Winzigkeit, was zur Folge hatte, dass sich die Bahn eines kleineren
Gesteinsbrockens veränderte. Er war ein Winzling unter Millionen
anderer Mitglieder seiner Familie aus Eis, Stein und Erz und hatte
nur die Größe einer kleinen Hütte.
Jetzt trieb er langsam auf einen mächtigen Felsen von fast tausend
Yard Durchmesser zu und stieß ihn sanft an. Von diesem
Hauch einer Berührung geküsst, verließ der Berg aus Stein in den
nächsten tausend Umläufen seine Jahrmillionen alte Bahn. Er
nahm Kurs auf das ferne Zentrum und strebte unaufhaltsam diesem
entlegenen Licht entgegen.
Es sollten viele Zeitalter vergehen, in denen der fliegende Berg
mehrmals das helle Licht umkreiste, bis sich der uralte Felsen mit
hoher Geschwindigkeit einer der inneren Welten n äherte.
Eines kommenden Tages lag, wie es die Schicksalsgöttin Atrophos
geplant hatte, der Planet Joy direkt auf seinem Kurs und
würde die Verschmelzung des Kindes aus Gestein und Erz mit seinem
Muttergestirn verhindern. Noch war kein intelligentes Leben
auf Joy vorhanden, denn die Zeit der Lemurer oder Menschen war
noch nicht gekommen. Deren Existenz lag noch Millionen von Jahren
in ferner Zukunft und näherte sich der kommenden Gegenwart
nur langsam, Schritt für Schritt. Doch der Kontinent, welcher
dereinst Alurien heißen sollte, hatte sich bereits aus heißer Magma gebildet.
Ebenso erhoben sich unzählige Inseln aus dem weiten grünblauen
Meer, in dem sich reiches und vielfältiges Leben entwickelte.
Üppige Vegetation hatte sich über den ganzen Planeten
ausgebreitet und dichte Wälder bedeckten das grüne Land, über
das unzähliges Getier auf Suche nach Nahrung umherzog.
Alles schien im Einklang mit der Natur, bis eines Tages der
Himmel über den fruchtbaren Savannen aufglühte und ein
grelles Licht innerhalb weniger Sekunden wie eine feurige Lanze
durch die Atmosphäre stieß. Wie ein titanischer Hammerschlag
traf der glühende Felsbrocken auf den nördlichen Rand Aluriens.
Er bohrte sich dabei tief in den Leib des jungen Kontinents,
wo er mit sonnengleicher Urgewalt explodierte, um dabei im
Umkreis von tausend Meilen und mehr alles Leben zu vernichten.
Nichts vermochte der kolossalen Druckwelle standzuhalten
und gigantische Flutwellen jagten berghoch um die Welt, so mächtig,
dass sie noch auf der anderen Seite Aluriens selbst die großen Inseln überfluteten. Gleichzeitig schoss eine gewaltige Feuersäule in die Höhe und riss Abermillionen
Tonnen von Wasser und pulverisierten Gesteins in die Atmosphäre.
In den folgenden zwei Jahren verfinsterte sich der Himmel,
bis die unermüdlich herniederströmenden Regenfälle den größten
Teil des Staubes wieder aus der Gashülle filterten.
* Himmels Hammer *
Dunkel ist mein Reich – und fern,
nur eisig Kälte spürt das eh’ern Herz.
Die Mutter nur ein fremder Stern,
es friert mich, den Berg aus Stein und Erz.
Als stummer Wächter meine Bahn ich zieh
und doch verstoßen bin für alle Zeit.
Ab und an ein Bruder flieht,
ich muss bleiben – bis in alle Ewigkeit.
Wärme würde mir die Mutter geben
und mein kaltes Herz erwecken.
Lasst mich – lasst mich zu ihr streben,
um ihre wahre Liebe zu entdecken.
Ein Stoß mich zart berührt –
sanft verspür ich der Mutter Ruf.
Ihr Licht – das mich führt,
zu ihr – die mich gebar und schuf.
Lang, lang – wird die Reise sein,
doch was zählen schon die Jahre.
Irgendwann fühl ich der Mutter Schein,
werd ihre Liebe spür’n – die Wahre.
Eine Runde um die Mutter noch,
dann wird sie mich umarmen.
Ich eile immer schneller – und doch,
es kennt das Schicksal kein Erbarmen.
Ein Geschwisterkind mir den Weg versperrt,
es will der Mutter Wärme nur für sich.
Ich kämpfe – hab verzweifelt mich gewehrt,
umsonst – es ist stärker denn als ich.
Voller Zorn brüll ich nun auf,
stürz mich aufs Geschwisterkind.
Immer schneller wird mein Lauf
und schlag ein – wie der Blitz geschwind.
Das Licht wird hell und immer heller;
ich wühl mich tief in seines Leibes Kammer.
Schmerz wird heiß und immer greller,
aus und vorbei, er ist Amboss – ich der Hammer.
In dieser Zeit der Agonie starben viele der Arten aus und es
dauerte lange, bis sich die Überlebenden von diesem Ereignis erholten.
Das Klima Joys kühlte sich in dieser Phase der Dunkelheit
merklich ab und es sollte Jahrzehnte dauern, bis die Sonne Magica
ihr Kind wieder ausreichend erwärmte.
Der Einschlag setzte Wälder und Savannen in Brand, wobei er
den Boden bis in mehrere Fuß Tiefe sterilisierte. Zugleich hinterließ
er einen gewaltigen Krater von über zwanzig Meilen Durch messer.
Die nachfolgenden Gesteinsbrocken schlugen eine zusätzliche,
lang gestreckte Kerbe in die umliegende Hügelkette und
schufen dabei eine enge Schlucht, die als natürlicher Kanal eine
Verbindung zum alurischen Meer öffnete. Dieses Ereignis sollte
sich in späteren Zeitaltern noch als sehr nützlich erweisen. In diesen,
von Himmelskräften geschaffenen See, ergoss sich der Ozean
und verdampfte noch tagelang in der Gluthölle, die am Grund des
Einschlagkraters herrschte.
Die Unmengen an Wasserfluten kühlten letztendlich das Feuer
und brachten die Lava zum Erstarren. In kurzer Zeit füllte sich
die klaffende Wunde, wodurch sich ein ansehnliches Gewässer von
ungewöhnlicher Tiefe bildete, der zudem außerordentlich rein und
klar das Licht der Sonne Magica spiegelte. Der metallische Kern
des steinernen Riesen ruhte unversehrt im Untergrund, bis irgendwann,
in hundert Jahrtausenden oder später – neugierige Lemurer
oder Menschen kamen.
Sie würden forschen und suchen, um dann zu erkennen, dass diese
Katastrophe der Vorzeit einen wahren Schatz hinterließ, nämlich
Obsidianerz in reinster Form. Es war das wertvollste Mineral
nach dem kostbaren Sternenstaub , den das Magische Universum zu
bieten hatte.
Mit Genugtuung nahm die Schicksalsgöttin das kosmische Wirken
zur Kenntnis und war sich sicher, dass der finstere Widersacher
keine Ahnung davon hatte. Er würde nicht vermuten, dass bei
diesem Geschehen göttliche Kräfte der Gegenseite im Spiel waren,
die damit seinen Plan zunichte machen konnten …
Zeit:Gegenwart
Koordinate:Joy
… ungefähr fünf Millionen Jahre nach dieser kosmischen Katastrophe
brachte die Sonne Magica die eine Hälfte des Planeten
zum Leuchten. Kadmos und Jaspar , die sich gegenseitig umkreisenden
Zwillingsmonde von Joy, versanken langsam hinter dem Horizont
und spendeten dabei der dunklen Seite der Welt ihr silbern
und bläulich schimmerndes Licht.
In den tiefdunklen Wäldern Aluriens regte sich im beginnenden
Morgen langsam erwachendes Leben während sich die Tagschläfer
verkrochen, um nun ihrerseits in sicheren Verstecken auf die
nächste Nacht zu warten. Unheimliche Wesen begrüßten nun den
neuen Tag und machten sich bereit, ihren Teil des Tages mit jagen
oder gejagt werden zu verbringen. Nicht jedes Tier würde die
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