Heidrun Lange
Glücklich frei
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Inhaltsverzeichnis
Titel Heidrun Lange Glücklich frei Dieses eBook wurde erstellt bei
. . Wenn mir eine Frau hinterherläuft, verliere ich das Interesse. Ich fliehe, wenn sie mich verfolgt. Als ich dachte, sie liebt mich, kam sie mir abhanden.
Kapitel 1 - Das erste Mal allein
Kapitel 2 - Pferdeäpfel vakuumverpackt
Kapitel 3 - Die Anzeige auf der Litfasssäule
Kapitel 4 - Das Stadtgespräch
Kapitel 5 - Die russische Flirtdame
Kapitel 6 - Suche Frau zum Pferde stehlen
Kapitel 7 - Schöner Tanzabend im Ballhaus
Kapitel 8 - Angebote im Internet
Kapitel 9 - Eine eigene Website
Kapitel 10 - Geburtstag mit besonderem Gast
Impressum
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Wenn mir eine Frau hinterherläuft, verliere ich das Interesse.
Ich fliehe, wenn sie mich verfolgt.
Als ich dachte, sie liebt mich, kam sie mir abhanden.
Kapitel 1 - Das erste Mal allein
Mein alter klappriger Opel holpert über die löchrige Straße. Die Baumwipfel der großen alten Kiefern wiegen sich im Wind und lassen Blicke auf die Hausfassaden durch. Ein Dreihundertseelendorf oder das Dorf hinter den hohen Kiefern. Es gibt keine richtige Straße, keinen Supermarkt. Nicht einmal einen Bahnhof haben die Leute hier. Würde da nicht ab und zu das Hengstgewieher über die freien Ackerflächen wehen, dann würde selbst der Wind sich hier langweilen.
Links und rechts steigt der Nebel aus den Wiesen und Wäldern und verspricht einen sonnigen Tag. Nur noch einige Minuten Fahrt, dann bin ich da. Bin heraus gefahren aus dem Dorf mit den hohen Kiefern und fahre auf die niedrigen schwarz-weißen Fachwerkhäuser zu. Kurz vor Ellis Reiterfarm in Wiesenbusch quält sich mein Opel mühsam durch den zerfurchten, aufgewühlten Feldweg. Reiterfarm sagen die Berliner und die Chefin Elli Stark. Ich sage Pferdehof. Die Stallungen gruppieren sich wie ein Viereck um den weitläufigen Hof. Morgens, wenn ich die Pferde füttere, höre ich den Kuckuck rufen, den Wendehals schreien. Bald kommen die Schwäne vom nahe gelegenen See über die Waldwipfel geflogen. Es gibt nichts Schöneres, als im Galopp mit ihnen zu reiten.
Während ich das Auto auf das Tor zusteuere, sehe ich die Chefin wild mit den Armen fuchteln. Sie dirigiert mich bis vor den Stall. Ich lasse das Fenster herunter und rangiere in einer Staubwolke vor und zurück. Es ist wie immer mühselig auf dem engen Pfad. Schließlich steht der Wagen, der Staub verflüchtigt sich und ich springe aus dem Führerhaus.
„Wird Zeit, dass sie kommen“, zeigt die Chefin auf die Armbanduhr. „Es ist gleich soweit. Unser Pferdemodel Dakota bekommt in wenigen Minuten ihr Fohlen. Es ist für unsere sensible Dakota das erste Mal. Ich habe einfach Angst, dass es Komplikationen gibt. Sicherheitshalber wollte ich eine erfahrene Kraft dabei haben.“
„Warum haben sie nicht den Tierarzt gerufen? Den haben sie doch Tag und Nacht um Bereitschaft gebeten.“
„Der Arzt geht nicht ans Telefon. Gestern meinte er noch, er ist sich sicher, dass Dakota in der Nacht nicht fohlen wird.“
„Elli, bei Komplikationen kann ich nicht eingreifen. Ich bin Reitlehrer und kein Arzt.“
„Sicher, da gebe ich ihnen Recht. Aber Dakota kennt sie. Sie hat Vertrauen und falls wir den Tierarzt holen müssen, dann habe ich gleich jemanden hier, der bei ihr bleibt. Wenn es um meine Pferde geht, ist auf sie immer Verlass, Herr Selling.“
Wir gehen zu den Ställen. Elli öffnet die Tür und fährt vorsichtig mit der Hand über Dakotas dicken Bauch. Die Stute schaut uns mit warmen braunen Augen an. Auf ihrem dunkelbraunen Fell haben sich Schweißtropfen gebildet.
„Es ist Dakota nichts anzumerken. Sie ist weder unruhig noch legt sie sich öfter hin. Gestern Abend, beim Rundgang durch die Ställe, habe ich gesehen, dass sich an Dakotas Zitzen Harztropfen gebildet haben. Jetzt tropft schon Milch heraus. Es geht bald los. Schön Herr Selling, dass sie ihren freien Tag geopfert haben“, sagt sie zu mir und streicht über Dakotas schwarze Mähne.
Während ich den Schweif der Stute bandagiere, höre ich es plätschern. Das Fruchtwasser. Dann geht alles schnell, blitzschnell. Es zeigen sich erst die
Vorderhufe, dann der Kopf. Ich helfe nach. Eine Stute, ein richtiger kleiner Wonneproppen, landet auf dem Boden. Eine Geburt, ohne Komplikationen. Sogar die Nachgeburt kommt von allein. Das Fohlen versucht aufzustehen. Nach zehn Minuten läuft es staksig zur Mutter und will trinken.
Elli Stark ist außer sich. Sie flitzt sofort in ihr Büro und kommt mit einem großen Plakat heraus. Sie musste nur noch die Uhrzeit der Geburt des Fohlens einsetzen.
Heute Morgen um 5.05 Uhr erblickte das Fohlen von unserem Pferdemodel Dakota das Licht der Welt.
Wir suchen einen Namen für das Neugeborene. Wichtig ist,
dass der Name mit Fbeginnt. Der Name des Pferdevaters ist Filou.
Der Gewinner wird mit einem Ausritt am Wochenende inklusive Frühstück belohnt.
Sie drückt mir das Plakat in die Hand.
„Hängen sie es bitte an die Wand des Pferdestübchens. Und, Herr Selling, Sie
begleiten doch den Ausritt? Doris ist auch dabei“, zwinkert mir Frau Stark zu.
Ich weiß nicht, warum sie „Doris ist auch dabei“ so betont. Ich nicke, dass ich verstanden habe und hänge das Plakat an die Wand.
Donnerwetter, da hat sie sich nicht lumpen lassen. Das Geschenk: Ein Ausritt mit Frühstück. Immerhin darf ich den Ausritt sogar begleiten. Für mich wieder mal eine Gelegenheit, mit den Damen zu plaudern. Sonst ist dafür wenig Zeit.
Elli Stark hat in aller Frühe einige Reiterinnen zusammengetrommelt. Wie sie das wohl geschafft hat? Alle haben ein Glas Champagner in der Hand. Sie reicht auch mir ein Glas. Schon am frühen Morgen Champagner? Auf das Fohlen trinken? Schön ist es ja. Ich habe trotzdem keine Lust. Heute ist mein freier Tag. Ich verabschiede mich von Elli Stark und den anderen und wünsche einen schönen Tag.
Ein frischer Wind kommt von den Wiesen. Ich ziehe den Kragen hoch und husche an den Ställen vorbei. Vor Dakotas Stall bleibe ich noch einmal stehen. Es lässt mir keine Ruhe. Ob alles in Ordnung ist?
Die zwölfjährige Stute ist zum ersten Mal Mutter geworden. Die junge Pferdedame, noch ohne Namen, stakst zu ihr und trinkt. Ich klopfe und streichle Dakota’s Hals: Hast Du prima gemacht, meine Braune. Sogar die Nabelschnur ist von allein durchtrennt. Deine erfolgreiche Karriere als Pferdemodel ist vorläufig beendet. Nun musst du nicht mehr zur Präsentation von Pferdedecken für das Reitsportgeschäft Tierbedarf Ross & Reiter in die Kamera lächeln. Dakota stupst mich mit dem Maul an. Sie versteht mich.
Beim Hinausgehen sammle ich noch einige ältere Pferdeäpfel auf und staple sie in einen Eimer. Pferdeäpfel bringen Glück. Und nicht nur das, sie sind ein guter Blumendünger für meine Geranien, geht es mir durch den Kopf.
*
Ich steige die Treppen zu meiner Wohnung hinauf. Unterm linken Arm das Brot, in der rechten Hand den Eimer mit den Pferdeäpfeln. Im ersten Stock stelle ich den Eimer vor der Wohnungstür auf den Boden. Während ich in meiner Hosentasche zwischen Taschentüchern und Zetteln nach dem Schlüssel suche, meine Stiefel ausziehe, die Tür mit dem Fuß aufstoße, geht vis-à-vis die Tür einen Spalt auf und eine Frau ruft: „Das stinkt. Der ganze Flur stinkt. Schaffen Sie das Zeug da im Eimer fort!“
„Was heißt Zeug, das ist kein Zeug, das sind Pferdeäpfel. Die stinken doch gar nicht. Wussten Sie nicht, die bringen Glück. Und nicht nur das, Pferdeäpfel sind guter Blumendünger.“
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