Es hatten sich mehrere Gruppen gebildet. Die Angehörigen von Militär, Polizei und Geheimdienst blieben jeweils unter sich. Die drei Herren des CIA, in dunkle Anzüge gekleidet, standen sogar noch ein gutes Stück abseits der anderen. Sie redeten sehr leise miteinander. Einer der Herren, ein weisshaariger bulliger Mann mit einem aufgeschwemmten Gesicht, mit lässig vergrabener Hand in der Hosentasche hörte sich offenbar die Meinung der anderen beiden an. Sein Körper schien förmlich aus dem Anzug platzen zu wollen. Er war der Chef einer ganz speziellen Abteilung die sich FCG nannte. Sein Name war Colin Marker. Er war schon über sechzig Jahre alt, wurde aber wegen seines Fachverstandes sehr geschätzt. Wenn er sprach, dann meist in einem sehr sonoren Singsang, der gar nicht so zu seinem Äußeren passte.
„Was haltet ihr davon? Phil? Freddi?“
Phil Kowalzki und Frederik Mikka kannten ihren Chef seit vielen Jahren. Die drei bildeten ein Team für ihre stets geheimen Operationen. Sie wussten, dass Colin stets zu allererst die Meinung der anderen hören wollte, bevor er sich selber äußerte.
Phil Kowalzki strich sich mit der Hand über sein Gesicht, fühlte die Bartstoppeln, die seit dem Morgen bereits wieder zahlreich gewachsen waren. Er hatte seit der Pubertät unter einem sehr starken Bartwuchs zu leiden. Bei Abendterminen musste er sich zweimal täglich rasieren. Er war ein Typ wie Johann, groß und sehr schlank, aber durch und durch trainiert. In diversen Bars und Clubs wurde er hin und wieder Opfer seines ungezügelten Alkoholkonsums. Wenn er einmal angefangen hatte Alkohol zu trinken, war er meistens nicht mehr zu bremsen. Es kostete ihn jedes mal eine Menge an Beherrschung den diversen Feiern und damit auch Besäufnissen fernzubleiben. Phil war zweiundvierzig Jahre alt und die Karriereleiter schnell empor gestiegen. Beim Ausscheiden von Colin war er als sein Nachfolger vorgesehen.
Freddi Mikka hingegen verkörperte den gemütlichen Beamten. Niemals würde jemand auf die Idee kommen, dass Freddi bei einer streng geheimen Abteilung des CIA arbeitete. Er war fünfzig Jahre alt, mittelgroß, hatte schüttere blonde Haare und ein freundliches helles Gesicht. Wenn er sich aufregte bekam er eine Menge roter Flecken darin. Freddi redete gerne und viel. Er hatte nur darauf gewartet endlich nach seiner Meinung gefragt zu werden. Heftig gestikulierend erklärte er seine Meinung zu dem Thema.
„Also wenn ihr mich fragt, dann sind das Phantasten. Du kannst Tiere vielleicht dressieren, aber ein Tier so ganz nach deinen Wünschen herstellen, ...das halte ich mit Verlaub, für ganz schön gewagt...“
„...Freddi, alter Miesepeter, wart es nur mal ab! Ich kann mich noch an deine Bedenken erinnern, wie du dich gegen die automatisierte Nutzung von Handydaten aufgeregt hast. Und heute? Du treibst deine Teams zu einer wahren Sammelsucht an.“
„O.K. Damals habe ich die weltweite und rasante Verbreitung der Geräte unterschätzt. Mal ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass sich der Aufbau des UMTS Netzes für die Betreiber rentiert und sie das viele Geld ins Blaue hinein investieren. Deshalb ist eine gesunde Skepsis, denke ich, bei solchen neuen Technologien immer angebracht. Wir brauchen uns auch nicht jeden Scheiss andrehen zu lassen. Wisst ihr noch die Sache mit den MMId`s? Das klang bei der ersten Vorstellung auch so schön. Die Industrievertreter haben uns alles in den schönsten Farben geschildert. Aber bei den Praxistests wollte nichts klappen. Damals hatte ich recht, Leute, oder etwa nicht?“
Phil diskutierte liebend gerne mit Freddie. Er konnte sich wunderbar aufregen und versuchte sich pausenlos zu rechtfertigen.
„Na hör mal. Wer von uns will sich auch schon chipen lassen? Da kam uns die Lust auf die kleinen Technikwunder schon sehr entgegen. Das Beste daran ist doch, dass die Leute die Geräte freiwillig nutzen...“
„...Und auch noch einen Haufen Geld dafür hinlegen.“
„Du musst natürlich zugeben, so ein iPhone oder die sagenhafte Berrywelt, da hätten wir vor fünfundzwanzig Jahren nicht mal davon geträumt. Und wir hatten damals schon eine Menge an Prototypen gesehen.“
Endlich war der Zeitpunkt gekommen an dem sich Colin einmischte.
„Spätestens jetzt hättet ihr merken müssen, dass wir uns an einem weiteren Scheidepunkt befinden. Die Einbindung von organischen, und biologischen Elementen in neue Technologien ist ein weiterer Schritt in unserer Evolution. Sie wird sich nicht aufhalten lassen. Wir müssen die Ersten sein, die sich auf diesem Gebiet tummeln. Wir müssen unsere Vormachtstellung halten. Dieser Schellberg darf uns keinesfalls entwischen. Wisst ihr eigentlich was diesem Phantast gelungen war? Nein? Er hat in einem Forschungslabor Menschen gezüchtet die nur ein Viertel unserer Größe hatten. Das Schlechte daran? Wir wussten nichts davon. Leider wissen nur sehr wenig Menschen überhaupt von diesem Projekt. Klaus Timmen ist einer davon. Aber er will partout nichts darüber erzählen. Schellberg war jedenfalls das Gehirn dieser Arbeit. Wir sollten versuchen mehr darüber heraus zu bekommen. Wenn es diesem Kerl gelungen war, ein kleines funktionierendes Menschenexemplar zu züchten, dann traue ich ihm alles Mögliche zu, versteht ihr?“
Phil und Freddi nickten ehrfürchtig. Colin kannte sich bestens aus. Er nutzte Kontakte von denen sie beide nur träumen konnten. Phil war in solchen Augenblicken ganz froh darüber, dass Colin noch einige Jahre im Dienst bleiben wollte. Er hatte im Grunde Angst davor in diesem wichtigen Amt zu versagen und seine Aufgaben nicht wie gewünscht zu erfüllen.
Die Uniformierten machten sich wieder auf den Weg in den edlen Konferenzraum. Colin machte keine Anstalten es ihnen gleichzutun. Also warteten sie zu dritt, bis sie allein waren. Colin neigte sich nach vorne und instruierte seine Mitarbeiter eindringlich:
„Keine Fragen! Hört gut zu, macht euch von mir aus Notizen, aber haltet euren Mund! Wir warten bis zum Ende und schnappen uns Schellberg und Timmen wenn die anderen weg sind. Ich will ihn alleine sprechen.“
Colins Anweisungen waren mehr als deutlich.
Auch Johann und Klaus hatten sich währenddessen leise unterhalten. Klaus hatte Johann beschwört, sich auf keinen Fall in ethische oder moralische Diskussionen einzulassen. Das war nicht das heutige Thema. Über Ethik und Moral sollten Politiker bestimmen, keine Geschäftsleute oder Wissenschaftler. Klaus wollte, dass Johann ihren zuvor besprochenen Plan zur Revolutionierung der Waffentechnik vortrug und sich nicht durch eventuell aufkommende kritische Fragen beirren zu lassen.
Nachdem wieder alle ihre Plätze eingenommen hatten, begann Johann wieder zu sprechen. Er redete bewusst leise, um die ganze Aufmerksamkeit der Zuhörer auf seine Ausführungen zu lenken.
„Meine Herren, wenn man erst die gesamten Zusammenhänge kennt, ist es ein Einfaches an den richtigen Rädchen zu drehen.
Um Tiere und Pflanzen für den Menschen besser nutzbar zu machen, war man seit jeher auf Züchtungen angewiesen. Man konnte gar nicht anders, als auf einen glücklichen Zufall der Natur zu warten. Auf den Zufall von positiven Mutationen, die man weiter züchten konnte.
Das wird mit der neuen Technik, die sich immer mehr in der Molekularbiologie etabliert, überflüssig werden. Wenn sie an einem bestehenden Organismus etwas ändern wollen, wird das in sehr naher Zukunft ein Kinderspiel sein. Vorausgesetzt natürlich, man kennt den Bauplan in und auswendig. Wie sie wissen, ist der Bauplan selbst von einfachen Organismen außerordentlich umfangreich. Deshalb hört sich das alles viel, viel einfacher an, als es in der Realität der Fall ist.
Während meines Informatikstudiums habe ich eine Software entwickelt, die mir hilft die Eingangs erwähnten Codons zu entschlüsseln. Leider wurde ein Großteil meiner umfangreichen Datenbank, die ich schon vor Jahren angelegt hatte, bei dem Brand im Labor zerstört. Es hatte viele Monate gedauert bis die bisherigen Entschlüsselungen rekonstruiert werden konnten. Aber um etwas umgestalten zu können muss man noch viel mehr wissen und deuten können als Codons zu entschlüsseln oder einzelne Gene einer Bestimmung zuzuordnen.
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