieser gravierender Eingriff?... Nur weil wir absolute Sicherheit und Kontrolle wollen? Aber wer garantiert uns dass wir die volle Kontrolle über unsere Geschöpfe behalten?
Wenn ihnen das, was sie uns hier präsentieren, in diesem Umfang gelingen sollte, würde das bedeuten, Sie Dr. Schellberg, wären Gottgleich und könnten beliebig nach ihren Wünschen die Natur verändern.“
Im ersten Moment fühlte sich Johann bei den letzten Worten geschmeichelt. Doch in dem Gesichtsausdruck des Polizeioffiziers las er blankes Entsetzen. Vermutlich war er einer von den streng gläubigen puristischen Amerikanern mit ihrer bekannten Doppelmoral. Johann begann sich augenblicklich zu ärgern. Doch dann besann er sich auf die Warnung von Klaus.
„Wenn Gott wollte, dass wir nichts tun, würde er uns daran hindern, davon bin ich überzeugt, Sir. Ich möchte sie an einen berühmten Satz erinnern, der von einem großartigen Wissenschaftler ihres Landes stammt. Dieser Satz hat sich mir eingeprägt. Er ist eine Leitthese für uns Molekularbiologen. Professor Nikolas Messco sagte:
„Aber Gott hat uns die Instrumente gegeben, um sein Werk nicht untergehen zu lassen.“
Verstehen sie? Das ist es, was auch mich antreibt. Denn was wir können, was wir wissen, sollten wir auch nutzen und es tun. Es kann gar nicht falsch sein. Die Natur ist unser größtes Kapital auf dieser Erde. Unser technischer Fortschritt ist gigantisch, aber die Rückbesinnung auf natürliche Kräfte schont unsere Ressourcen. Die Natur ist einfach um viele Faktoren besser als jede Technik.“
„Sie machen es sich zu einfach Dr. Schellberg. Ich vertraue nun Mal nicht darauf, dass mir jemand erzählt, er könne die Natur umfassend kontrollieren. Die Schöpfung Gottes ist etwas einmalig Kostbares. Sie ist ein Geschenk Gottes. Wir sollten sehr vorsichtig sein, was unseren Umgang damit betrifft. Ich bin überzeugt, dass Gott es nicht für gut heissen wird, sich dermaßen an diesem Gesamtwerk zu versündigen.“
„Ich habe nicht von umfassender Kontrolle gesprochen. Wenn sie eine Dressur vornehmen, haben sie auch nicht die umfassende Kontrolle. Doch wenn ich ein Tier genetisch zu einem bestimmten Zweck vorbestimme, gibt es keinen Kontrollverlust. Weil ich vorher alle Eventualitäten ausgeschlossen habe. Ich habe es sozusagen protokolliert. Schwarz auf weiss.“
„Verstehen sie mich nicht falsch. Ich bin beileibe kein Gegner von massvoll eingesetzter Gentechnik. Aber zwischen Tomaten, Mais und wie immer auch gearteten, weil veränderten Tieren, oder gar Menschen... oder noch schlimmer: Mischwesen, besteht für mich schon ein entscheidender Unterschied.“
„Und der wäre?“
„Pflanzen bleiben erstens da wo sie sind...“
„...Da liegen sie schon falsch Sir. Ihre Samen und Pollen verbreiten sich über weite Gebiete. Sofern es die klimatischen Verhältnisse zulassen, können sie weder Pflanze noch Tier daran hindern sich auszubreiten...“
Dr. Timmen reichte es. Er stand auf und sah Johann ernst in die Augen.
„Meine Herren ...Ich denke wir sollten die Besprechung wieder versachlichen! Professor Schellberg, fahren sie bitte fort mit ihren Ausführungen.“
Klaus Timmen gefiel die Richtung welche das Wortgefecht nahm überhaupt nicht. Grundsatzdiskussionen waren hier fehl am Platz. Bedenkenträger konnte er nicht brauchen. Der Polizeioffizier schloss den Mund zu einem schmalen Schlitz und klappte seine Mappe, die vor ihm lag, nervös auf und zu. Klaus Timmen notierte sich vorsichtshalber seinen Namen. Auf solche Leute musste er aufpassen. Sie konnten sich ohne großen Aufwand Gehör verschaffen. In Amerika gab es viele religiöse Fundamentalisten. Die üblichen Heuchler, die nach außen hin ein christliches Leben vorgaben und abseits der Kameras keine Moral kannten.
Von den anderen wurde der Einwand von Timmen wohlwollend zur Kenntnis genommen. Militärs und Geheimdienst hatten andere Wertvorstellungen wie Polizisten.
Johann wollte gerade wieder mit seinen Ausführungen fortfahren, da ergriff Klaus nochmals das Wort. Er nickte Johann freundschaftlich, aber bestimmt zu. Soll heissen: Das ist meine Veranstaltung.
„Die biologischen Begleiter, die unsere Gesellschaft für militärische Zwecke entwickeln kann, werden folgende Merkmale aufweisen: Sie besitzen keinen eigenen Geschlechtsapparat. Sie sind deshalb weder männlich noch weiblich und daher nicht in der Lage sich fortzupflanzen. Ihre natürlichen, vorhandenen Triebe werden eingesetzt um sie für unsere Zwecke zu nutzen und auswerten zu können. Das funktioniert auch bei anderen Tieren und nicht nur bei Insekten. Die Suche nach Futter ist eines der Basiselemente, welches uns zur Steuerung zur Verfügung steht.
Um zu einem Ergebnis zu kommen, schlage ihnen drei in ihren Aufgaben getrennte Lebewesen als Forschungsaufgaben vor:
Gruppe 1: Mit biologischen Sensoren ausgerüstete Kleintiere, Insekten oder auch weiterentwickelte Formen von Bakterien zur Aufklärung und Information über die Lage, oder das jeweilige Einsatzgebiet.
Gruppe 2: Verfolgung und Identifizierung der Gegner.
Gruppe 3: Angriff und Vernichtung von Feinden.
Professor Schellberg ist ein Mann der Wissenschaft, deshalb gehört die letzte Gruppe eigentlich nicht zu seinen favorisierten Forschungsaufgaben. Sie können sich vorstellen, dass es hierzu noch ein weiter Weg ist. Aber um überhaupt einsteigen zu können in diese sensible Materie, benötigen wir ein hochentwickeltes Equipment. Professor Schellberg wird ihnen die Details dieser Forschungsarbeit genauer darstellen.
Johann, der die Hände in den Schoß gelegt hatte, rückte sich auf seinem Rollstuhl zurecht.
„Im Grunde besteht die Gentechnik aus Analysen des Vorhandenen. Ich habe spezielle Algorithmen entwickelt, die es mir erlauben, die Milliarden von Genen zu sortieren und ihre Funktionen zu erkennen. Dazu sind Hochleistungsrechner erforderlich. Die Rechenleistung die bei den einzelnen Sequenzen abverlangt wird, würde bei herkömmlichen Systemen sonst Tage oder Wochen dauern.
Das Risiko bei einer Manipulation besteht in der Ungewissheit, was am Ende tatsächlich herauskommt. Viele Versuchsreihen sind daher vonnöten um an das gewünschte Ergebnis zu kommen.
Als Einstieg in Gruppe 1, bleibe ich dabei, es zuallererst mit Bienen zu versuchen. Sie sind die idealen Versuchsobjekte. Bakterien, wie von Dr. Timmen noch einmal angesprochen lehne ich ab. Auch wenn es Bakterien gibt die bei Kontakt mit bestimmten Stoffgruppen reagieren können. Zum Beispiel fluoreszierendes Licht abgeben... aber wie gesagt, das funktioniert mit Insekten zuverlässiger und für den Anwender sicherer.
Für die Gruppe 2 würden sich flugfähige Tiere wie Vögel anbieten oder kleine Säuger, wie Nagetiere. natürlich bieten sich hier auch Mutanten an, also Kreuzungen und Einbindungen von Funktionen einer anderen Tierart.
Dr. Timmen hatte es schon angedeutet, mit der Gruppe 3 habe ich so meine Probleme. Dennoch glaube ich, sind sie mit einer Version von Kapuzineräffchen hervorragend bedient. Das sind intelligente Primaten, die mancherorts sogar als Haushaltshilfen eingesetzt werden. Ihr überaus starkes Gebiss gibt ihnen die Möglichkeit auch den dicksten Finger abzubeissen. Gegen eine Horde dieser Primaten haben auch gut geschützte und bewaffnete Soldaten kaum eine reelle Chance.
Читать дальше